„Gesundheitspass“ entzweit, Dänemark und Israel preschen vor

Mehr Freiheiten für Geimpfte?

Dienstag, 12. Januar 2021 | 07:04 Uhr

Von: ka

Rom – Die im europäischen Vergleich recht gut anlaufende italienische Corona-Impfkampagne erfreut die zuständigen Behörden. Allerdings sorgt die relativ hohe Anzahl von Impfverweigerern unter den Angestellten der Krankenhäuser und Altenpflegeheime – in manchen Fällen lehnt von einem Viertel bis zur Hälfte der Angestellten eines Betriebes die Impfung ab – für erhebliches Stirnrunzeln. Sollte sich dieser Trend in der allgemeinen Bevölkerung fortsetzen – so die Befürchtung –, könnte das für den Herbst geplante Erreichen der Herdenimmunität weiter in die Ferne rücken.

APA/dpa/Sebastian Gollnow

Um diese „Impfskepsis“ einzubremsen, die Geimpften zu belohnen und mehr oder weniger sanften Druck auf die Verweigerer auszuüben, fangen einige Politiker an, über eine Art „Gesundheitspass“, der Geimpften gegenüber Nichtgeimpften größere Rechte und Freiheiten einräumt, nachzudenken. Der nie um deutliche Worte verlegene Präsident der süditalienischen Region Kampanien, Vincenzo De Luca, stellte auf seiner Facebook-Seite seine Idee eines „Gesundheitspasses“ vor.

YouTube/Vincenzo De Luca

„Nach der zweiten Verabreichung werden wir den Bürgern, die sich impfen lassen werden, eine Karte mit einem Chip aushändigen. Wozu wird diese nützlich sein? Wir wünschen, dass in einigen Monaten mit der Sicherheit, dass sie geimpft sind, die Bürger Kampaniens die Karte vorzeigen können, um beispielsweise ins Restaurant oder ins Kino zu gehen. Wir hoffen, dass dies für die Bürger ein Anreiz sein wird, sich impfen zu lassen“, so Vincenzo De Luca während einer Direktübertragung auf Facebook.

YouTube/Vincenzo De Luca

Noch befinden sich jene Stimmen, die für Geimpfte größere Freiheiten fordern, in der römischen Regierung in der Minderheit. Die vom außerordentlichen Kommissar für die Koordinierung der Maßnahmen gegen die Covid-19-Notlage, Domenico Arcuri, versprochene App wird nur dazu dienen, den Fortgang der Impfkampagne zu verfolgen und die Geimpften an die zweite Verabreichung zu erinnern. Sollte in den Frühjahrsmonaten trotz der immer größeren Verfügbarkeit von Impfdosen die Impfkampagne aber ins Stocken geraten, könnte die Regierung eine härtere Gangart einschlagen. An bereits vorhandenen Beispielen fehlt es nicht.

ANSA/LUCA ZENNARO

Dänemark wird ab Ende dieses Monats einen „digitalen Gesundheitspass“ einführen. Wie der dänische Gesundheitsminister Magnus Heunicke mitteilte, soll es sich dabei um ein Register handeln, in das alle gegen das Coronavirus Geimpften aufgenommen werden. Dieses Register der Geimpften soll den dänischen Bürgern die Möglichkeit geben, sich von der Internetseite der öffentlichen Gesundheitsfürsorge ein persönliches digitales Dokument, das die erfolgte Impfung bestätigt, herunterzuladen. Dieses Dokument kann dann bei verschiedenen Gelegenheiten – unter anderem bei Reisen in Staaten, die eine Impfbestätigung verlangen – vorgelegt werden. Bis jetzt ist noch nicht klar, ob dieses Dokument auch als Smartphoneapp zur Verfügung stehen wird.

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Inzwischen üben auch die Fluggesellschaften Druck für die Einführung eines digitalen „Impfpasses“ aus. Die australische Fluggesellschaft Quantas ließ bereits im letzten November wissen, dass sie in Zukunft vor dem Boarding den Corona-Impfstatus aller Passagiere überprüfen wird.

Am weitesten sind die Pläne eines „Gesundheitspasses“ beim Klassenprimus Israel gediehen. Israel, in dem bereits mehr als ein Fünftel der Bevölkerung gegen das Coronavirus geimpft sind, wird jedem Geimpften eine Woche nach der zweiten Verabreichung eine Art „gesundheitliche Green Card“ ausstellen. Laut Berichten israelischer Medien wird die Karte eine Gültigkeit von einem halben Jahr besitzen und seinem – natürlich geimpften – Inhaber freien Zugang zu Theatern, Kinos, Museen, Fitnessstudios und großen Sport- und Musikveranstaltungen gewähren. Zudem brauchen sich Karteninhaber, die von einer Auslandsreise zurückkehren, nicht der vorgeschriebenen Quarantäne unterziehen.

ANSA/GIUSEPPE LAMI

Die israelische Regierung, die den Plan verfolgt, bis Ende März alle Bürger des Landes zu impfen, will dieses Vorhaben aber nicht als „Freifahrtschein“ verstanden wissen. Auch die Geimpften werden an die Maskenpflicht und an die soziale Distanzierung gebunden sein. Um soziale Konflikte so weit als möglich auszuschließen, wird die „Green Card“ für den Zugang zu den Schulen, zu den Arbeitsplätzen, zu den Geschäften oder zu den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht notwendig sein.

Laut Beobachtern zeigen diese Beispiele, dass die gesetzliche Impfpflicht zwar vom Tisch ist, aber dass gerade der Wunsch der Menschen, zum gewohnten Leben zurückzukehren, dem Gesetzgeber viele Möglichkeiten bietet, der Corona-Impfkampagne zu mehr Durchschlagskraft zu verhelfen.