Von: ka
Senigallia – Der Tod des 15-jährigen Leonardo Calcina stieß in Italien eine heftige Debatte über Mobbing in der Schule an. Fast eine Woche nach dem Suizid des jungen Oberschülers, der im zweiten Jahr die Berufsschule Alfredo Panzini, Fachrichtung Tourismus und Sport, besuchte, wird immer deutlicher, dass die Schule sehr wohl vom brutalen Mobbing, dem der 15-Jährige seit Monaten ausgesetzt war, Kenntnis hatte, aber dennoch nichts getan wurde, um Leonardo zu helfen und die Übeltäter zur Rechenschaft zu ziehen.
“Ich halte es nicht mehr aus. Ich habe es dem Lehrer erklärt, aber er tut nichts und hört mir nicht zu”, teilte Leonardo über Whatsapp seiner Mutter Viktoryia mit. “Die Schule wusste alles”, so Leonardos Vater. Unterdes schreiten die Ermittlungen der Carabinieri voran. Der mutmaßliche Haupttäter wurde bereits einvernommen. Der italienische Unterrichtsminister Giuseppe Valditara hingegen ordnete eine Untersuchung an.
Am Mittwoch, dem 9. Oktober, wenige Tage vor seinem Tod, schickte Leonardo Calcina seiner ursprünglich aus Weißrussland stammenden Mutter Viktoryia sieben Whatsapp-Nachrichten, die heute als sein letzter Hilferuf gelten. “Mama, ich habe mit dem Betreuungslehrer gesprochen und ihm gesagt, dass ich die Schule verlassen möchte, weil ich mich schlecht fühle. Ich halte es nicht mehr aus. Ich habe es dem Lehrer erklärt, aber er tut nichts und hört mir nicht zu. Er sagt nur, dass die Schule bis zum Alter von 16 Jahren Pflicht ist”, schrieb Leonardo seiner Mutter.
Leonardo erwähnte in den Textnachrichten nicht, dass er täglich von drei Mitschülern, zwei Jungen und einer Jugendlicher, aus seiner Klasse der Berufsschule Alfredo Panzini seit Wochen und Monaten fast täglich gehänselt und bis aufs Blut schikaniert wurde. In seiner Anzeige bei den Carabinieri schildert sein Vater Francesco das Leid seines Sohns und erhebt gegen die Schule schwere Vorwürfe. “Unser Sohn erzählte seiner Mutter, dass die Lehrer diese Schüler, die ihn und andere mobbten, nicht zur Rechenschaft zogen, sondern manchmal so taten, als würden sie nichts bemerken”, so Francesco Calcina in seiner Anzeige. Ein Mitschüler Leonardos bestätigt, dass die Lehrer dem Mobbing wenig Aufmerksamkeit geschenkt hätten. “Die letzten Tage sprach er nicht mehr”, so der Mitschüler.
Die Mutter, eine Weißrussin, die seit Jahren in Italien lebt, fügt über ihre Anwältin Pia Perricci hinzu, dass der Lehrer, der in den dramatischen Whatsapp-Nachrichten erwähnt wird, auch nach dem Gespräch mit Leonardo sich nicht mit ihnen in Kontakt setzte, um ihnen das Unbehagen ihres Sohnes mitzuteilen.
Der gegen die Lehrer der Berufsschule gerichtete Vorwurf, vor dem Drama des 15-Jährigen beide Augen zugedrückt und nicht frühzeitig die Eltern informiert zu haben, ist sehr schwerwiegend und von strafrechtlicher Relevanz. Niemand soll das Mobbing verhindert und die jugendlichen Täter zur Rechenschaft gezogen haben. Der Direktor der Berufsschule, Alessandro Impoco, hingegen erklärt, dass bei ihm keine Meldungen über Mobbing eingegangen seien.
Aufgrund seiner höflichen Art, die seine Peiniger als Schwäche auslegten, wurde Leonardo Calcina immer öfter zum Gegenstand beißenden Spotts und ständiger vulgärer Beleidigungen. Aber das war leider noch nicht alles. Es konnte vorkommen, dass er auf der Toilette umzingelt, geschlagen und auf vielfache Art und Weise misshandelt wurde. “Diese drei Mitschülerinnen äfften in der Klasse seinen Nachnamen auf weibliche Art und Weise nach, sodass er manchmal gezwungen war, Kopfhörer zu tragen, um sie nicht zu hören. Während des Turnunterrichts oder auf der Toilette fassten sie seine Brustwarzen an und drückten sie zusammen oder sie zogen ihm die Hosen runter und berührten seine Geschlechtsteile”, erklärt der Vater. “Leonardo hatte keine homosexuellen Neigungen und war aus unserer Sicht ein heterosexueller Junge, aber selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, sei klar, dass es für uns kein Problem gewesen wäre”, räumt Leonardos Vater Francesco jegliche Zweifel aus.
Si terranno oggi pomeriggio a Montignano i funerali di Leonardo Calcina, il ragazzino di Senigallia che si è ucciso,…
Posted by William Beccaro on Wednesday, October 16, 2024
Für den 15-Jährigen, der früher gerne zum Unterricht gegangen war, wurde der Schulalltag immer mehr zur Qual. Er kam immer lustloser und schweigsamer nach Hause, auch seine schulischen Leistungen ließen nach. Nachdem er sich in seiner Not seinem Vater Francesco und seiner Mutter Viktoryia anvertraut hatte, die zwar getrennt leben, sich aber sehr gut verstehen, vereinbarten die beiden ein Gespräch mit dem Direktor der Berufsschule. Aber Leonardo wusste keinen Ausweg mehr. Er entwendete die Pistole seines Vaters und richtete die Waffe gegen sich selbst. “Leonardo wurde in der Schule gemobbt, man wollte ihn vernichten!”, so die Mutter des Opfers nach der Anzeige bei den Carabinieri.
Unterdes schreiten die Ermittlungen der Carabinieri und der Staatsanwaltschaft von Ancona voran. Während die Carabinieri das Smartphone und den Computer des Opfers beschlagnahmten, um sie einer forensischen Untersuchung unterziehen zu können, begann die mit den Ermittlungen betraute Staatsanwältin Irene Bilotta mit der Einvernahme der Mitschüler des Opfers. Der mutmaßliche “Anführer” der Peiniger Leonardos, ein mehrfach sitzen gebliebener und bereits vorbestrafter Jugendlicher ausländischer Herkunft, soll bereits verhört worden sein. Unabhängig von der Ermittlungsarbeit der Carabinieri und der Staatsanwaltschaft von Ancona ordnete der italienische Unterrichtsminister Giuseppe Valditara eine Untersuchung an.
Der Suizid des verzweifelten 15-Jährigen löste in Italien eine Welle der Abscheu und des Entsetzens aus. Über die Frage, wie Opfern von Mobbing in der Schule in Zukunft besser geholfen und eine Tragödie wie jene Leonardos verhindert werden kann, wird heftig diskutiert. Der Verdacht, dass die Schule und die Lehrer versagt haben könnten, lässt viele Italiener keine Ruhe. Leonardo Calcina wurde am Donnerstagnachmittag in seiner Heimatgemeinde Montignano bei Senigallia zu Grabe getragen.
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32 Kommentare auf "“Ich habe es dem Lehrer erklärt, aber er tut nichts”"
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bitte kann mir einer sagen, wann und wo lehrpersonen von beginn an etwas gehen mobbing unternommen haben? eher selten?
Das mag stimmen, aber man sollte sie zur Verantwortung ziehen. 🤔
Dachte mir das Gleiche! Man kann nur hoffen, dass es auch mitfühlende Lehrpersonen gibt, die es wenigstens versuchen, ein Mobbingopfer zu helfen.
Nach meiner Erfahrung, kann man sich keine Hilfe von Lehrern oder Direktoren*innen erwarten, diese schauen lieber weg, damit sie keine Probleme mit den Eltern der Peiniger bekommen.
..das selbe habe ich auch gedacht.
Früher in meiner Klasse haben es Lehrer sogar geschafft mit Spielen (wen hast du in der Klasse am liebsten usw…) Streit und Konfrontation zu provozieren.🤦
Sag und erklär was Lehrer denn wirklich dagegen tun können und dürfen? Wo fängt dessen Macht an und wo hört sie auf? Was soll ein Lehrer denn wirklich tun und was DARF er tun?
Lehrern jetzt bauschal die Schuld an dem Drama zu geben ist äußerst unfair! Wie würde der Junge gemobbt, weiss das hier jemand? Wars online, wars in der Schule, WANN GENAU? Wo ein Lehrer überhaupt was tun hätte können. Diese Diskussionen sind aus Mangel an Kenntnis, wir und was genau, sowieso UNSINNIG!
@magg Was soll ein Lehrer tun, wenn z. B. 10 Min. nach dem Schulende jemand gemobbt wird. Er hat weder das Recht noch die Pflicht da was zu tun, wrnn er es denn dann überhaupt bemerkt.. wenns nur einen einzigen Meter außerhalb des Schulgeländes passiert.
Er hat dann die selben Möglichkeiten wie due Eltern. Melden, Anzeigen aber mehr auch nicht!
@N.G. Die Lehrer haben während ihrer Zeit die Aufsichtspflicht und haben das Recht nach ihrem ermessen zu bestrafen (Eintragung, vor die Tür, Strafarbeit). In Fällen wie diesen aber direkt zum Direktor damit
@primetime Ja klar aber meinst du denn die Kinder sind so doof und tun das vor den Lehrern? Das glaub ich kaum.
Ich kenn das von meinem Kind, aus Erzählungen, das läuft am Hinweg, am Nachhauseweg und übers Handy ab.
@primetime Schon zu meiner Zeit wurden Kinder in der Schule schikaniert. Das haben auch da Lehrer nie zu Gesichter bekommen. Mobbing ist wahrlich nichts Neues, nur das Ausmaß und Intensität nahm zu.
@N. G. was Du aber nicht “siehst” der Junge hat, Hilferufen ausgesendet und es wurde von der Lehrerschaft nichts unternohmen….und wen der Schulleiter sagt [wenns so wahr ist] das er pers. von Mobbing nichts wusste, aber eine Unterredung schon angesetzt war, dann war diese Angelegenheit schon massiv im Argen gewesen, m.M.n. ein Versagen der Lehrerschaft, auf der ganzen Linie und zum Unglück des Jungen. R.I.P.
Da sich der Schüler an die Lehrer gewandt hat (es kann auch eine andere Person sein) dann ist diese rechtlich verpflichtet die Straftat (Mobbing gehört dazu) zu melden ansonsten kann auch der nach dem Stgb belangt werden
@primetime Wenn das Mobbing auserhader Schule passiert kann die Schule gar nichts machten. Egal ib sie such an die Lehrer wende. Du kannst diese Schüler nicht dafür bestrafen was sie in ihrer Freizeit tun.
@Tita-Nina Es war massiv, ja aber wer von uns weiß wo und wann es passiert ist?
Wenn es derart ausgeartet ist, hätte ich mein Kind längst von der Schule genommen. Da warte ich nicht bis ne Schulleitung reagiert.
@N.G. Lies nochmal meinen letzten Kommentar denn da steht die Antwort auf genau deine Aussage. We rin Kenntnis einer Straftat ist MUSS diese den zuständigen Behörden melden welche anschließend aktiv werden. Wer das nicht tut macht sich strafbar
Ein mehrfach sitzen gebliebener, bereits vorbestrafter, ausländischer Jugendlicher ist der mutmaßliche Haupttäter. Einfach nur zum Kotzen! Es wird alles mit Füßen getreten: Gastfreundschaft und Lernmöglichkeit.
Brauchen wir solche …🤬? NEIN!!!
Vonmiraus, das ist sicher ein armer, traumatischer, minderjähriger Junge aus einem nicht sicheren Land, den wir in Italien Gastfreundlich behalten müssen. Unsere Gutmenschen, sollten verpflichtet werden, mindestens einen Flüchtling dieser Art bei sich aufzunehmen.😡
@paladin
Man muss nicht selbst einschreiten, aber im richtigen Ort Meldung machen.
Auch das ist GEHOLFEN UND NICHT WEG GESCHAUT
Paladin Kompetenzen hin oder her, wenn ich Lehrer/Direktor wäre, würde ich schon nur aus Menschlichkeitsgründen eingreifen. Was nützt denn eine pädagogische, psychologische Ausbildung, wenn ich es nicht schaffe ein Mobbingopfer zu schützen?
Nie waren unsere Lehrer so ausgebildet wie heute, doch was nützt es, wenn es an Zivilcourage fehlt.
Willkommen in unserer schönen neuen Welt, in der Höflichkeit als Schwäche ausgelegt wird…
Unfassbar traurig das alles 😢
Sehr traurige Welt, wenn Hilfeschreie nicht ankommen… so etwas hätte man verhindern können, wenn man ihm zugehört hätte…
Ein wegschauen ist schneller, als so einem Kind beiseite zu stehen und dagegen vorzugehen.
Ich würde bei meiner Tochter sofort einschreiten, und wenn nicht hilft, dann Anzeigen.
So was lass ich mir nicht gefallen.
Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und habe auf Wunsch meines Kindes nichts dem Direktor gemeldet, lediglich einer Klassenlehrerin.
Heute würde ich sagen ich zeige alle an, die Täter, den Wegschauern und besonders die Lehrern die mein Kind noch verspottet hatten!
@Ex Queen
Vielleicht versteht es ein Kind noch nicht so gut
und möchte dass man nicht zum Direktor geht,
aber man darf dass nicht tollerieren und dem Kind(Schutz) zuliebe nichts zu unternehmen.
In unserer Kindheit war das einfacher zu handhaben,
Die Zeiten haben sich eben sehr geändert und man muss auf der Hut sein.
Habe vor über 10 Jahren diese Erfahrung gemacht: Mein Sohn wurde im Schulhof verprügelt (Nasenbein). Es gab keine Reaktion der Schule auf unsere Meldung in der Direktion.
Die Täter von damals werden heute selbst Väter/Mütter solcher Schüler sein.
Diese Weitsicht wünsche ich mir von der Schule.
Menschen die andere Mobben müßen, nur damit sie sich besser fühlen oder meinen größer zu sein, wie sie eigentlich sind, sind die größten VERSAGER die es gibt… alle die da beteiligt waren, wären alle wegzusperren, dann könnten sie viele Jahre in Ruhe nachdenken, was sie angerichtet haben !! Aber ich denke, daß hier keiner eingesperrt wird, bei diesen Laschgesetzten…
Ständig muss vorher was schreckliches passieren, um eine Reaktion (Hilfe) zu bekommen. Das ist mühsam. Es heißt jedesmal : jetzt müssen wir was unternehmen.
Na bravo! Immer zu spät, wenn überhaupt !
Danke den höheren Herrschaften.
nicht jeder ist beliebt und niemand hat ein Anrecht “gemocht” zu werden aber jeder hat ein Anrecht vor Übergriffen geschützt zu werden – dazu gehören auch verbale Angriffe sprich Beleidigungen
das sagt schon alles wenn sogar die Lehrpersonen wegschauen dann sag ich nur noch traurig traurig.
@dico bitte genauer lesen! Hier spricht man von Einem Lehrer und nicht von den Lehrpersonen! Also nicht wieder alle Lehrer in einen Topf werfen!
Warum schreiten Lehrer bei Mobbing nie ein? Es braucht andere Gesetze.
Mobbing wird immer nur belächelt. Es hat schon zuviele Opfer gegeben
De Lehrer sollatn olla suspendiert bzw entlossn wearn und gor nima als Lehrer orbatn terfn!! Und de holbstorkn Mobber kriegn hoffntlich a a saftige Strofe in irgnd oano Form..