Mutter einer ermordeten 16-Jährigen appelliert an Justizminister Carlo Nordio – VIDEO

“Keine Freigänge und Hafturlaube für Femizid-Verbrecher”

Dienstag, 26. November 2024 | 08:05 Uhr

Von: ka

Specchia/Rom – Imma Rizzo, Mutter der zum Zeitpunkt ihres gewaltsamen Todes erst 16 Jahre alten Noemi Durini, ist es leid, mitansehen zu müssen, wie der Mörder ihrer Tochter, Lucio Marzo, trotz seiner Verurteilung zu mehr als 18 Jahren Haft immer wieder Freigänge und Hafturlaube erhält.

Obwohl er bei einem seiner Freigänge in betrunkenem Zustand am Steuer erwischt wurde, wird es dem verurteilten Femizid-Verbrecher immer wieder erlaubt, das Gefängnis zu verlassen. Laut Imma Rizzo nutzt der Mörder ihrer Tochter diese Freigänge, um die Beziehung zu einer Frau zu pflegen, die er am Arbeitsplatz kennengelernt hat.

Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen appelliert die verzweifelte Mutter an Justizminister Carlo Nordio, Frauenmördern fortan keine Genehmigungen für Freigänge und Hafturlaube mehr zu erteilen. „Keine Freigänge und Hafturlaube für Femizid-Verbrecher“, fordert Imma Rizzo Carlo Nordio dazu auf, sich für eine härtere Gangart starkzumachen.

Facebook/Associazione Casa di Noemi/Noemi Durini

„Während ich um meine Tochter trauere und ihr weiterhin eine Stimme gebe, indem ich in Schulen spreche, um das Bewusstsein für Gewalt gegen Frauen zu schärfen, genießt der Mörder meiner Tochter Freigänge und Hafturlaube“, so die bitteren Worte von Imma Rizzo, der Mutter von Noemi Durini, die im Jahr 2017 im Alter von nur 16 Jahren von ihrem damaligen Freund Lucio Marzo ermordet wurde.

Der Mord an Noemi Durini aus Specchia in Apulien gehört zu den brutalsten Femiziden, die in Italien jemals begangen wurden. Nachdem sie vergeblich auf die Heimkehr ihrer Tochter gewartet hatte, meldete Imma Rizzo ihre Tochter Noemi Durini am 3. September 2017 bei den Carabinieri als vermisst. Über mehrere Tage hinweg waren mehrere Suchmannschaften mit Spürhunden im Einsatz, die vergebens die ganze Umgebung nach der Jugendlichen absuchten.

Die Ermittlungen konzentrierten sich aber sofort auf Lucio Marzo, mit dem Noemi Durini seit einem Jahr zusammen war. Der 17-Jährige, der Noemi Durini als Letzter lebend gesehen hatte, wiederholte vor den Carabinieri immer wieder seine Aussage, dass er seine Freundin am frühen Sonntagmorgen zuerst getroffen und sie später in Specchia in der Nähe ihres Elternhauses wieder abgesetzt hatte. Im Auto des 17-Jährigen fanden die Carabinieri zunächst keine Spuren.

Die Bilder der Überwachungskameras der Umgebung ließen seine Worte jedoch als wenig glaubwürdig erscheinen. Wenige Stunden, nachdem das Jugendgericht gegen ihn ein Verfahren wegen vorsätzlichen Mordes eröffnet hatte, brach Lucio Marzo im Verhör zusammen und gestand den Mord an seiner Freundin. Der damals 17 Jahre alte Jugendliche führte die Carabinieri selbst zum Brunnenschacht, wo er Noemi Durini zehn Tage zuvor ermordet und unter einem Steinhaufen verscharrt hatte.

Die Tatsache, dass dieser Mord womöglich hätte verhindert werden können, löste weit über Apulien hinaus eine heftige Diskussion aus. Imma Rizzo, die strikt gegen die Verbindung ihrer Tochter mit dem Jugendlichen war, da sie diesen für einen Tunichtgut hielt, hatte den 17-Jährigen bereits mehrere Wochen vor der Blutat wegen Gewalttätigkeit beim Jugendgericht angezeigt. Dieses hatte zwar ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet, aber sonst keine Maßnahmen ergriffen, um Lucio Marzos gewalttätiges Verhalten zu verhindern und die damals 16-Jährige zu schützen.

Im Jahr 2018 wurde Lucio Marzo von einem Schwurgericht wegen vorsätzlichen Mordes zu 18 Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Wie Imma Rizzo und ihre Anwältin Valentina Presicce jedoch Jahre später erfahren mussten, kommt Lucio Marzo trotz der Schwere seines Verbrechens immer wieder in den Genuss von Freigängen und Hafturlauben.

„Nach anderthalb Jahren Kampf ist es uns gelungen, die Liste der Genehmigungen zu erhalten. Der Inhalt des uns ausgehändigten Dossiers ist zutiefst beunruhigend“, berichtet die Anwältin Valentina Presicce, die gemeinsam mit der Mutter von Noemi dafür kämpft, dass diejenigen, die sich schwerster Verbrechen schuldig gemacht haben, keine Hafterleichterungen mehr erhalten.

„Bereits drei Jahre nach seiner endgültigen Verurteilung erhielt Lucio Marzo seinen ersten Hafturlaub. Obwohl er für den Mord an Noemi nie um Vergebung gebeten hatte, konnte er eine Tagung über die Bedeutung der Vergebung besuchen. Andere Male ging er ins Stadion oder, was noch schlimmer ist, durfte mit einer jungen Frau ausgehen, die er bei der Arbeit kennengelernt hatte“, so die Anwältin.

„Schon das Wort ‚Urlaub‘ lässt uns erschaudern. Welcher Sonderurlaub kann einem Mörder gewährt werden? Ist denn niemandem klar, wie gefährlich für die Gesellschaft diese Person immer noch ist?“, fährt Valentina Presicce fort. Die Anwältin erinnert daran, dass Lucio Marzo am 10. August 2023 während eines Hafturlaubs in betrunkenem Zustand am Steuer erwischt wurde, nachdem er das Haltesignal einer Polizeistreife missachtet hatte. „Nach diesem schwerwiegenden Vorfall haben wir die sofortige Verlegung von Marzo in ein Erwachsenengefängnis erwirkt“, erklärt Presicce.

„Das reicht jedoch nicht aus. Das ganze gesetzliche Regelwerk, das selbst inhaftierten Femizid-Verbrechern weitreichende Vergünstigungen ermöglicht, gehört überarbeitet und reformiert“, fordert die Anwältin von Imma Rizzo.

Aus diesem Grund beschlossen Imma Rizzo und ihre Anwältin Valentina Presicce, sich schriftlich an den italienischen Justizminister Carlo Nordio zu wenden. „Der Fall Lucio Marzo ist ein klarer Beweis dafür, dass das derzeit gültige Jugendstrafrecht und Resozialisierungsprogramm einer dringenden Reform bedarf. Im Brief an den Minister fordern wir unter anderem die Abschaffung der Hafturlaube und Freigänge, die Aberkennung des aktiven und passiven Wählrechts und die Einführung der Maßnahme, dass Verurteilte das Gefängnis nur mehr in Begleitung der Polizei verlassen können“, so Imma Rizzo und Valentina Presicce.

Facebook/Associazione Casa di Noemi

„Unser Kampf wird nicht aufhören, bis Noemi und alle anderen Frauen, die ein schreckliches Ende gefunden haben, wirklich Gerechtigkeit widerfährt. Wir werden weiterhin denjenigen eine Stimme geben, die leider keine Stimme mehr haben. Keine Freigänge und Hafturlaube für Femizid-Verbrecher“, geben sich Imma Rizzo und Valentina Presicce kämpferisch.

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