Schadenersatz von einer Million Euro gefordert

Kostete Fehldiagnose Jessica Foscarin[31] das Leben?

Mittwoch, 01. November 2023 | 08:39 Uhr

Von: ka

Mirano/Campagna Lupia – Jessica Foscarin kämpfte bis zuletzt gegen den Tod, starb aber am 13. Juli 2022 im Alter von nur 31 Jahren im Krankenhaus von Mirano bei Venedig an den Folgen eines Melanoms. Der Frau aus Campagna Lupia, die eigentlich in einem Jahr heiraten wollte, hatte sich vor etwas mehr als zehn Jahren von ihrer Brust einen Nävus entfernen lassen, den ihr Arzt für verdächtig gehalten hatte, der aber bei der nach dem Eingriff erfolgten histologischen Untersuchung als gutartig eingestuft worden war.

Als im Jahr 2020 bei derselben Brust an derselben Stelle erneut ein verdächtiger Knoten entdeckt wurde, erinnerte sich zunächst niemand an den angeblich gutartigen Nävus, der der 31-Jährigen operativ entfernt worden war. Die folgenden Labortests ergaben, dass es sich beim Knoten um einen bösartigen Tumor mit Metastasen handelte. Nach ihrem Tod erhebt die Familie schwere Vorwürfe. Laut ihren Angehörigen und ihrem Lebenspartner wäre die Bösartigkeit des Tumors nicht erkannt und Jessica Foscarin daher nicht ausreichend behandelt worden.

Aufgrund dieser schweren Anschuldigungen leitete die Staatsanwaltschaft Venedig eine strafrechtliche Untersuchung ein. Zugleich wird sich im kommenden März ein Gericht mit der Schadenersatzforderung befassen, die von der Familie gegen die Sanitätseinheit Ulss 3 der Region Venetien eingereicht wurde. Im Raum steht ein geforderter Schadenersatz von nicht weniger als einer Million Euro. Die Klage bezieht sich auf die Diagnose nach der Entfernung des Nävus.

Facebook/Jessica Foscarin

Der Nävus war der damals erst 19 Jahre alten Frau im Jahr 2010 entfernt worden. Die histologische Untersuchung, die im Labor des Krankenhauses von Mestre durchgeführt worden war, um die Art des entfernten Hautgewebes festzustellen, hatte ein negatives Ergebnis erbracht, woraufhin der Nävus als gutartig eingestuft worden war. Aufgrund dieser Diagnose war der jungen Frau nur eine normale Behandlung verschrieben und der Eingriff als Routineoperation zu den Akten gelegt worden.

Fast genau zehn Jahre später wurde ein suspekter Knoten entdeckt. Laut der vorgenommenen Biopsie handelte es sich um einen metastasierenden Tumor, um ein Melanom. Als im Rahmen der Suche nach der Ursache des Tumors die Krankenakte der inzwischen 29-jährigen Frau durchforscht wurde, kam heraus, dass Jessica Foscarin an derselben Stelle ein angeblich gutartiger Nävus entfernt worden war. Daraufhin wurde das in Paraffin konservierte Gewebe aus dem Archiv geholt und der Objektträger erneut untersucht. Nach der erneuten Untersuchung des vor zehn Jahren entnommenen Gewebes wurde die Diagnose von gutartig in bösartig abgeändert.

Daraufhin begann Jessica Foscarin mit einer Chemotherapie. Aber es war bereits zu spät. Im Alter von nur 31 Jahren verlor die junge Frau ihren verzweifelten Kampf gegen die Tumorerkrankung. Laut Ansicht ihrer Angehörigen starb Jessica aufgrund der unterlassenen Diagnose eines Melanoms, das im histologischen Befund fälschlicherweise mit einem gutartigen Nävus verwechselt worden war. Als die Diagnose berichtigt wurde, war es für eine erfolgreiche Behandlung bereits zu spät.

Die Angehörigen und der Lebensgefährte der 31-Jährigen fordern für den erlittenen materiellen und immateriellen Schaden eine Entschädigung. Aus dem Sachverständigengutachten, das vom Gericht angefordert wurde, geht unter anderem hervor, dass sich Jessica Foscarin in ihrem letzten Lebensabschnitt wiederholt einer Chemotherapie unterzogen hatte und sich den geringen Heilungschancen durchaus bewusst gewesen war.

Nach Ansicht der Anwälte der Angehörigen habe das vom Richter angeordnete Gutachten den Irrtum des Pathologen aufgedeckt. Die von der Sanitätseinheit Ulss 3, zu der das Krankenhaus von Mestre gehört, beauftragten Ärzte hingegen gelangten bezüglich des angeblichen Diagnosefehlers zu gegenteiligen Schlussfolgerungen. „In Bezug auf die durchgeführten Analysen und Behandlungen belegt das Ergebnis des Gerichtsgutachtens nicht die eindeutige Verantwortlichkeit der beteiligten Krankenhäuser, sondern unterstreicht in Anbetracht des klinischen Falls vielmehr die besondere Schwierigkeit der Diagnose“, so die Sanitätseinheit Ulss 3 in ihrer Stellungnahme.

Es wird nun Sache des Gerichts von Venedig sein, die Stichhaltigkeit der Anschuldigungen festzustellen. Die erste Anhörung wird im kommenden März stattfinden. Bevor sich ihr Gesundheitszustand weiter verschlechterte, hatte die unglückliche Frau geplant, ihren Lebensgefährten zu heiraten. Dazu kam es leider nicht mehr. Um zu verhindern, dass anderen Patienten eine ähnliche Tragödie widerfährt, fordert die Familie Gerechtigkeit für Jessica Foscarin.