Von: apa
Die Tour of Austria ist am Samstag vom Tod des norwegischen Radprofis André Drege erschüttert worden. Ob die letzte Etappe von Kufstein auf das Kühtai am Sonntag gestartet wird, ist fraglich. Der 25-jährige Drege aus dem Team Coop Repsol kam in der Abfahrt vom Großglockner nach Heiligenblut zu Sturz und erlag seinen Verletzungen. Drege war Teil der Ausreißergruppe, wurde bewusstlos am Straßenrand aufgefunden und verstarb an der Unfallstelle, wie die Polizei mitteilte.
“Wir sind am Boden zerstört über den tragischen Tod von André Drege. Unsere Gedanken und Gebete sind in dieser unglaublich schwierigen Zeit bei Andrés Familie und seinen Lieben”, teilte der norwegische Rennstall des Verunglückten mit. Gleichzeitig wurde gebeten, den Wunsch der Angehörigen um Privatsphäre in dieser schweren Zeit zu respektieren.
Drege kam “aus bisher unbekannter Ursache zu Sturz”, hieß es in der Polizeimitteilung. “Er wurde von Verkehrsteilnehmern ohne Bewusstsein neben der Straße liegend aufgefunden und reanimiert. Die Reanimation wurde in der Folge vom verständigten Team des Rettungshubschraubers C7 weitergeführt, blieb jedoch erfolglos.” Fahrer, die sich zum Zeitpunkt des Unfalls in einer Hochgeschwindigkeitspassage in der Nähe befunden haben, werden zum Unfallhergang befragt. Auch das Rad des Verunglückten soll untersucht werden.
Die Fortsetzung war dem allgemeinen Tenor nach ungewiss, zumal etliche der Fahrer Drege persönlich gekannt haben und sich kaum in der Lage sehen werden, weiterzumachen. Die Bekanntgabe über die mögliche Fortsetzung soll am Sonntagfrüh nach einem Zusammentreffen des Tour-Trosses in Kufstein erfolgen.
Der schwer getroffene Tour-Direktor Thomas Pupp wollte sich im Etappenziel in Kals auf APA-Nachfrage am schwärzesten Tag in der Rundfahrtgeschichte über ein schriftliches Statement hinaus nicht zu Details äußern. “Die Tour of Austria trauert um André Drege. (…). Die Organisatoren der Tour of Austria und die Rennleitung haben umgehend die Angehörigen informiert. Nach der Etappe kam es zu einem Meeting mit allen 20 Teamchefs und der UCI. Einhellig wurde entschieden, dass die Familie von André sowie dessen Team – alle Fahrer und die Betreuer – gemeinsam mit der Organisation die Entscheidung über die Durchführung der für morgen geplanten Schlussetappe fällen werden”, gab die Tour bekannt.
Tour-de-France-Leader Tadej Pogacar äußerte sich nach der achten Etappe betroffen. “Ich stehe unter Schock”, sagte der Slowene. “Es ist schwer zu verarbeiten, was passiert ist. Das ist sehr traurig zu hören.” Die Nachricht verdeutliche einmal mehr, wie gefährlich der Sport sei. “Wir haben einen coolen Job, aber in den meisten Fällen ist er sehr gefährlich”, erklärte Pogacar und fügte später hinzu. “In der Radsportwelt müssen wir wirklich aufeinander achten und aufeinander aufpassen.”
Der Norwegen Alexander Kristoff war bei der Tour de France tieftraurig, als er vom Tod seines Landsmannes erfuhr. “Das sind sehr schlimme Nachrichten”, bedauerte Kristoff. “Ich kannte ihn ein bisschen, war in der Nationalmannschaft mit ihm. Er war ein guter Typ”, fügte der 37-Jährige hinzu. Auch die beeindruckende Solo-Fahrt über 140 km von Jonas Abrahamsen aus dem norwegischen Team Uno-X ging angesichts dieser Hiobsbotschaft unter.
Via “X” bekundeten zahlreiche Profiteams und auch der Rad-Weltverband UCI ihre Bestürzung und Mitgefühl. “Die UCI ist am Boden zerstört, vom Tod des Profi-Radfahrers André Drege bei der Tour of Austria”, so der Weltverband. “Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, Freunden und seinen Teamkollegen.”
Auch Österreichs Sportminister Werner Kogler zeigte sich betroffen: “Der tragische Unfalltod des norwegischen Radprofis André Drege auf der vorletzten Etappe der Tour of Austria erfüllt mich mit Traurigkeit. Meine Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Teamkollegen, für die nach diesem schrecklichen Verlust nichts mehr so ist, wie es war.”
Drege ist der nächste im Rennbetrieb zu Tode gekommene Profi nach Gino Mäder bei der Tour de Suisse im Juni 2023. Der Schweizer war in der Abfahrt vom Albula Pass zu Sturz gekommen und am nächsten Tag im Krankenhaus verstorben. Fünf Wochen später kam bei der Oberösterreich-Juniorenrundfahrt ebenfalls in einer Abfahrt ein 17-jähriger Italiener ums Leben. Das Nachwuchsrennen wurde daraufhin abgebrochen. Die Tour de Suisse lief nach dem Tod von Mäder nach Rücksprache mit dessen Familie hingegen weiter.
Das sportliche Geschehen der Königsetappe von St. Johann nach Kals trat aufgrund des tragischen Geschehens völlig in den Hintergrund. Die Siegerehrung wurde nach Bekanntwerden des Unglückes abgesagt. Teamkollegen von Drege, seine Betreuer und auch viele aus anderen Mannschaften waren völlig aufgelöst in Tränen zu beobachten. Zu dem Unglück äußern wollte sich niemand. Drege hatte heuer bereits sieben Siege bei kleineren Rundfahrten gefeiert. Unbestätigten Berichten zufolge stand er vor einem Wechsel zum World-Tour-Team Jayco.
Den Etappensieg in Osttirol sicherte sich der zweimalige Zeitfahrweltmeister Filippo Ganna. Bester Österreicher war erneut Felix Großschartner als Neunter. Der 30-Jährige ist in der Gesamtwertung mit nur elf Sekunden Rückstand weiterhin Vierter. Das Klassement wird von seinem UAE-Teamkollegen Diego Ulissi angeführt.