Von: ka
Faenza – Der Fall des mysteriösen Mordes an der 46-jährigen Ilenia Fabbri scheint aufgeklärt. In der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch klickten für den ehemaligen Ehemann des Opfers, den 53-jährigen Claudio Nanni, sowie für seinen vorbestraften Bekannten, den ebenfalls 53-jährigen Pierluigi Barbieri, die Handschellen.
Aus Sicht der Ermittler der Polizei gilt es als bewiesen, dass Claudio Nanni seinen als Schläger bekannten „Freund“ beauftragt hatte, Ilenia Fabbri aus dem Weg zu räumen. Als Motiv für die Tat wird ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht von Ravenna angenommen. Da Claudio Nanni seiner Ex-Frau angeblich Gehälter und Sozialbeiträge in Höhe von fast 100.000 Euro nie bezahlt hatte, hatte Ilenia Fabbri den Rechtsweg beschritten.
Verschiedene Indizien und die Tatsache, dass der Mörder keine Spuren hinterlassen hatte, aber ganz besonders die Zeugenaussage der Freundin der Tochter des Opfers, die an diesem fatalen Samstagmorgen zusammen mit der 46-Jährigen im Haus zurückgeblieben war und den Mörder kurz gesehen hatte, ließen die Ermittler bald zum Schluss kommen, dass Ilenia Fabbri Opfer eines brutalen Auftragsmordes geworden war. Da der Mörder viele Fehler begangen hatte – das Opfer war dem Täter kurz entkommen und hatte noch laut um Hilfe rufen können – wiesen die Fahnder der Polizei darauf hin, dass es sich beim Mörder um keinen Profikiller gehandelt hatte.
Aufgrund des schwierigen, noch nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahrens geriet der Ex-Mann schnell ins Visier der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft von Ravenna und die Fahnder gingen bald davon aus, dass der Auftragsmord vom Ex-Mann in Auftrag gegeben worden war.
Dank einer minutiösen Ermittlungsarbeit gelang es den Ermittlern in den Wochen nach dem Mord eine erdrückende Beweislast zu sammeln. Am Beginn standen Zeugenaussagen, nach denen Claudio Nanni seine Ex-Frau mehrmals mit dem Tod gedroht und ihr angekündigt hatte, dass „er ihr jemanden schicken werde“. Zudem fanden die Ermittler jene Eisenhandlung, die für Claudio Nanni vor einigen Monaten einen Zweitschlüssel – vermutlich für die Eingangstüre der Garage, die der Weg gewesen war, den der Mörder benutzt hatte – angefertigt hatte.
Mithilfe der Auswertung der vom Smartphone von Claudio Nanni „angedockten“ Mobilfunkmasten konnten die Fahnder die Kontaktaufnahme des Ex-Mannes mit dem mutmaßlichen Mörder, den 53-jährigen Pierluigi Barbieri, rekonstruieren. Claudio Nanni und der in Rubiera bei Reggio Emilia wohnhafte Pierluigi Barbieri hatten sich schon vor Jahren aufgrund der gemeinsamen Passion für das Motorradfahren kennengelernt. Pierluigi Barbieri ist ein bekanntes Gesicht der lokalen Kriminellenszene. Der 53-jährige wegen Gewaltdelikten mehrfach vorbestrafte Mann besitzt den Ruf eines brutalen Schlägers und Krediteintreibers. Der Verbrecher, der unter anderem auch einem Behinderten die Finger gebrochen hatte, hatte zwischen Mai und August des letzten Jahres mehrere Monate im Gefängnis gebracht.
Den Ermittlern zufolge hatten sich Claudio Nanni und Pierluigi Barbieri vor dem Mord nachweislich mehrere Male getroffen. Am 19. Januar – also drei Wochen vor dem Mord – hatte das Smartphone von Claudio Nanni am Sendemasten in Rubiera in der Nähe der Wohnung des Vorbestraften angedockt. Am 20. und am 29. Januar hingegen war das Kennzeichen des Fahrzeugs von Pierluigi Barbieri vom Kennzeichenlesesystem der Gemeinde von Faenza erfasst worden. Die Überwachungskamera der Tankstelle in der Nähe der Autowerkstatt von Claudio Nanni hatte sogar das Treffen zwischen den beiden Männern auf Video gebannt. In den frühen Morgenstunden des 6. Februar – des Tages der Ermordung der 46-jährigen Ilenia Fabbri – hatte eine Überwachungskamera den hellgrau metallisierten Wagen des Vorbestraften aufgenommen. Im Video ist der Wagen zur Tatzeit in der Nähe der Wohnung des Opfers zu sehen. Die Analyse des Smartphones von Pierluigi Barbieri ergab, dass der Mann während der nächtlichen Fahrt von Rubiera nach Faenza das Gerät zuerst ausgeschaltet und nach der Rückkehr an seinem Heimatort wieder eingeschaltet hatte.
Ilenia Fabbri war nach dem Fortgang ihrer Tochter von ihrem Mörder vermutlich im Schlaf überrascht worden. Die Freundin der Tochter des Opfers, die an diesem fatalen Samstagmorgen zusammen mit der 46-Jährigen im Haus zurückgeblieben war und den Mörder kurz gesehen hatte, sagte aus, dass die 46-Jährige den Täter nicht gekannt hatte. Die junge Frau hatte die vermutlich letzten Worte des Mordopfers gehört. „Wer bist du? Was willst du?“, hatte die 46-Jährige ihren Mörder angeschrien.
Im Nachhinein gesehen hatte – so die Mutmaßung der Ermittler – die Freundin, von deren Übernachtung in der Wohnung des Opfers Claudio Nanni nichts gewusst und die wenig professionelle Vorgangsweise des Auftragsmörders – die Schreie des Opfers hatten die Nachbarn aufgeweckt, die in der Folge ebenfalls die Polizei verständigt hatten – das perfekte Alibi der gemeinsamen Fahrt nach Mailand mit der Tochter durchkreuzt. Ansonsten wäre der Mord vermutlich frühestens erst am Samstagnachmittag entdeckt worden.
Claudio Nanni und dem mutmaßlich von ihm beauftragten Mörder seiner Ex-Frau, Pierluigi Barbieri, werden aufgrund des perfiden Mordplanes und des verabscheuungswürdigen Tatmotivs mehrfache erschwerte vorsätzliche Tötung zur Last gelegt. Der Ex-Mann und der Auftragsmörder wurden festgenommen und in eine Haftanstalt überstellt.
Der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern zufolge hätte der Verlust der gemeinsamen Wohnung zugunsten seiner Ex-Frau nach der gerichtlichen Trennung und vor allem das vom Opfer vor dem Arbeitsgericht von Ravenna angestrengte Verfahren zur Erlangung der Gehälter und Sozialbeiträge in Claudio Nanni den Hass auf Ilenia Fabbri dermaßen groß werden lassen, dass er sich zu diesem Plan hinreißen lassen hätte. Zudem hätte dabei eine Rolle gespielt, dass Ilenia Fabbri nach Jahren der Bitternis eine neue Liebe gefunden hatte.
La piazza si tinge di rosso in memoria di Ilenia👠 Da questa sera e fino all’8 marzo, Giornata internazionale della…
Posted by Massimo Isola on Wednesday, March 3, 2021
Seit dem Mord und dem Bekanntwerden der beiden Festnahmen steht Faenza unter Schock. Tief ist der Abgrund, in den die Bewohner der Kleinstadt blicken müssen. Ein Abgrund eines brutalen Femizids, dessen Beweggründe fassungslos machen. In Erinnerung an Ilenia wurde am Mittwochabend Faenzas zentrale „Piazza del Popolo“ in Rot erleuchtet. „Femizid ist eine Barbarei. Auch wenn Faenza jetzt verletzt ist, dürfen wir nicht resignieren. Niemals”, so der Bürgermeister von Faenza, Massimo Isola.