Von: ka
Rom/Mailand – Während in Italien Vor- und Nachteile der Maskenpflicht im Freien heiß diskutiert werden, richtet der angesehene Virologe und Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand, Professor Massimo Galli, an die jungen Leute einen Appell.
„Man muss die jungen Leute einbinden und zu ‚Hauptdarstellern‘ im Kampf gegen das Coronavirus machen. Um aus diesem ‚Sumpf‘ herauszukommen, müssen die Jugendlichen ‚Hauptdarsteller‘ einer Kultur der Verantwortung werden“, meint Professor Massimo Galli.
Nachdem am Mittwoch das Parlament der Verlängerung des Ausnahmezustands zugestimmt hatte, beschloss der Ministerrat in Rom, den Corona-Notstand bis zum 31. Januar beizubehalten. Zudem wurde ab Mittwoch eine landesweit im Freien geltende Maskenpflicht verhängt. Mit diesen Maßnahmen hoffen die Verantwortlichen, die langsam, aber stetig ansteigenden Neuinfektionszahlen einbremsen zu können. Beobachter meinen, dass gerade die letzten Zahlen – mit 3.678 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden wurde am Mittwoch ein neuer Höchststand erreicht – der Regierung die Durchsetzung der neuen Corona-Einschränkungen erleichtern dürften.
Zu seiner Meinung, ob eine zweite Welle bevorstehe, wurde auch der angesehene Virologe Massimo Galli befragt. Professor Massimo Galli, der als Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand vorsteht und dafür bekannt ist, Klartext zu sprechen, warnt vor Panik, mahnt aber zur Vorsicht.
„Ich will nicht von einer zweiten Welle sprechen, aber wir können leicht einen Anstieg erkennen. Die zweite Welle ist übrigens auch bei der Pandemie der Spanischen Grippe in den Jahren 1918 und 1919 eingetreten. Die zweite Welle wird dann kommen, wenn ein neuer Infektionsherd außer Kontrolle gerät. Um die Wirtschaft zu schützen, muss aber ein zweiter Lockdown unbedingt vermieden werden“, so Massimo Galli.
„Die stationären Aufnahmen in den Krankenhäusern sind sowohl was die Anzahl als auch die Schwere des Krankheitsgrades anbelangt, leicht gestiegen. Vom Druck, der im März auf das Gesundheitssystem gelastet hat, sind wir aber weit entfernt. Der Sommer ist in ganz Europa zu ‚lebhaft‘ gewesen, was zu einer steigenden Anzahl von Neuansteckungen geführt hat. In der Folge haben die angesteckten jungen Leute das Virus auf die ältere Generation übertragen“, meint der angesehene Virologe.
Entgegen vielen Schwarzmalern gelang es aber den Schulen überraschend gut, in das neue Schuljahr zu starten. Dass nach dem Beginn des Unterrichts bisher kaum ein signifikanter Anstieg der Corona-Fälle beobachtet wurde, gilt unter den Virologen und Epidemiologen als gute Nachricht.
„Im Moment ist die Anzahl der Infektionen überschaubar. Es gibt einige Infektionsherde in den Oberschulen, aber die sind auf außerschulische Aktivitäten der Jugendlichen zurückzuführen“, so Massimo Galli. Auf die Frage angesprochen, wie mit den jungen Leuten umgegangen werden solle, antwortete der angesehene Virologe mit einem eindringlichen Appell.
„Man muss die jungen Leute einbinden und zu ‚Hauptdarstellern‘ im Kampf gegen das Coronavirus machen. Es darf in keinem Fall ein regelwidriges Verhalten gefördert werden. Um aus diesem ‚Sumpf‘ herauszukommen, müssen die Jugendlichen „Hauptdarsteller“ einer Kultur der Verantwortung werden. Im Falle des HI-Virus – das Virus, das die Immunschwäche AIDS auslöst – ist dies in den vergangenen Jahren bereits mit Erfolg gelungen“, so Massimo Galli, der mit seinem Appell in der italienischen Öffentlichkeit aufhorchen lässt.
Die Maskenpflicht im Freien hält der Mailänder Virologe für angemessen. Er ruft aber dazu auf, sie mit gesundem Menschenverstand anzuwenden. „Entscheidend wird sein bei allen Gelegenheiten, bei denen man Personen begegnet, mit denen man nicht zusammenwohnt, die Gesichtsmaske aufzusetzen. In allen anderen Fällen ist sie nicht nötig“, unterstreicht Professor Massimo Galli.
Die eigentliche Frage aber ist, ob die Jugendlichen und die jungen Leute für den Kampf gegen das Coronavirus gewonnen werden können.