Giacomo Bozzoli [39] hat seinen Onkel getötet und verbrannt – VIDEO

„Ich bin unschuldig“: Verurteilter Mörder hofft auf „Tiroler Alibi“

Montag, 15. Juli 2024 | 08:12 Uhr

Von: ka

Soiano del Garda/Marchena/Brescia – Nach dem endgültigen Schuldspruch durch den römischen Kassationsgerichtshof fehlte vom 39-jährigen Giacomo Bozzoli zehn Tage lang jede Spur.

Giacomo Bozzoli, der dem Richterurteil zufolge vor neun Jahren seinen Onkel Mario Bozzoli ermordet und verbrannt hatte, konnte aber nach seiner Flucht, die ihn zuerst nach Spanien und von dort wieder zurück nach Italien geführt hatte, in seiner Villa in Soiano del Garda aufgespürt und verhaftet werden. Der 39-Jährige beteuert weiterhin seine Unschuld. Seine Hoffnung, das Gefängnis wieder zu verlassen, ruht auf einer Österreicherin, die ihm für die Mordnacht vor neun Jahren ein Alibi verschaffen könnte.

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Nach der Ermordung seines Onkels Mario, den darauffolgenden jahrelangen Prozessen und seiner zehntägigen Flucht, die ihn bis nach Spanien führte, gehört der 39 Jahre alte Giacomo Bozzoli zu den schillerndsten Figuren der italienischen Justizgeschichte.

Trotz des endgültigen Schuldspruchs durch den römischen Kassationsgerichtshof könnte diese Geschichte aber noch nicht vorbei sein. Giacomo Bozzolis Hoffnung, der lebenslänglichen Haftstrafe zu entrinnen, ruht auf einer Österreicherin, die ihm für die Mordnacht vor neun Jahren ein Alibi verschaffen könnte.

Aber beginnen wir bei seiner Flucht. Da Giacomo Bozzoli offenbar ahnte, dass der römische Kassationsgerichtshof das Urteil des Schwurgerichts von Brescia bestätigen und ihn zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilen würde, floh er zusammen mit seiner Lebenspartnerin Antonella Colossi und dem gemeinsamen neun Jahre alten Sohn bereits am 23. Juni, acht Tage vor dem Urteil des Obersten Gerichtshofs, ins Ausland. Die Familie flüchtete zuerst nach Frankreich und dann von dort aus nach Spanien. Der 39-Jährige befand sich an der Costa del Sol in Andalusien, als er über die Medien vom endgültigen Schuldspruch durch den römischen Kassationsgerichtshof erfuhr.

Nachdem ihn die Carabinieri nach dem Urteil des Höchstgerichts nicht in seiner Villa in Soiano del Garda angetroffen hatten, wurde Giacomo Bozzoli zuerst in Italien und dann in ganz Europa zur Fahndung ausgeschrieben. Da die Carabinieri Hinweise hatten, dass der Gesuchte sich in Spanien aufhielt und der 39-Jährige infolge des internationalen Haftbefehls befürchten musste, von der spanischen Polizei verhaftet und nach Italien ausgeliefert zu werden, wurde es für ihn auch auf der Iberischen Halbinsel eng.

 

Da die Gießerei der Gebrüder Bozzoli Verbindungen in die ganze Welt besitzt und es Indizien gab, dass Giacomo Bozzoli sich in den letzten Jahren im fernen Ausland einen Zufluchtsort eingerichtet hat, nahmen die Carabinieri zunächst an, dass der 39-Jährige sich von Spanien aus nach Nordafrika oder nach Südamerika absetzen könnte.

Vielleicht dachte er darüber nach, aber es kam ganz anders. Am 5. Juli kehrten Antonella Colossi und der Neunjährige nach Italien zurück. Als die Ermittler sie einvernahmen, konnten sie nur wenig über den Aufenthaltsort ihres langjährigen Lebenspartners herausfinden.

Aber wie der Corriere della Sera berichtet, zog sich die Schlinge um ihn immer enger. Nach Hinweisen aus seinem familiären Umfeld und wohl auch, weil der Gesuchte ein digitales Gerät verwendete, wussten die Ermittler, dass er wieder nach Italien zurückgekehrt war. Zuletzt verriet er sich, weil er in seiner Villa die Klimaanlage eingeschaltet hatte. Das Laufen des Kompressors fiel den Carabinieri, die die Villa am Gardasee observierten, sofort auf. Als die Carabinieri in die Villa eindrangen und sie durchsuchten, entdeckten sie den im Staufach eines Doppelbetts versteckten Giacomo Bozzoli. Bei ihm stellten sie nicht weniger als 50.000 Euro in bar sicher.

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„Sie können keinen Unschuldigen ins Gefängnis stecken. Sie haben mir nicht die Möglichkeit gegeben, mich zu verteidigen“, so der weinende 39-Jährige zum Staatsanwalt von Brescia, der ihn verhörte. Dabei verwies er auf einen handschriftlichen Bericht, den er von Frankreich aus mehreren Staatsanwaltschaften zugeschickt hatte.

Giacomo Bozzoli glaubt, dass eine Vertreterin eines Tiroler Unternehmens, die Montanwerke Brixlegg AG, mit dem die Gießerei der Gebrüder Bozzoli geschäftliche Beziehungen pflegte, ihm indirekt zu einem Alibi verhelfen könnte.

Für die Staatsanwaltschaft ist das aber ein alter Hut. Aus den Ermittlungen nach dem Mord geht hervor, dass in der Wohnung von Giuseppe Ghirardini, der sich nur sechs Tage nach dem Verschwinden seines Chefs mit Blausäure das Leben genommen hatte, 4.400 Euro in bar gefunden wurden.

Auffällig war, dass alle Banknoten von der österreichischen Zentralbank ausgegeben worden waren, es sich also um „österreichische Geldscheine“ handelte. Für die Richter war das Geld der Lohn oder vielleicht eher der Vorschuss dafür, dass der Arbeiter der familieneigenen Gießerei Giacomo Bozzoli dabei geholfen hatte, die Leiche seines Onkels zu verbrennen.

Die Auswertung des Telefonverkehrs ergab, dass der 39-Jährige zwischen dem 27. Mai und dem 8. Juni 2015 „mit drei österreichischen Nutzern – zwei Festnetz- und einem Mobiltelefon – Kontakt aufgenommen hatte, die mit einem Unternehmen der Metallbranche, den Montanwerken Brixlegg, verbunden sind“.

„Ich hatte nie etwas mit Österreich zu tun. Ich habe mir einmal erlaubt, eine Vertreterin der Montanwerke zu kontaktieren“, beteuerte Giacomo Bozzoli bereits im Jahr 2019. Er baute darauf, dass die „österreichischen Geldscheine“, mit denen der Mörder seinen Helfer bezahlt hätte, nicht von ihm stammen könnten. Seinen Aussagen zufolge sei die Österreicherin dazu bereit zu beschwören, dass sie ihm nie Geld gegeben habe.

ANSA/ FILIPPO VENEZIA/Giacomo Bozzoli bei der Urteilsverlesung des Schwurgerichts von Brescia am 30. September 2022.

Für die Staatsanwaltschaft ist das ein sehr schwaches Argument. „Dass die Banknoten vom Angeklagten stammen, kann auf der Grundlage der Geschäftsbeziehungen angenommen werden, die er mit dem österreichischen Unternehmen auf der Grundlage dieser Kontakte unterhalten hat“, so das lapidare Urteil des Schwurgerichts von Brescia. Den Richtern zufolge hätte niemand sonst ein Interesse daran gehabt, vor dem Verschwinden des Ermordeten Ghirardini diese Summe zu übergeben.

Das „Tiroler Alibi“ der Vertreterin eines Tiroler Unternehmens, die beschwören könne, ihm kein Bargeld gegeben zu haben, dürfte Giacomo Bozzolis letzter vergeblicher Versuch gewesen sein, seiner lebenslänglichen Haftstrafe zu entgehen. Das römische Höchstgericht sieht es als erwiesen an, dass Giacomo Bozzoli vor fast neun Jahren seinen Onkel Mario ermordet und im Ofen der Gießerei des Familienbetriebs verbrannt hat.