Periodische Sandbank verfestigt sich zu Landmasse - dank Mose?

Neue Insel in der Lagune von Venedig aufgetaucht

Samstag, 14. Dezember 2024 | 10:45 Uhr

Von: luk

Venedig – In der Lagune von Venedig entsteht eine neue Insel – oder vielmehr eine alte, die sich nun dauerhaft formiert hat. Die einst fragile Sandbank Bacàn, die bisher nur im Sommer sichtbar war und im Winter von Wind und Wellen wieder fortgetrieben wurde, hat sich zu einer stabilen Landmasse entwickelt. Dank des Schutzes durch das MOSE-Flutschutzsystem ist Bacàn nun eine Insel von 260 Metern Länge und etwa zehn Metern Breite geworden. Bereits erste Vegetation hat sich niedergelassen.

Von der Sandbank zur Insel

Die Insel Bacàn liegt zwischen der Insel Sant’Erasmo und der Hafeneinfahrt des Lido, wo die Lagune auf die Adria trifft. Jahrzehntelang war Bacàn ein verborgenes Paradies, das Venezianer im Sommer als Rückzugsort nutzten. Doch jedes Jahr verschwand sie wieder unter den tobenden Winterstürmen, berichtet gestern der Corriere della Sera.

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Mit dem Bau einer künstlichen Insel als Kontrollzentrum für das MOSE-System und der Errichtung der Flutsperren glaubten viele, Bacàn sei endgültig verloren. Doch das Gegenteil ist eingetreten: Die Insel hat sich durch den Schutz vor Wind und Wellen verfestigt. Giovanni Cecconi, ein erfahrener Ingenieur und ehemaliger Leiter der MOSE-Kontrollzentrale, war einer der ersten, der die “neue” Insel dokumentierte: „Das MOSE hat Bacàn nicht zerstört, sondern geholfen, sich zu einer echten Insel zu entwickeln. Was früher nur eine flache Sandbank war, ist heute eine stabile Landmasse – fast wie eine ‘punkige grüne Haartolle’ inmitten der Lagune.“

Die Rolle des MOSE-Systems

Laut Cecconi ermöglicht das MOSE-System, das die Lagune vor Sturmfluten schützt, das Wachstum von Bacàn. Ohne die zerstörerischen Wellen, die zuvor Sand und Sedimente abtrugen, konnte die Insel organisches Material und Sand einfangen, wodurch eine dauerhafte Vegetation Fuß fassen konnte. Für Cecconi ist Bacàn ein Beweis dafür, dass die Flutschutzmaßnahmen die Entwicklung der Lagune unterstützen können.

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Doch nicht alle Experten teilen seine Ansicht. Andrea D’Alpaos, Professor für Hydrologie an der Universität Padua, ist skeptisch: „Ich denke, dass weniger das MOSE selbst, sondern vielmehr die künstliche Insel des MOSE die Strömungsverhältnisse positiv beeinflusst hat, sodass sich Sedimente ablagern konnten. Das heißt aber nicht, dass das MOSE allgemein das Wachstum von Barene – den typischen Lagunenlandschaften – fördert.“

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D’Alpaos verweist auf Studien, die zeigen, dass Barene vor allem durch Sturmfluten wachsen, während das MOSE den Sedimentnachschub einschränkt. Dennoch bestätigt der Ingenieur Pierpaolo Campostrini vom Forschungszentrum Corila die Dynamik der Lagune: „Bacàn zeigt uns, wie lebendig und wandelbar die Lagune von Venedig ist. Wichtig wäre es, ein spezielles Observatorium einzurichten, um diese Veränderungen genauer zu untersuchen.“

 

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