Von: Ivd
Washington/Rom – Im Streit der EU und den USA um Donald Trumps Einfuhrzöllen in Höhe von 20 Prozent auf EU-Güter, die seit heute gelten, soll wieder einmal Giorgia Melonis gute Beziehung zu US-Präsident Trump die Stimmung richten. Am 17. April ist die Ministerpräsidentin zu Besuch in Washington. Bis zum Mitte Mai sollen Zölle nur vorsichtig und schrittweise in Kraft, doch die italienischen Handelsverbände machen Druck.
Im Januar war Meloni die einzige Regierungschefin der EU, die zur Amtseinführung von Donald Trump geladen war. Sie pflegt seit längerem gute Beziehung zu dem Republikaner und unterstrich kürzlich ihre ideologische Nähe zu ihm. Darum wird sie als wichtige Brückenbauerin in den Zollstreitigkeiten gehandelt. Bei einem Gespräch der beiden Regierungschefs am 17. April wird es daher vermutlich viel um Zölle gehen. Kritiker befürchten jedoch, dass Meloni aufgrund des Drucks der Handelsverbände einen eigenen bilateralen Deal rausschlagen könnte, der Italien besserstellt als den Rest der EU.
Krise des italienischen Handels droht
Gestern hatte Meloni Vertreter der wichtigsten italienischen Wirtschafts- und Handelsverbände zu einem Krisengespräch eingeladen. Die Furcht: Ein Handelskrieg könnte nicht nur die Exportwirtschaft gefährden, sondern vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen empfindlich treffen. Die Verbände forderten nicht nur eine stärkere Einbindung Europas in die Gespräche mit Washington, sondern auch ein kritisches Augenmerk auf das bestehende Handelsungleichgewicht US-amerikanischer Dienstleistungen im Digital- und Finanzsektor.
Seit heute gelten Zölle auf alle EU-Produkte, die in die USA importiert werden. Hinzu können 25 Prozent Einfuhrzölle auf Aluminium aus aller Welt, inklusive der EU. Ökonomen befürchten wegen der Handelsbeschränkungen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in der EU um ein Prozent. An den Börsen sieht es aktuell nicht viel rosiger aus: Kurseinbrüche und Panik bestimmen die Wertpapierentwicklungen weltweit.
Gegenmaßnahmen im Schneckentempo
Die EU hatte sich kürzlich darauf geeinigt, vorsichtig mit Gegenmaßnahmen gegen Trumps Zölle umzugehen. Man wartet ab und möchte schauen, ob sich durch die starken Kursschwankungen zum Ende des Monats etwas an Trumps Verhandlungsposition verändert hat. Heute hat die EU jedoch erste Zölle zwischen 10 und 25 besprochen auf unter anderem Jeans und Motorräder beschlossen, die ab nächster Woche in Kraft treten sollen. Ab Mitte Mai und erneut zum Jahresende will die EU weitere Strafzölle einführen. Betroffen sind dann auch Agrarprodukte wie Fleisch und Zitrusfrüchte. Anfang Dezember sollen zusätzlich Importabgaben auf Nüsse und Sojabohnen folgen.
Möglich wären Zölle auf Dienstleistungen, insbesondere großer Tech-Player wie Google, Meta, die in der EU bislang große Gewinne verbuchen und nur geringe Steuern abführen. Auch wären Exportzölle auf alle Güter möglich, die Trump von seinen Importzöllen ausgenommen hat – etwa 30 Prozent – wie Medikamente. Der Fall von China zeigt jedoch, wie empfindlich Donald Tump auf Gegenmaßnahmen reagieren kann: 104 statt 54 Prozent müssen US-Firmen für die Einfuhr chinesischer Gütern ab sofort mehr bezahlen.
Absatzmarkt in Gefahr
Für Italien steht viel auf dem Spiel: Die Vereinigten Staaten sind nach Deutschland der zweitgrößte Exportmarkt für „Made in Italy“. Eine Belastung wäre für die italienische Wirtschaft daher schwerwiegend. Ob Meloni bei ihrem Besuch in Washington Bewegung in die festgefahrene Lage bringen kann, bleibt abzuwarten.
Aktuell sind 21 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen