Von: ka
Rom – Die Untergrundbahn der Ewigen Stadt war am Freitagnachmittag Schauplatz eines brutalen Angriffs. Offenbar weil sie zu wenige Passagiere bestohlen hatte, wurde eine im achten Monat schwangere Taschendiebin, die 39-jährige Meri Secic, von drei Männern auf das Übelste zusammengeschlagen. U-Bahnpassagiere, die Zeugen des Angriffs wurden, filmten die Tat. „Ich bin schwanger, ich will nicht mehr stehlen, ich kann nicht mehr!“, schrie das verzweifelte Opfer ihre Peiniger an.
Das Video wurde kurze Zeit später auf der Instagram-Seite Welcome to Favelas veröffentlicht. Zunächst bestand der Verdacht, dass drei Kriminelle einen Passagier verprügelt hatten, aber die Polizei stellte bald klar, dass es sich bei den drei Angreifern wahrscheinlich um die „Chefs“ einer Organisation handelt, die Taschendiebinnen ausbeutet. Meri Secic wurde von den Bossen offenbar verprügelt, weil sie sich zu wenig Mühe gegeben hatte, die Fahrgäste zu bestehlen.
Die drei Angreifer, die von der „Leistung“ der Frau enttäuscht waren, ließen die Hochschwangere mit blutendem Gesicht und am Boden zurück. Die 39-jährige kroatische Staatsbürgerin, die dem Volk der Roma angehört, trug von der Prügelattacke schwerste Verletzungen davon. Sie wurde vom Notarzt und seinem Team erstversorgt und in die Poliklinik Umberto I gebracht. Um das ungeborene Leben zu retten, musste Meri Secic noch in der Nacht auf Samstag notoperiert werden. Die folgende Einleitung der Geburt verlief erfolgreich. Meri Secic brachte einen gesunden Buben zur Welt.
Was die Mutter betrifft, enthalten sich die behandelnden Mediziner aber der Diagnose. Die 39-Jährige schwebt zwar nicht mehr in Lebensgefahr, aber da sie als Folge des brutalen Angriffs mehrere Kiefer- und Gesichtsfrakturen aufweist, steht ihr zumindest ein weiterer Eingriff bevor.
Meri Secic ist für die Ordnungskräfte keine Unbekannte. Die 39-jährige Mutter von mindestens vier Kindern war in den Metropolen Mailand und Rom, wo sie als Taschendiebin tätig gewesen war, bereits mehrmals wegen Diebstahls verhaftet worden. Wegen wiederholter Diebstähle war die 39-Jährige zwar zu 19 Jahren Haft verurteilt worden, aber da sie zu diesem Zeitpunkt ein Kind erwartet hatte, hatte sie die Gefängnisstrafe nie angetreten. Immer wieder auf freiem Fuß gesetzt, hatte die 39-Jährige weiterhin ihrem kriminellen Gewerbe gefrönt.
Offenbar ließ ihr „Arbeitseinsatz“ jedoch nach. Die Ermittler halten es für möglich, dass die Frau aussteigen wollte. Zur „Strafe“ wurde sie von ihren Chefs verprügelt. Die drei fraglichen Männer wurden angeblich von den Überwachungskameras der Metrostation gefilmt. Sie sollen zu bekannten Familien aus der großen Roma-Siedlung von Castel Romano gehören.
Der Polizei zufolge besteht das „Geschäftsmodell“ dieser Bande darin, Minderjährige und schwangere Frauen wie Meri Secic auszubeuten. Unter massiven Drohungen werden diese Opfer gezwungen, Bus- und U-Bahnpassagiere zu bestehlen. Da sie weniger mit der Gefahr rechnen, von Taschendieben bestohlen zu werden, geraten insbesondere Touristen ins Visier der Kriminellen. Sind die Chefs der Bande mit dem „diebischen Tagesinkasso“ nicht zufrieden, blüht den Betroffenen ein Schicksal wie der schwangeren Frau. Aufgrund der Hinweise sind die Polizisten ziemlich zuversichtlich, die Täter bald fassen zu können. Die Ermittler glauben, dass Meri Secic, die seit ihrer stationären Aufnahme unter Polizeischutz steht, die Täter kennt.
Das Video des brutalen Angriffs auf die schwangere Taschendiebin löste in der italienischen Öffentlichkeit Entsetzen aus. Viele Italiener glauben, dass der Plage der Taschendiebstähle nur beizukommen sei, indem man diese aus Zwang und Ausbeutung bestehenden kriminellen Netzwerke zerschlägt. Traurig ist auch, dass einige Passagiere anstatt einzugreifen, den Angriff lieber filmten.