Von: mk
Rom – Seit genau einem Jahr ist mit Giorgia Meloni erstmals eine Frau Ministerpräsidentin in Italien. Am 25. September 2022 hat sie mit Fratelli d’Italia die Parlamentswahlen gewonnen. Die rechte Politikerin gilt vor allem im Ausland als umstritten, gleichzeitig beweist sie Profil im Ukraine-Krieg, Durchsetzungsfähigkeit und politisches Gespür. Sie selbst zieht eine erste Bilanz, die unterschiedlich ausfällt. Trotzdem zeigte sich Meloni im Interview mit dem staatlichen Sender RAI1 zuversichtlich.
Im Augenblick sei Italien glaubwürdiger, stabiler und werde auf internationalem Parkett mehr gehört, erklärte die Ministerpräsidentin, die außerdem auf wirtschaftliches Wachstum und geringere Arbeitslosigkeit verwies. Sie hoffe, dass ihre Regierung fünf volle Jahre im Amt bleibt, um jene Reformen durchzuführen, die das Land benötige.
Die Opposition hat vor allem die Abschaffung des sogenannten Bürgergelds kritisiert. Doch Meloni zeigt sich davon unbeeindruckt: Man habe das Richtige getan und die eigenen Versprechen gehalten. „Diejenigen, die nicht arbeiten können, behalten die Unterstützung, diejenigen, die arbeiten können, haben das Recht auf Arbeit und Ausbildung“, so die Ministerpräsidentin. Auch über ein Mindesteinkommen zeigte sich Meloni skeptisch.
In Zusammenhang mit dem Superbonus verwies die Ministerpräsidentin auf die Zahlen: Es gebe ein Loch von 140 Milliarden Euro, die der Sanität, dem Bildungsbereich und den Renten genommen worden seien, „um Zweitwohnungen und Schlösser zu sanieren“.
Noch heuer sollen ihr zufolge erste Grundsteine einer Steuerreform gelegt werden. Außerdem stünden eine Verfassungs- und Justizreform.
Unter den eigenen Erwartungen ist die Regierung laut Meloni im Bereich der Migration geblieben. Im Wahlkampf hatte Fratelli d’Italia noch versprochen, der „Invasion aus Afrika“ Einhalt zu gebieten. Doch auch verschärfte Maßnahmen wie die Verlängerung der Schubhaft auf 18 Monate – das Maximum, das die EU erlaubt – haben bisher kaum genützt.
Mehr als 5.000 Menschen strandeten allerdings allein am Dienstag vergangener Woche auf der Insel Lampedusa zwischen Sizilien und Nordafrika. Schätzungen zufolge haben 130.000 Migranten bislang die italienische Küste über das Mittelmeer erreicht. Vor einem Jahr waren es nur halb so viele.
„Die Ergebnisse, sind nicht jene, die wir uns erhofft haben. Das Thema ist sehr komplex. Ich bin sicher, dass wir damit zurechtkommen, aber es benötigt eine zweite Phase“, erklärte Meloni im Interview. Die Mitterechts-Regierung will unter anderem mehr Abschiebezentren auch außerhalb der großen Städte errichten. Auch in Südtirol ist ein solches Zentrum geplant. Zudem verlangt Meloni mehr Unterstützung von der Europäischen Union.