Immer mehr Fischer schulen um

Notstand am Gardasee: Rückgang der Fischbestände um 90 Prozent

Donnerstag, 18. Juli 2024 | 08:01 Uhr

Von: Ivd

Garda – Die Fischer am Gardasee schlagen Alarm: Das größte Binnengewässer Italiens leidet unter drastisch sinkenden Fischbeständen. Schuld daran sind der Klimawandel und ein eingeschlepptes Raubtier, das den See in Atem hält. Nach Angaben einzelner Fischer sollen die Fänge um bis zu 90 Prozent zurückgegangen sein.

Simone Bocchio, ein Berufsfischer in vierter Generation, berichtet Merkur von einer dramatischen Entwicklung: „In dieser Saison wird am Gardasee nichts gefangen“, klagt er. Karpfen und Aal dürfen seit Jahren nicht mehr gefischt werden, und auch Barsche und Sardinen sind nahezu verschwunden. Der Rückgang der Fänge liegt bei alarmierenden 90 Prozent. „Für uns gibt es keine Zukunft“, warnt Bocchio. Er erwägt, wie viele seiner Kollegen, den Beruf zu wechseln.

Besonders schwer wiegt das Verbot der Felchenfischerei, die bis vor kurzem den Großteil des Fangs ausmachte. Das Verbot hat viele Fischer dazu gezwungen, ihre Netze endgültig einzuholen und neue Wege zu suchen. Bocchio erklärt, dass etwa zehn seiner Kollegen bereits in Hotels und Restaurants arbeiten, da der Fischfang nicht mehr rentabel ist. Immer mehr Gastronomen beschweren sich, dass der beliebte Fisch nicht mehr auf ihren Tellern landet.

Der Klimawandel stört die Fortpflanzungszyklen

Fischkundler Ivano Confortini nennt vor allem einen Grund für den Rückgang der Fischbestände: Die Klima- und Umweltveränderungen der letzten Jahre. „Eine verspätete Fortpflanzung führt zu einem verminderten oder ausbleibenden Eisprung und damit zu einer Verringerung der Fortpflanzungsfähigkeit der Art“, erklärt er. Besonders die Felchen sind davon betroffen, die früher zu Weihnachten gelaicht haben.

Monsterfische terrorisieren heimische Arten

Neben dem Klimawandel gibt es einen weiteren Übeltäter: den Wels. Der eingeschleppte Raubfisch habe sich stark vermehrt und dezimiert die Bestände anderer Fischarten. Stefano Ragnolini, ehemaliger Präsident der Fischerkooperative, mahnt, dass einige dieser Fische mehrere Meter groß und weit über 100 Kilogramm schwer werden könne. Gemessen daran kann man sich den Verbrauch eines solchen Rauchfischs vorstellen.

Die Situation wird durch bauliche Hindernisse in Flüssen wie dem Mincio, dem Abfluss des Gardasees, weiter verschärft. Forellen können nicht mehr flussaufwärts wandern, um zu laichen. Im vergangenen Jahr litt der Gardasee unter extremem Wassermangel, während dieses Jahr heftige Regenfälle zu Hochwasserrekorden führten. Folgen weiterer solcher Jahre wird es für die Fischerei am See keine Zukunft geben.