Von: ka
Rom/Chioggia – Eine Oberschullehrerin, die nicht „nur“ nur 20 von 24 Jahren abwesend war, sondern deren Unterrichtsmethoden laut dem Urteil der Inspektoren des römischen Unterrichtsministeriums auch durch mangelnde Vorbereitung, Oberflächlichkeit und willkürlicher Notenvergabe gekennzeichnet waren, konnte nach einem jahrelangen Rechtsstreit endgültig entlassen werden.
Die Richter des römischen Kassationsgerichtshofs bestätigten, dass ihre Entlassung aus dem Schuldienst rechtmäßig war. Laut den Höchstrichtern seien ihre Entfernung vom Lehramt nicht nur auf die lange Abwesenheit, sondern auch auf ihre Lehrmethoden, die vom Ministerium als „mit dem Unterricht unvereinbar“ bezeichnet wurden, zurückzuführen. In ihrem Urteil sprachen sie von einer „ständigen und völligen Untauglichkeit“. Den Richtern zufolge bedeute die Freiheit des Unterrichts, auf die sich die Lehrerin berufen hatte, nicht das Fehlen von Methode und Organisation“.
Die Geschichte begann im März des Jahres 2013, als auf Antrag des Schuldirektors drei Inspektoren des römischen Unterrichtsministeriums einem Gymnasium in Chioggia bei Venedig einen Besuch abstatteten, um die Unterrichtsmethoden einer Geschichte- und Philosophielehrerin zu bewerten.
Das Urteil, das die drei Inspektoren fällten, war verheerend. Neben „eines Fehlens tragfähiger Kriterien bei der Notengebung, mangelnder Klarheit bei den Erklärungen, Improvisation, sklavischer Lektüre aus dem von einem Schüler ausgeliehenen Lehrbuch, völliger Abwesenheit eines logischen Fadens in der Unterrichtsabfolge“ bemängelten die Inspektoren, dass ihre Art der Organisation und ihre Vorbereitung auf die Prüfungs- und Schularbeiten sehr schlecht seien.
Weitergehende Untersuchungen ergaben, dass die Frau jedes Jahr als Lehrerin an der Schule in Chioggia eingesetzt worden war, weil sie die Frau eines in der Gegend tätigen Offiziers der Finanzwache war. Bei der dreitägigen Inspektion des Bildungsministeriums, die vom Schulleiter veranlasst worden war, wurden eine ganze Reihe weiterer Probleme festgestellt. Zur „schlechten Betreuung des Unterrichts“ kam hinzu, dass die Frau „ständig ihr Mobiltelefon benutzte und den Fragen der Oberschüler zu wenig Aufmerksamkeit schenkte“. Aus dem Bericht des Ministeriums geht auch hervor, dass die Lehrerin „das Lehrbuch für die von ihr unterrichteten Fächer nicht bei sich hatte“. Daher lieh sie es sich oft „vorübergehend von einem Schüler aus und las daraus vor“. Nach der ministeriellen Inspektion wurde die Frau aus dem Schuldienst entlassen.
Die Geschichte- und Philosophielehrerin focht diese Entscheidung aber an und zog vor Gericht. Im Jahr 2018 entschied ein Gericht in erster Instanz zugunsten der Frau und erklärte den Entlassungsbeschluss für unrechtmäßig. Drei Jahre später, im Jahr 2021, hob das Berufungsgericht von Venedig dieses Urteil wieder auf. Letzte Woche erging dann das entscheidende Urteil des Obersten Gerichtshofs, das die Rechtmäßigkeit ihrer Entlassung bestätigte.
Während des gesamten Gerichtsverfahrens hatte sich die Frau auf die „Freiheit der Lehre“ berufen, aber dies entpuppte sich als Strategie, die die Richter des römischen Kassationsgerichts wenig überzeugen konnte. „Mit Unterrichtsfreiheit im schulischen Umfeld ist eine Unterrichtsautonomie gemeint, die auf die volle Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler, die ein echtes Recht auf Bildung haben, gerichtet ist und zweckmäßig sein soll“, schreiben die Höchstrichter in ihrem Urteil. Unterrichtsfreiheit, so die Richter, bedeute nicht, dass die Lehrkraft keine Unterrichtsmethodik anwenden könne oder den Unterricht nicht organisieren und strukturieren dürfe.
Nach einem zehn Jahre dauernden Rechtsstreit kann die Entlassung der Lehrerin somit mit endgültiger Wirkung erfolgen. Angesichts der vielen dokumentierten Verfehlungen der Lehrerin versetze die italienische Öffentlichkeit weniger die erfolgte Entlassung, sondern vielmehr der jahrelange Rechtsstreit ins Staunen. Trotz „ständiger und völliger Untauglichkeit“ nahm der Streit um die Entlassung vom Schuldienst zehn Jahre in Anspruch.