Von: ka
Castelvetrano/Campobello di Mazara – Abgesehen von seiner wegen eines Krebsleidens angeschlagenen Gesundheit hat es dem „letzten Paten“, Matteo Messina Denaro, während seiner drei Jahrzehnte dauernden Flucht vor dem Gesetz eigentlich an nichts gefehlt.
Der Boss aller Bosse litt aber daran, seine Tochter Lorenza Alagna, die heute 26 Jahre alt ist, nie gesehen und kennengelernt zu haben. Lorenza Alagna, die der Beziehung des „letzten Paten“ mit einer seiner Liebhaberinnen entsprungen war, war von ihm nie offiziell anerkannt worden. Von Journalisten auf die Verhaftung ihres Vaters angesprochen, findet die junge Frau, für die ihre Herkunft eine Last ist, harte Worte. „Ich will nichts von ihm wissen, lasst mich in Ruhe, ich weiß nichts“, so Lorenza Alagna.
Da sie von ihrem Vater, Matteo Messina Denaro, nie anerkannt wurde, trägt Lorenza den Nachnamen ihrer Mutter. Ihre Geschichte geht auf das Jahr 1995 zurück. In diesem Jahre lernte der „letzte Pate“, der sich damals bereits seit drei Jahren auf der Flucht befand, Francesca Alagna kennen und ging mit ihr eine Liebesbeziehung ein. Das Jahr darauf wurde Francesca Alagna schwanger und brachte am 17. Dezember 1996 ein Mädchen zur Welt.
Einer Tradition folgend erhielt das Mädchen den Namen ihrer Großmutter väterlicherseits, Lorenza Santangelo. Lorenza Santangelo war die Ehefrau des Mafiabosses von Castelvetrano, Francesco „Don Ciccio“ Messina Denaro. „Don Ciccio“ war enger Verbündeter der Corleonesi Totò Riina und Bernardo Provenzano und stand diesen bei ihrem blutigen Krieg gegen die Cosa Nostra-Familien von Palermo bei.
Von seinem Vater „Don Ciccio“ wurde Matteo Messina Denaro in die Cosa Nostra eingeführt. Er lernte früh den Capo di tutti i capi Totò Riina kennen und erwarb sich durch seine kriminelle Intelligenz, aber besonders durch seine unerbittliche Härte – Messina Denaro beging mit 18 Jahren seinen ersten Mord, dutzende weitere sollten folgen – das Vertrauen und die Wertschätzung der Capi.
Die Festnahme von Totò Riina bewog Denaro letztendlich dazu, selbst unterzutauchen und im Alter von nur 31 Jahren ein Leben im „Verborgenen“ zu beginnen. Das hieß aber nicht, dass er auf ein Luxusleben und auf Frauenbekanntschaften verzichtete. Matteo Messina Denaro war bereits drei Jahre auf der Flucht, als er 1995 Francesca Alagna kennenlernte. Er ging mit ihr eine Liebesbeziehung ein. Das Jahr darauf wurde Francesca Alagna schwanger und brachte am 17. Dezember 1996 ein Mädchen zur Welt.
Lorenza Alagna wuchs mit ihrer Mutter im Haus ihrer Großmutter väterlicherseits in Castelvetrano auf. Durch mitgeschnittene Telefongespräche und durch sichergestellte „Pizzini“ – verschlüsselte Botschaften auf einem kleinen Stück Papier, mit denen Mafiabosse ihren Verwandten und Untergebenen Mitteilungen zukommen lassen – war den Ermittlern bekannt, dass Messina Denaro der Vater von Lorenza war.
In der Hoffnung, der „letzte Pate“ könnte seine Deckung aufgeben, um seine Tochter zu sehen, wurden Francesca und Lorenza Alagna ständig überwacht. Um sich seiner Ergreifung zu entziehen, verzichtete Matteo Messina Denaro aber auf jeglichen Kontakt. Er erkannte Lorenza auch nie offiziell als seine Tochter an.
Allerdings litt er sehr darunter. „Ich kenne meine Tochter nicht. Ich habe sie nie gesehen. Das Schicksal wollte es so. Ich hoffe, das Leben nimmt alles von mir, um es ihr zu geben. Es ist gegen die Natur, seine Kinder nicht zu kennen“, schrieb Messina Denaro – der sich selbst Alessio nannte – an „Svetonio“ alias Antonino Vaccarino, den ehemaligen Bürgermeister von Castelvetrano.
Über seine Angehörigen – über seine Mutter und seine Schwester, die unter anderem dafür eine Haftstrafe von 14 Jahren erhielt – wurde er aber regelmäßig über seine Tochter auf dem Laufenden gehalten. Die mitgeschnittenen Wortwechsel zeugen aber auch von den Schwierigkeiten, die ein Leben auf der Flucht mit sich bringt.
„Du musst deinem Bruder sagen, dass er eine Tochter hat, die im Dezember elf Jahre alt geworden ist, und dass es für ihn an der Zeit ist, ihr auch etwas zu schreiben. Das kleine Mädchen fängt an, Fragen über ihren Vater zu stellen. Er kann nicht so tun, als ob es sie nicht gäbe, und sogar ihren Geburtstag vergessen“, so die Mutter zur Schwester.
Un covo "sui generis" sotto gli occhi di tutti
Un covo "sui generis" sotto gli occhi di tuttiUn appartamento nel centro di Campobello di Mazara, con tutte le comodità e pieno di vestiti firmati e beni di lusso. Il luogo dove Messina Denaro ha passato gli ultimi mesi prima della cattura è molto lontano dallo stereotipo del covo di un boss mafioso latitante.Gabriele Carletti per il Tg3 delle 19 del 17 gennaio 2023
Posted by Tg3 on Tuesday, January 17, 2023
Aus dem elfjährigen Mädchen wurde eine junge Frau. Sie besuchte zuerst ein Wissenschaftliches Lyzeum und schrieb sich dann in die Universität ein. Das „mafiöse Ambiente“ ihrer Familie väterlicherseits blieb ihr immer fremd. In der Oberschule schrieb sie Schularbeiten, in denen sie mit der Cosa Nostra hart ins Gericht ging. Mit 18 Jahren erhielten sie und ihre Mutter die „Erlaubnis“, Castelvetrano zu verlassen.
Ihre Herkunft lastet aber schwer auf sie. „Wie sehr wünsche ich mir die Zuneigung eines Menschen und leider ist dieser Mensch nicht an meiner Seite und wird es aufgrund des Schicksals auch nie sein“, schrieb sie auf Facebook. Ein Tagebuch, das im Versteck von Matteo Messina Denaro gefunden wurde, zeugt davon, dass mit dem Fortgang der Krankheit der „letzte Pate“ immer stärker darunter litt, mit seiner Tochter nie Kontakt aufgenommen zu haben. „Warum will Lorenza mich nicht sehen? Warum ist sie wütend auf mich?“, steht im Tagebuch des Bosses, das neben vielen Telefonnummern und Hinweisen auch sehr persönliche Botschaften enthält.
Lorenza Alagna kehrte nach einigen Jahren wieder nach Castelvetrano zurück. Zusammen mit ihrem Freund und ihrem kleinen Sohn, der 2021 geboren wurde, lebt sie wieder in der Kleinstadt, die seit jeher ihr Schicksal mitbestimmt. Von ihrem Vater will sie aber nichts wissen. Von Journalisten auf die Verhaftung von Matteo Messina Denaro angesprochen, findet die junge Frau harte Worte. „Ich will nicht im Rampenlicht stehen. Es reicht, ich bin eine normale junge Frau wie alle anderen. Ich will nichts von ihm wissen, lasst mich in Ruhe, ich weiß nichts“, so Lorenza Alagna.
Die nächsten Jahre dürften für den „letzten Paten“ sehr bitter werden.