Abschied von toten Rechtsextremen mit römischem Gruß sorgt für Skandal – VIDEO

„Kamerad, anwesend!“: Faschistisches Begräbnis lässt Wogen hochgehen

Mittwoch, 05. September 2018 | 07:53 Uhr

Von: ka

Sassari – Ein durch und durch faschistisches Begräbnis lässt in der sardischen Stadt Sassari die Wogen hochgehen. Die Trauerfeier des bekannten Arbeitsrechtlers und Universitätsdozenten für Recht und Geschichte, Giampiero Todini, der zu Lebzeiten nie einen Hehl aus seiner rechtsextremen politischen Überzeugung gemacht hatte, wurde von Dutzenden von Faschisten in eine neofaschistische Veranstaltung verwandelt. Aber es gibt Widerstand. Gemeinderätin Lalla Careddu, die das Video des faschistischen Begräbnisses auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht hatte, kündigte Konsequenzen an. „Das wird nicht ungestraft bleiben“, so die streitbare Gemeinderätin.

Facebook/Lella Careddu(FRAME DA VIDEO)

Das was vor der dem Heiligen Josef geweihten Kirche San Giuseppe von Sassari geschah, verschlug vielen Demokraten den Atem. Im Video ist deutlich zu sehen, wie vor dem Eingang der Kirche unter den Augen des Geistlichen eine „Ehrenformation“ von Faschisten Aufstellung nimmt und vor dem Sarg des Verstorbenen den rechten Arm zum faschistischen Gruß hebt. Gemeinderätin Lalla Careddu, welche das Video veröffentlichte und dem Protest gegen die „Trauerfeier“ eine Stimme gab, will die Sache nicht auf sich beruhen lassen und die Verantwortlichen, die diese praktisch als Begräbnis getarnte rechtsextreme Veranstaltung zugelassen haben, zur Rechenschaft ziehen.

Die Geschichte begann mit dem vor drei Tagen erfolgten Tod des bekannten Arbeitsrechtlers und Universitätsdozenten für Recht und Geschichte, Giampiero Todini, der zu Lebzeiten nie einen Hehl aus seiner rechtsextremen politischen Überzeugung gemacht und an seinem Anzug immer eine Brosche mit dem Abzeichen der neofaschistischen Partei MSI getragen hatte. Sein Sohn Luigi stieg früh in die politischen Fußstapfen seines Vaters und schloss sich als Aktivist den „Faschisten des 21. Jahrhunderts“, der rechtsextremen Bewegung CasaPound, an. Als solcher kandidierte er für die Neofaschisten bei den letzten Parlamentswahlen für den lokalen Senatssitz.

ANSA/Facebook/Lella Careddu(FRAME DA VIDEO)

„Es würde mich nicht wundern, wenn es Todini selbst gewesen wäre, diese Form der Zeremonie zu wünschen. Als herausragender Jurist weiß er, dass für den Kassationsgerichtshof der faschistische Gruß, wenn er bei einem Gedenk- und Gedächtnisanlass gezeigt wird, keine Straftat darstellt“, so ein Facebook-Nutzer, der an einen erst im Februar dieses Jahres erfolgten Spruch des römischen Höchstgerichts erinnerte.

Der Nutzer könnte nicht ganz Unrecht haben, denn die ganze Veranstaltung wirkte wie ins kleinste Detail einstudiert und wurde vielleicht – so die Vermutung – vom Verstorbenen noch zu Lebzeiten so verfügt. Ungefähr 30 junge Neofaschisten zogen in den Vorhof der Kirche und nahmen dort eine militärische Formation ein. Daraufhin legte der Verantwortliche von CasaPound von Sassari, Andrea Farris, eine Trikolore der Republik von Salò – des letzten faschistischen Staates unter Führung von Benito Mussolini auf italienischem Boden, dessen Fahne einen römischen Adler mit dem Fascio zwischen den Krallen zeigt – auf den Sarg von Giampiero Todini.

ANSA/Facebook/Lella Careddu(FRAME DA VIDEO)

Dann wandte sich Andrea Farris den in Reih und Glied aufgestellten Faschisten zu und gab ihnen den Befehl „Camerati, attenti!“(Kameraden, habt Acht, Anmerkung der Redaktion). Bei der Anrufung „Camerata Giampiero Todini, presente!“(Kamerad Giampiero Todini, anwesend, Anmerkung der Redaktion) schnellten die rechten Arme der zu einer milizähnlichen Formation angetretenen Faschisten zum römischen Gruß empor.

ANSA/Facebook/Lella Careddu(FRAME DA VIDEO)

Aber der Vorfall blieb nicht unbeobachtet. „Man sagt zu mir, dass die Rückkehr des Faschismus meine fixe Idee sei, aber das, was am Montagnachmittag geschehen ist, ist der Beweis, dass diese Gefahr existiert. Vor einigen Monaten habe ich verlangt, jenen, die faschistische Symbolik benutzen, die Nutzung des öffentlichen Raumes zu verbieten. Dieses Begräbnis ist eine Kraftprobe, die darauf abzielt, mittlerweile alles für salonfähig zu erklären“, so Gemeinderätin Lalla Careddu in einer Stellungnahme.

Der Pfarrer der zuständigen Kirchengemeinde von San Giuseppe, Don Massimiliano Salis, scheint vom faschistischen Begräbnis nichts gewusst zu haben.

„Ich habe nicht das Begräbnis zelebriert und bin daher nicht anwesend gewesen, aber ehrlicherweise haben wir vom Geschehenen nichts gewusst und sind auch nachher nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden. Erst heute habe ich das Video gesehen und bin davon vollkommen überrascht worden“, meinte Don Massimiliano Salis gegenüber der italienischen Nachrichtenagentur Ansa.

Das faschistische Begräbnis mit „Ehrenformation“ wird für alle Beteiligten sicherlich Folgen haben, aber angesichts der gesetzlichen Lage – gerade im Lichte des Urteils des römischen Kassationsgerichtshofs – dürften die Neofaschisten vor Gericht vermutlich ungeschoren davonkommen.

https://www.facebook.com/lalla.careddu/videos/10217098592886418/