Familienbetrieb findet keine Mitarbeiter, 1.500 Euro zu wenig?

“Mein Vater ist gezwungen, mit 76 wieder zu arbeiten”

Dienstag, 15. Oktober 2024 | 08:05 Uhr

Von: ka

Motta di Livenza – Dass es nicht an Betrieben und Aufträgen, sondern an “Händen” fehlt, zeigt einmal mehr das Beispiel des kleinen Familienunternehmens Affilatura Mottense in Motta di Livenza bei Treviso, das auf die Herstellung von Holzverarbeitungsmaschinen spezialisiert ist. Da die Auftragslage gut ist, sucht die Affilatura Mottense, die neben den Mitgliedern der Gründerfamilie nur sechs Mitarbeiter zählt, händeringend nach neuen Mitarbeitern. Trotz ansprechender Arbeitszeiten und eines guten Anfangsgehalts findet sich jedoch niemand, der länger als ein paar Wochen “durchhält”. Um keine Aufträge zu verlieren, kehrte der Seniorchef, der bereits in den Ruhestand getreten war, wieder in die Werkshalle zurück. “Mein Vater ist gezwungen, mit 76 Jahren wieder zu arbeiten”, so der Sohn, der heute die Affilatura Mottense führt. “Meine Mutter ist auch wieder bei uns, sie kümmert sich um Verwaltungsaufgaben”, fügt er hinzu.

Die Affilatura Mottense, die erst heuer den 50. Jahrestag ihrer Gründung gefeiert hat, gehört zu den kleinen Familienunternehmen, die das Rückgrat der Wirtschaft Venetiens bilden. Der Betrieb, der auf das Schärfen beweglicher Teile von Werkzeugmaschinen sowie auf die Herstellung von Holzverarbeitungsmaschinen spezialisiert ist, kann nicht über fehlende Aufträge klagen. Was fehlt, sind jedoch genügend Mitarbeiter. Trotz ansprechender Arbeitszeiten und eines guten Anfangsgehalts findet sich niemand, der länger als ein paar Wochen “durchhält”.

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Um keine wertvollen Aufträge zu verlieren, sah sich der Seniorchef und Gründer des Familienbetriebs, der im fernen Jahr 1948 geborene Primo Valeri, gezwungen, aus dem verdienten Ruhestand wieder in die Werkshalle zurückzukehren. Aus dem gleichen Grund musste auch seine Frau Marinella ihren ruhigen Lebensabend an den Nagel hängen. Sie übernimmt seit ihrer Rückkehr Verwaltungsaufgaben.

“Da mein Vater wegen seines Alters nur noch die Auslieferungen erledigen kann, suchen wir seit anderthalb Jahren einen Mitarbeiter für die Produktion. Aber wir können niemanden finden. Die Berufsschulen erklären uns, dass die meisten ihrer Abgänger schon vergeben sind. Bei uns haben fünf neue Mitarbeiter angefangen, aber keiner von ihnen hat es geschafft, länger zu bleiben. Es gibt Leute, die einfach nicht für das Schleifen und Schärfen geschaffen sind, jedoch auch solche, die frei heraus ‘Das ist nichts für mich’ sagen und das Handtuch werfen”, berichtet der Juniorchef Marco Valeri.

Affilatura Mottense

“Es handelt sich nicht um einen besonders anspruchsvollen Beruf. Es geht vielmehr darum, dass man ein bisschen Engagement mitbringt und die Angst vor Fehlern, die ich bei mehreren jungen Leuten beobachtet habe, ablegt. Praktisch fangen alle bei null an. Nachdem sie mit den manuellen Tätigkeiten Sicherheit gewonnen haben, beginnen sie mit den CNC-Maschinen zu arbeiten”, beschreibt der Juniorchef die Arbeit in der Werkshalle.

In anderen Familienbetrieben sind es oft die Lohnbedingungen und die Arbeitszeiten, die selbst die Bereitwilligsten abschrecken, aber bei Affilatura Mottense scheint dies nicht der Fall zu sein. “Wir arbeiten an den Werktagen von 8.00 bis 12.00 und von 13.30 bis 17.30 Uhr, am Samstag, am Sonntag und an allen Feiertagen sind wir geschlossen. Wenn wir dringende Aufträge zu erfüllen haben, bitte ich meine Mitarbeiter, am Samstagvormittag zur Arbeit zu kommen. Was das Gehalt betrifft, so hat der letzte Mitarbeiter, der uns verlassen hat, 1.500 Euro im Monat verdient”, so Marco Valeri.

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Die Suche nach genügend Personal bereitet Kleinbetrieben wie Affilatura Mottense ständig Sorgen. Dabei stehen die jungen Leute, die aus den Berufsschulen kommen, besonders hoch im Kurs. “Die Berufsschulen bieten eine wertvolle Ausbildung, aber der richtige Beruf wird in den Betrieben erlernt. Deshalb glaube ich, dass sich Schulen und Unternehmen stärker vernetzen müssen”, meint der Juniorchef.

Nicht wenige Betriebe behelfen sich mit ausländischen Arbeitskräften. “Bei uns arbeitet bereits seit zehn Jahren ein junger Albaner. Wenn es einen Klon von ihm gäbe, würde ich alles tun, um ihn zu bekommen. Er hat über diesen Beruf nichts gewusst. Ich habe ihm alle Grundkenntnisse beigebracht, jetzt ist er für uns unverzichtbar”, freut sich Marco Valeri über seinen wertvollen Mitarbeiter.

Trotz des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds ist die Auftragslage gut. “Würde ein echter Aufschwung kommen, müsste ich mangels Arbeitskräfte wahrscheinlich auf einige Aufträge verzichten”, schließt Marco Valeri. Italiens Betrieben scheint es nicht an Arbeit, sondern an “Händen” zu fehlen.

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