Von: ka
Melito Porto Salvo – Schrecklich war das Martyrium, das ein heute 16-jähriges Mädchen über drei Jahre hindurch in einer kalabrischen Kleinstadt erleiden musste. Über die ganzen Jahre hindurch wurde das Mädchen – bei der ersten Gewalttat war sie nur 13 Jahre alt -, immer und immer wieder von einer neunköpfigen Bande „abgeholt“ und sexuell missbraucht.
Als Chef der Bande haben die Ermittler Giovanni Jamonte identifiziert. Er ist Sohn von Remigio Jamonte, der zur Zeit eine verschärfte Haft nach dem Artikel 41 bis verbüßt und als Capo des gleichnamigen ‘Ndrangheta-Clans der Jamonte gilt. Die Jamonte „regieren“ den Ort Melito Porto Salvo seit ewigen Zeiten und schrecken, um ihren Millionengeschäften freie Bahn zu ermöglichen, auch vor Entführungen nicht zurück. Melito Porto Salvo war in den 80-ern auch Schauplatz des wichtigsten Treffens zwischen ‘Ndrangheta und Cosa Nostra, bei der auch John Gotti, Capo dei Capi der italoamerikanischen Mafia, zugegen war.
Unter den Mitgliedern der Bande befinden sich neben dem Sohn des ‘Ndrangheta-Bosses außerdem ein Sohn eines Maresciallo des Heeres, der Bruder eines Polizisten sowie mindestens ein Minderjähriger. Um das junge Mädchen zum Schweigen zu zwingen, wurde ihr damit gedroht, dass man die gewaltsamen Sexualdelikte, die die Vergewaltiger mit ihren Smartphones gefilmt hatten, andernfalls in den sozialen Medien veröffentlichen würde.
Laut dem Pfarrer von Melito Porto Salvo, Benvenuto Malara, soll es in der Kleinstadt weitere Mädchen geben, die missbraucht werden und einige weitere, die sich der Prostitution hingeben. Niemand in der Stadt streitet die Worte des Pfarrers ab, aber die ganze Stadt schweigt und dreht den vergewaltigten Mädchen den Rücken zu. Selbst die Mutter der missbrauchten Tochter wusste vom Martyrium ihres Kindes, aber aus Angst und Scham, vor der ganzen Gemeinschaft bloßgestellt zu werden, schwieg selbst sie. Erst dank der Professoren der Oberschule, die das Mädchen besucht, kam der ganze menschliche Abgrund ans Tageslicht. In der Folge führten die Ermittlungen zur Verhaftung der Vergewaltiger des Mädchens.
Melito Porto Salvo hat aber noch einen weiten Weg vor sich. Zum Fackelzug, der als Zeichen der Solidarität für das Mädchen organisiert wurde, fanden sich nur wenige Bewohner der Kleinstadt ein. Der Worte des Pfarrers, die Werte einer Gemeinschaft wieder zu entdecken um sie den Kindern weiterzugeben, fanden unter den Einwohnern von Melito Porto Salvo wenig Gehör. Bleibt die Hoffnung, dass die Tragödie des Mädchens die Gemeinschaft wachrüttelt und die von der Angst und der Scham verursachte Omertà – das Gesetz des Schweigens – endlich bricht.