Von: ka
Forlì/Ancona – Nach jahrelangen Ermittlungen zerschlug am Mittwoch die Polizei eine sektenartige Gemeinschaft, welche im Umfeld der sogenannten makrobiotischen Ernährung ihr Unwesen trieb. Die Mitglieder der Sekte – in den meisten Fällen handelte es sich um junge Frauen – wurden gezwungen, sich einer strengen Diät, die in einigen Fällen auch lebensgefährliche Ausmaße annahm, zu unterziehen.
Im Rahmen der Polizeiaktion wurde gegen insgesamt fünf Personen ein Verfahren eröffnet. Der prominenteste Name und – so die Ansicht der Staatsanwaltschaft – Kopf sowie „Meister und Hohepriester“ der Sekte soll der bekannte Unternehmer Mario Pianesi gewesen sein. Laut ersten Ermittlungserkenntnissen soll er seine Opfer davon überzeugt haben, dass seine Diät sonst unheilbare Krankheiten heilen könne. Über die strenge Diät soll es Pianesi gelungen sein, Macht über die Sektenmitglieder zu gewinnen, sie von der Außenwelt abzuschneiden und sie in schwere Abhängigkeit zu treiben. Zuletzt sei Mario Pianesi, dessen der makrobiotischen Ernährung verpflichtetes Lebensmittelunternehmen über 100 Restaurants und Einzelhandelsläden betreibt, sogar dazu imstande gewesen, von seinen Opfern Geld erpressen.
Den fünf Beschuldigten werden mehrere schwere Straftaten zur Last gelegt. Die Anschuldigungen reichen von Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke der Versklavung ihrer Opfer über Misshandlung bis zu schwerer Körperverletzung und Steuerhinterziehung.
Eine der jungen Frauen, die beim Eintritt in die Sekte ein normales Körpergewicht besessen hatte, wog infolge der ihr auferlegten strengen „Ma.Pi.-Diät“ zuletzt nur mehr 35 Kilogramm.
Die Anzeige einer jungen Frau brachten 2013 die Ermittlungen ins Rollen. Die Frau erzählte damals der Polizei, dass sie an die wundersamen Heilungserfolge, die ihr Pianesi versprochen hätte, geglaubt habe. Dank der Kontrolle der Ernährung seiner Opfer – so die Erkenntnisse der Ämter für kriminalpolizeiliche Ermittlungen von Forlì und Ancona – sei es Pianesi gelungen, den ganzen Tagesablauf und das gesamte Leben der Sektenmitglieder zu kontrollieren. Zuletzt soll er von seinen Opfern, bei denen es sich meist um junge, psychisch labile und nicht selten aus dem Drogenmilieu stammende Frauen handelte, sogar Geldgeschenke verlangt haben. Den fünf ins Ermittlungsregister eingetragenen Beschuldigten, unter denen sich auch die Ehefrau von Mario Pianesi befindet, werden auch mehrere Straftaten finanzieller Natur zur Last gelegt. Unter anderem geht es dabei um die Hinterziehung von Hunderttausenden von Euro.
Das kriminelle Netzwerk, an dessen Spitze Pianesi gestanden haben soll, verfügte über Verzweigungen in ganz Italien. Laut Ansicht der Ermittler sei es Aufgabe der lokalen Chefs der Organisation gewesen, potenzielle neue Opfer zu finden und sie in die ernährungsbezogene „Heilslehre“, welche ihren Mitgliedern körperliche und psychische Genesung sowie eine „Reinigung des Karma“ versprach, einzuweihen. Bisher wurden erst fünf Opfer gefunden, aber diese Anzahl könnte sich bald erhöhen. Polizei und Staatsanwaltschaft hoffen, dass nach der Zerschlagung der Sekte sich nun weitere Opfer melden.
Dank Polizei und Staatsanwaltschaft konnte die „Makrobiotische Sekte“ zerschlagen und für die Opfer ein Albtraum beendet werden. Wie lange es aber dauern wird, bis sie über das Erlebte hinwegkommen, steht leider auf einem ganz anderen Blatt.