Von: ka
Treviso – Es ist keine Neuigkeit, dass ältere Menschen nicht selten Opfer von Betrügern werden. Neu hingegen ist, dass sich Kriminelle der Künstlichen Intelligenz bedienen, um altbekannten Betrugsmethoden wie etwa der Masche mit dem „vorgetäuschten Unfall“ noch mehr „Glaubwürdigkeit“ zu verleihen.
Indem er eine Software benutzte, die in der Lage ist, den Tonfall und das Klangmuster der Stimme ihrer Tochter perfekt zu imitieren, gelang es einem Betrüger, sich von einer 84 Jahre alten Frau 30.000 Euro in bar sowie Schmuck aushändigen zu lassen. Dank eines glücklichen Zufalls und des schnellen Einsatzes der Carabinieri konnte dem 55-jährigen Kriminellen das Handwerk gelegt werden, aber Experten schätzen, dass die Dunkelziffer der Opfer, die aus Scham keine Anzeige erstatten, enorm ist.
Die Stimme am Telefon klang genauso wie die ihrer Tochter. „Mama, hilf mir, mein Mann hatte einen Unfall! Er hat eine Mutter und einen fünfjährigen Jungen überfahren“, schrie ihre vermeintliche „Tochter“ in den Hörer. Die 84 Jahre alte Luciana Gaiotto aus Treviso hätte nie gedacht, dass sie auf so eine Masche hereinfallen würde, aber da am Ende doch die Angst siegte, folgte sie genau den Anweisungen eines Mannes, der nach der tränenreichen Stimme der „Tochter“ das Gespräch übernahm. Bereitwillig ließ sie sich dazu überreden, einem Unbekannten, der sich ihr gegenüber als Anwalt ausgab, 30.000 Euro in bar und mehrere Stücke Goldschmuck auszuhändigen.
Erst als sie später ihre Enkelkinder von der Schule abholte und ihre Tochter aus dem Fenster schauen sah, wurde ihr bewusst, dass sie Opfer eines Betrugs geworden war.
Die Masche des „vorgetäuschten Unfalls“ ist altbekannt, aber die Benutzung Künstlicher Intelligenz haucht dieser seit Jahrzehnten verwendeten Betrugsmethode im wahrsten Sinne des Wortes neues Leben ein. Eine eigene Software, die sich Künstlicher Intelligenz bedient, ermöglicht es Kriminellen, die Stimmer von nahen Verwandten ihrer Opfer perfekt zu imitieren.
Dieser auch Privatpersonen zugänglichen Software, das mit jeder neuen Aufnahme „dazulernt“, reichen wenige Sekunden lange Tonaufnahmen aus, um den Tonfall und das Klangmuster einer Stimme zu erkennen und aus den gesammelten Daten eine täuschend echt wirkende „Fake-Stimme“ nachzubilden.
Sich die benötigte „Probeaufnahme“ zu verschaffen, ist nicht schwer. Wenn sich nach der Durchforstung der sozialen Netzwerke keine Videos oder Tonaufnahmen finden, bedienen sie sich eines fingierten Telefonverkaufsgesprächs, das sie einfach aufnehmen.
Meistens können die Kriminellen mit der Beute rechtzeitig das Weite zu suchen, aber im Fall der 84-jährigen Dame aus Treviso waren die Gesetzeshüter schneller. Dank sorgfältiger Ermittlungen gelang es den Carabinieri, als mutmaßlichen Täter einen 55-jährigen Mann aus Neapel festzunehmen.
Mithilfe der Auswertung der Bilder mehrerer Überwachungskameras, einiger Zeugenaussagen sowie der Rückverfolgung mehrerer Telefongespräche fanden die Ermittler heraus, dass der 55-Jährige, der mit einem Mietwagen unterwegs war, als „Stützpunkt“ für seine Raubzüge eine Wohnung in Mira bei Venedig nutzte. Zudem entdeckten sie, dass er mit derselben Masche nach seinem ersten Opfer auch eine 93-jährige Frau aus Zero Branco um 200 Euro und einige Schmuckstücke betrogen hatte.
Als die Carabinieri im Rahmen seiner Festnahme seine Wohnung in Mira durchsuchten, stellten sie einen wahren Schatz sicher. Neben Bargeld im Wert von 40.000 Euro entdeckten die Carabinieribeamten mehrere Schmuckstücke. Vermutlich wollte es ein glücklicher Zufall, dass die Carabinieri gerade noch rechtzeitig zur Stelle waren. Da er Angst gehabt hätte, mit so viel Geld unbemerkt in ein Flugzeug zu steigen und zu entkommen, wäre er ein paar Tage länger als ursprünglich geplant in Mira geblieben, was den Ermittlern die nötige Zeit verschafft hätte, ihn zu verhaften.
„Ich schämte mich sehr, ich fühlte mich betrogen und gedemütigt“, so Luciana Gaiotto gegenüber dem Corriere del Veneto. Doch ihre Leidensgeschichte enthält eine wichtige Botschaft. „Erstattet immer Anzeige, auch wenn ihr euch schämt“, betont die 84-Jährige. Dank ihrer Anzeige und der minutiösen Ermittlungsarbeit der Carabinieri konnten die Bargeldsummen und alle gestohlenen Schmuckstücke ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben werden.
Experten schätzen jedoch, dass die Dunkelziffer der Geschädigten, die aus Scham keine Anzeige erstatten, enorm ist.
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