Von: ka
Rom/Sassari – Der Fall einer 20-jährigen Frau, die von einem eben erst aus dem Gefängnis entlassenen Frauenmörder sexuell belästigt und verfolgt wurde, zeigt, dass von dieser Sorte von Gewaltverbrechern auch nach der Verbüßung einer langjährigen Haftstrafe weiterhin eine große Gefahr ausgehen kann. Nach der Anzeige der jungen Frau konnte der 52-jährige Raimondo Gaspa, der im Jahr 2002 die damals 38-jährige Ärztin Monica Maria Moretti ermordet hatte, zum Glück rechtzeitig gefasst werden. Der Fall des „rückfällig“ gewordenen Gewaltverbrechers sorgt in der italienischen Öffentlichkeit für heftige Diskussionen.
Monica Maria Moretti war 38 Jahre alt und arbeitete als Urologin im Krankenhaus Santissima Annunziata von Sassari, als ein ungerechtes Schicksal sie auf Raimondo Gaspa stoßen ließ. Der damals 30-jährige Mann, der sich im Krankenhaus in Behandlung befand, aber nicht Patient der 38-jährigen Urologin war, versuchte mit der jungen Medizinerin, die nach einer schweren Tumorerkrankung erst vor Kurzem wieder in den Dienst zurückgekehrt war, Kontakt aufzunehmen. Sein Verlangen, sich der Medizinerin zu nähern, nahm bald wahnhafte Züge an. Er begann Monica Maria Moretti täglich mit Dutzenden von Anrufen zu belästigen. Sie drohte, ihn anzuzeigen, was sie jedoch nicht tat.
Roma. Uccise Monica Moretti a Sassari nel 2002. Raimondo Gaspa torna in carcere per stalking.
Posted by FemminicidioItalia.info on Monday, June 17, 2024
Dies sollte sich als schwerer Fehler erweisen. Die abscheuliche Bluttat geschah am frühen Nachmittag des 23. Juni 2002. Nachdem er ihr vor ihrer Haustür stundenlang aufgelauert hatte, drang er nach ihrem Eintreffen in ihre Wohnung in Sassari ein und ermordete die junge Ärztin in ihrem Schlafzimmer mit 50 Messerstichen. Indem er die Matratze, auf der die Leiche der Frau lag, anzündete, versuchte der Mörder anschließend, alle Spuren zu verwischen. Nachbarn, die gesehen hatten, dass aus der Mansardenwohnung der Ärztin schwarzer Rauch quoll, alarmierten die Feuerwehr. Als die Wehrleute und die Rettungskräfte eintrafen, wurde traurige Gewissheit, dass Monica Maria Moretti einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen war.
Raimondo Gaspa konnte bald gefasst werden. Im Jahr 2005 wurde er von einem Schwurgericht wegen Mordes zu einer Haftstrafe von 30 Jahren verurteilt. Wie sich jedoch zeigen sollte, lösten die 22 Jahre, die der heute 52 Jahre alte Mann hinter Gittern verbrachte, keinen wie immer gearteten „Heilungsprozess“ aus.
Raimondo Gaspa lernte die 20-Jährige im Gefängnis kennen, weil sie die Freundin eines Mithäftlings war. Sofort nach seiner Entlassung, die am vergangenen 21. April erfolgte, begann er, die junge Frau mit Anrufen zu belästigen. Die 20-Jährige erhielt zunächst zwei anonyme Anrufe, in denen ihr eindeutige sexuelle Avancen gemacht wurden. Zum Schrecken der jungen Frau teilte der Unbekannte ihr in einem erneuten Anruf zudem mit, dass er sie im Supermarkt beobachtet hatte. Auf diesen folgten neun weitere Anrufe, wobei er fast jedes Mal eine andere Nummer benutzte. Zutiefst besorgt über dieses Verhalten sah sie sich sogar gezwungen, ihren Wohnsitz zu wechseln.
Die 20-Jährige, die Angst um sich selbst und ihre Angehörigen hatte, wandte sich schließlich an die Carabinieri. Die Carabinieribeamten fanden bald heraus, dass es sich beim unbekannten Anrufer um niemanden anderen als den eben erst aus dem römischen Gefängnis Rebibbia entlassenen Frauenmörder Raimondo Gaspa handelte. Aufgrund der Gefährlichkeit des verurteilten Gewaltverbrechers griffen die Carabinieri sofort zu und nahmen den 52-Jährigen in Gewahrsam. Nach einem ersten Verhör wurde Raimondo Gaspa ins Gefängnis Regina Coeli von Rom überstellt.
Laut dem römischen Voruntersuchungsrichter, der die Anordnung der Untersuchungshaft unterzeichnet hat, „scheint der Mann von einem unaufhaltsamen kriminellen Drang getrieben worden zu sein, der ihn dazu gebracht hat, wenige Stunden nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, wo er wegen vorsätzlichen Mordes an einer Frau eine Haftstrafe von 22 Jahren verbüßt hatte, erneut schwerwiegende rechtswidrige Handlungen zu begehen, die deutliche Zeichen einer Wiederholung zeigen“.
Der Fall des „rückfällig“ gewordenen Gewaltverbrechers löste in der italienischen Öffentlichkeit eine heftige Diskussion aus. Viele Italiener vertreten die Meinung, dass für Straftäter wie Raimondo Gaspa nach der Verbüßung der langjährigen Gefängnisstrafe in jedem Fall eine lebenslängliche Sicherungsverwahrung vorgesehen werden solle. Die Gefahr, die von dieser Tätergruppe ausgeht – so diese Stimmen – ließe es nicht zu, sie ohne Einschränkungen in die Freiheit zu entlassen.