Von: ka
Monfalcone – Mit Spannung wurde in der italienischen Öffentlichkeit erwartet, wie Italiens erste islamische Liste, Italia Plurale, bei den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen in Monfalcone abschneiden würde. Der Bürgermeisterkandidat von Italia Plurale, Bou Konate, rechnete in der friulanischen Kleinstadt mit rund 29.000 Einwohnern, von denen etwa ein Drittel keine Italiener sind, zumindest mit einem Achtungserfolg, doch sein Wunsch – „Wir wollen gewinnen!“ – ging nicht in Erfüllung.
Während der Kandidat der Lega, Luca Fasan, mit 70 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt wurde, musste sich Bou Konates Italia Plurale mit sehr bescheidenen 2,9 Prozent begnügen. Für Kenner der Ausländergemeinde von Monfalcone war das schlechte Abschneiden der islamischen Liste keine Überraschung. Das tiefe Misstrauen gegenüber islamischen Lokalpolitikern und der Wunsch der meisten Migranten, sich in Friaul zu integrieren, aber auch die ethnischen Gegensätze unter ihnen führten dazu, dass Italia Plurale ein Flop wurde. „Die repräsentieren uns nicht!“, sagt die Mehrheit der Migranten.
Am Wahltag kochten die Emotionen vor einem Wahllokal in Monfalcone über. „Aber das ist Betrug!“ „Nein, das ist das Gesetz!“ „Meine Frau will wählen!“ „Aber haben Sie das Schild gelesen?“, entbrennt eine heftige Diskussion zwischen Sharif Islam und einem jungen Polizisten. Als Sharif Islam ihm die Wahlausweise und die Ausweispapiere zeigt und um Einlass bittet, weist ihn der junge Beamte ruhig, aber bestimmt auf das Schild mit der Zeichnung eines durchgestrichenen Niqabs und der Aufschrift „Aus Sicherheitsgründen ist der Zutritt mit verschleiertem Gesicht verboten“ hin. Es half nichts, die verschleierte Frau des Imams musste draußen warten, während Sharif Islam seine Stimme abgab.
Die vom Corriere della Sera beschriebene Szene vor dem Wahllokal ist bezeichnend für die Stimmung in Monfalcone. Es ist nicht verwunderlich, dass die erste islamische Liste Italiens, Italia Plurale, in der friulanischen Kleinstadt entstanden ist. Da sich unter den rund 29.000 Einwohnern nicht weniger als 7.982 „ausländische“ Wähler befinden, erhoffte sich der Bürgermeisterkandidat von Italia Plurale, Bou Konate, zumindest einen Achtungserfolg.
Bou Konate, Ingenieur aus dem Senegal, Absolvent der Universität Triest und ehemaliger Stadtrat der Mitte-Links-Fraktion, und seine Mitstreiter rechneten sogar fest damit, viele Stimmen unter den Tausenden von Migranten zu sammeln, die nach Monfalcone gekommen waren, um bei Fincantieri die größten Schiffe der Welt zu bauen. „Wir treten an, um zu gewinnen, und wir werden auf jeden Fall gut abschneiden“, gab sich Spitzenkandidat Jahirul Islam zuversichtlich.
„Wir haben es geschafft, die nötigen Unterschriften zu sammeln und eine Liste mit 18 Namen aufzustellen. Vorher hatten wir nicht einmal daran gedacht. Die Politik des Hasses gegen uns hat uns geeint. Ich bin sicher, dass Monfalcone ein Beispiel für Migranten in anderen Städten sein wird. Und Italia Plurale wird zu einem Symbol werden“, so der 55-Jährige.
Die Kandidatur einer rein islamischen Liste hat in ganz Italien sofort für Aufsehen gesorgt. Viele Beobachter meinen, die islamische Bürgerliste Italia Plurale sei als Reaktion auf die harten Maßnahmen der ehemaligen Bürgermeisterin von Monfalcone, Anna Maria Cisint, entstanden. Anna Maria Cisint hatte vor zwei Jahren in einem offenen Brief an die muslimische Gemeinde appelliert, sich an „westliche Strandgewohnheiten“ zu halten und nicht bekleidet ins Meer zu steigen. Zudem hatte die Bürgermeisterin, die der Lega angehört, während ihrer Amtszeit illegale Moscheen schließen lassen und sich gegen die Verschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit ausgesprochen.
Es sind aber nicht nur die Italiener der Lega, die Italia Plurale mit großer Sorge betrachten. Der Wunsch der meisten Migranten, sich in Friaul zu integrieren, aber auch die ethnischen Gegensätze unter ihnen sorgen für großes Misstrauen gegenüber der islamischen Liste. „Ich wähle sie nicht“, sagt Lotfi, ein tunesischer Bauleiter auf einer Werft, der mit den Schwarzafrikanern nicht viel anfangen kann. „Warum soll ich mich von einem Afrikaner vertreten lassen?“, fügt der Werftarbeiter hinzu.
Auch vielen gläubigen Muslimen sind die Kandidaten auf der Liste zu radikal. Das Vertrauen der Migranten, die nicht islamischen Glaubens sind, genießen sie ohnehin nicht. „Sie haben vor einem Jahr ihr Büro gegenüber von uns eröffnet, aber sie haben noch nie einen Fuß hierhergesetzt. Und warum nicht? Weil meine Frau und ich aus Mauritius kommen, aber wir fühlen uns wie Friauler, wir mögen Schweinefleisch und Sauvignon“, erzählt ein Barbesitzer dem Corriere della Sera.
Am Ende des Wahltages gab es also ein böses Erwachen für die islamische Bürgerliste. Während der Kandidat der Lega, Luca Fasan, mit 70 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt wurde, musste sich Bou Konates Italia Plurale mit bescheidenen 2,9 Prozent begnügen. Von den 7.982 „ausländischen“ Wählern hatten nur 343 das Listenzeichen von Italia Plurale angekreuzt. Luca Fasan, dessen Lega die Linksdemokraten sehr deutlich geschlagen hat, kündigt an, die harte Politik seiner Parteikollegin Anna Maria Cisint mit Mut und Entschlossenheit fortzusetzen.
Bou Konate spricht immerhin von einem Erfolg, auf dem man aufbauen könne, aber das Scheitern der islamischen Bürgerliste zeigt vor allem, dass die Ausländergemeinde sehr bunt und von ethnischen und religiösen Gegensätzen geprägt ist. Die übergroße Mehrheit der Ausländer will sich in Friaul integrieren und von den Friulanern nicht als „Fremdkörper“ betrachtet werden.
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