Ziel, Covid-19 zu einer Grippe „herabzustufen“ – VIDEO

„Ja zur Pflichtimpfung! Nur so werden wir im Winter zur Normalität zurückkehren“

Mittwoch, 18. August 2021 | 08:13 Uhr

Von: ka

Rom – Angesichts der steigenden Anzahl von Neuinfektionen fordert der Immunologe Sergio Abrignani die Einführung der Impfpflicht. Wie mehrere seiner Kollegen vertritt auch Sergio Abrignani die Ansicht, dass es nun an der Zeit sei, die Kinder der Altersgruppe von fünf bis zwölf Jahren zu impfen. Der angesehene Experte wirft aber auch einen überaus optimistischen Blick in die Zukunft. Gelingt es – so der Immunologe – 80 Prozent der Bevölkerung zu impfen, könne darüber nachgedacht werden, Covid-19 zu einer Grippe „herabzustufen“.

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Der Immunologe Sergio Abrignani, der als Professor für Allgemeine Pathologie an der Staatlichen Universität von Mailand lehrt, das Nationale Institut für Molekulargenetik „Romeo und Enrica Invernizzi“ leitet und Mitglied des Technisch Wissenschaftlichen Komitees (CTS), das die Regierung Draghi berät, ist, begrüßt zwar die seit Kurzem allen Minderjährigen eingeräumte Möglichkeit, sich ohne Vormerkung impfen zu können, hält diese Maßnahme allein jedoch für unzureichend.

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„Da im Gegensatz zu den Erwachsenen viele junge Leute noch nicht geimpft sind, nehmen unter ihnen die Neuansteckungen weiter zu. Angesichts dieser Tatsache muss uns bewusst werden, dass die Impfung für alle unerlässlich ist. Ich würde sie zur Pflicht machen. Nur auf diese Weise wird es uns in diesem Winter gelingen, Covid-19 zu einer Grippe werden zu lassen“, so der Immunologe gegenüber der Mailänder Tageszeitung Il Giornale.

Wie mehrere seiner Kollegen vertritt auch Sergio Abrignani die Ansicht, dass es nun an der Zeit sei, die Impfung auf unter Zwölfjährige auszudehnen. Der Immunologe, der daran erinnert, dass in Italien unter der Altersgruppe bis 17 Jahren rund 30 Tote gezählt und Hunderte intensivmedizinisch betreut worden seien, nennt für die Impfung der Kinder und Jugendlichen seiner Ansicht nach gewichtige Gründe.

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„Kinder und Jugendliche sind die besten Infektionsüberträger. Sie leben in der Gemeinschaft, fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln und treiben Gruppensportarten. Und da die Infektion in vielen Fällen asymptomatisch verläuft, können sie das Virus leicht unbemerkt verbreiten“, meint Sergio Abrignani, der vor der Weitergabe des Virus warnt.

„Es gibt mehr als 300.000 gefährdete Erwachsene, die auf den Impfstoff nicht ansprechen und im Falle einer Ansteckung stationär aufgenommen werden müssen. Und je mehr Menschen sich infizieren, desto größer ist das Risiko, dass sich gefährliche Varianten entwickeln. Die Delta-Variante ist viermal so ansteckend wie das ursprüngliche SARS-CoV-2. Wenn wir dieses Virus eindämmen wollen, müssen wir zunächst die Jugendlichen und dann die Kinder impfen”, fügt der Immunologe hinzu.

„Bis Oktober werden voraussichtlich 75 bis 80 Prozent der Italiener geimpft sein. Da bei der Delta-Variante 20 bis 25 Prozent – selbst wenn sie geimpft sind – angesteckt werden, hat es jedoch keinen Sinn mehr, von einer Herdenimmunität zu sprechen. Um zu verhindern, dass Menschen ohne Antikörper mit dem Virus in Kontakt geraten, ist es nun das Ziel, das Risiko zu mindern“, erklärt der Immunologe, der zudem die Meinung vertritt, dass das Tragen der Mundnasenschutzmasken auch in den nächsten Monaten notwendig sein wird.

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Auf die Lage in England angesprochen, wirft Sergio Abrignani einen optimistischen Blick in die Zukunft. „Covid-19 ist im Vereinigten Königreich zur Grippe herabgestuft worden. Das kann eine nachvollziehbare Entscheidung sein. Die Briten sind uns ein paar Monate voraus. Von den Geimpften werden nur wenige in die Intensivstationen eingeliefert und die von der Delta-Variante verursachten Todesfälle sind sehr gering. Wenn 80 Prozent der Bevölkerung geimpft sein werden, wird Covid-19 auch in Italien als eine Art Grippe angesehen werden können. Aber erst, wenn der Rest der Welt geimpft sein wird, wird die Pandemie zu einer Endemie werden”, so der angesehene Immunologe, der am Ende des Tunnels das Licht erblickt.

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Politische Beobachter glauben nicht, dass sich Sergio Abrignani und andere Befürworter der Impfpflicht durchsetzen werden. Sie rechnen aber damit, dass durch die Ausdehnung des Grünen Passes auf weitere Bereiche praktisch der gleiche Effekt erzielt werden wird.