Von: Ivd
Rom – Über Generationen hinweg war der Fiat das favorisierte Vehikel von zahlreichen Italienerinnen und Italienern. Erstmals seit den 60er-Jahren ist nicht mehr die italienische Kultmarke auf Platz eins der Neuzulassungen in Italien (9.194 Neuzulassungen im Oktober 2024), sondern die Hersteller Volkswagen (10.928) und Toyota (10.630). Ein drastischer Rückgang, wenn man bedenkt, dass Fiat im Vorjahr noch fast doppelt so viele Fahrzeuge wie die Konkurrenz verkauft hat.
Ist das noch Italien? Diese Frage könnte man sich in Zukunft wohl öfter stellen, wenn man wieder mal unwissend über seinen Standort an einer Straßenecke ausgesetzt wird. Während man früher Italien noch zuverlässig an der überwältigenden Anzahl an Fiats, allem voran den Klassikern 500 und Panda, erkennen konnte, wächst die Anzahl an Fahrzeugen von insbesondere zwei Herstellern: Toyota und Volkswagen.
Im vergangenen Monat haben die Anzahl an Neuzulassungen der beiden Hersteller bereits zum dritten Mal in Folge die Neuzulassungen von Fiat überholt. War es das mit dem italienischen Kulturgut im eigenen Land? Vorerst liegt Fiat mit einer Anzahl von bisher 128.875 Neuzulassungen im Jahr 2024 noch vorne, doch Toyota (102.480) und Volkswagen (100.307) sind den Italienern dicht auf den Fersen. Ein endgültiger Führungswechsel könnte Fiat dann im kommenden Jahr bevorstehen. Welche Rolle der angeschlagene VW-Konzern dabei spielt, bleibt abzuwarten.
Geht die italienische Erfolgsgeschichte nun zu Ende?
Fiat galt in Italien seit den 1960er-Jahren unangefochten als die führende Automarke und war über Jahrzehnte hinweg die klare Nummer eins bei Neuzulassungen. Diese Stellung verdankte Fiat insbesondere der engen Verbindung zur italienischen Kultur und dem speziellen Design seiner Fahrzeuge, das auf die Bedürfnisse und die Infrastruktur des Landes zugeschnitten war: Kleine, schmale Autos für die engen Gassen italienischer Altstädte.
Für diesen Trend ist Volkswagen der genaue Gegenentwurf, denn die jüngsten Erfolge in Italien sind vor allem auf die SUVs T-Roc, T-Cross und Tiguan zurückzuführen. Auch wenn der Autohersteller zum Vorjahresvergleich 2,56 Prozent ins Minus rutschte und derzeit in Deutschland in einer tiefen Krise steckt, konnte der Konzern seine Führung in Italien weiter ausbauen. Das hängt wohl mehr mit Fiats Verlust von 13,9 Prozent zum Vorjahresvergleich zusammen als mit dem überragenden Erfolg von Volkswagen.
Toyotas Stärke ist hingegen Fiats größte Schwäche: dessen Hybridpalette. Toyota zählt zu den Vorreitern von Plug-in-Hybriden und ist deshalb bei einem weiter fortgeschrittenen Entwicklungsstand, während Fiat erst später auf den rollenden Zug aufgesprungen ist und deshalb derzeitig in einem strukturellen Umschwung steckt. Neue Modelle wie der Fiat 600 und der künftige Fiat 500 Torino (beides Hybriden) sind noch nicht vollständig auf dem Markt angekommen. Der klassische Fiat 500 ist inzwischen vergriffen, und auch die Nachfrage nach Modellen wie dem 500X und Tipo, die sich seit fast zehn Jahren kaum weiterentwickelt haben, sinkt.
Stimmungswechsel auf dem italienischen Automarkt
Für Fiat steht viel auf dem Spiel, denn die Konkurrenz zeigt, wie sehr sich die Wünsche italienischer Autofahrer gewandelt haben. Für sie stehen Faktoren wie Funktionalität und der Preis wohl aktuell höher im Kurs als die Zugehörigkeit zur italienischen Kultur und das klassische Design.
Ob Fiat seine einstige Vormachtstellung zurückgewinnen kann oder ob der Wandel langfristig ist, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Klar ist jedoch: Der Automarkt in Italien und dem Rest der Welt durchläuft aktuell einen Wandel, der nicht nur Fiat zum Umdenken zwingt.