Ermittlungen gegen 144 Beamte der Gefängnispolizei – VIDEO

Rohe Gewalt: Gefangene erniedrigt und verprügelt

Donnerstag, 01. Juli 2021 | 07:07 Uhr

Von: ka

Santa Maria Capua Vetere – Während der ersten Lockdown-Zeit im April des vergangenen Jahres war das Gefängnis von Santa Maria Capua Vetere in Kampanien Schauplatz brutalster Übergriffe auf die inhaftierten Insassen.

Gefangene, die nach dem Bekanntwerden eines positiven Covid-19-Falles im Gefängnis „rebelliert“ hatten, wurden von den Beamten der Gefängnispolizei der Haftanstalt sowie von herbeigerufenen Beamten einer Spezialeinheit auf vielerlei Art gequält und geschlagen. Die „revoltierenden“, aber vollkommen wehrlosen Insassen wurden gezwungen, sich auszuziehen und niederzuknien. Wie in in Umlauf gebrachten Videos zu sehen ist, wurden viele von ihnen von den mit aufstandsbekämpfender Ausrüstung ausgestatteten Beamten bespuckt, mit den Füßen getreten und mit Schlagstöcken verprügelt. Mehrere Anzeigen von Inhaftierten brachten Ermittlungen gegen insgesamt 144 Beamte der Gefängnispolizei ins Rollen.

Die Übergriffe geschahen während des ersten Lockdowns am 6. April des Jahres 2020 im Gefängnis „Francesco Uccella“ der kampanischen Kleinstadt Santa Maria Capua Vetere. Nachdem die Gefängnisinsassen erfahren hatten, dass einer der Inhaftierten positiv auf das Coronavirus getestet worden war, brach in einer der Abteilungen der Haftanstalt eine „Revolte“ aus. Während einige Inhaftierte mit Gegenständen und dem Essgeschirr gegen die Zellentüren und gegen die Gitterstäbe schlugen, weigerten sich andere Insassen, nach dem Freigang wieder in ihre Zellen zurückzukehren. Es blieb aber bei einer kleinen „Rebellion“. Der Protest ebbte schon am Abend desselben Tages ab.

LE VIOLENZE NEL CARCERE DI SANTA MARIA CAPUA VETERE: "UN'ORRIBILE MATTANZA"

LE VIOLENZE NEL CARCERE DI SANTA MARIA CAPUA VETERE: "UN'ORRIBILE MATTANZA""Un'orribile mattanza", così il Giudice per le indagini preliminari ha definito le violenze nel carcere di Santa Maria Capua Vetere, avvenute l'anno scorso a seguito di una protesta dei detenuti. Sconvolgenti le chat degli agenti coinvolti.Riccardo Porcù dal Tg3 delle 19 del 28 giugno 2021

Posted by Tg3 on Monday, June 28, 2021

In den frühen Nachmittagsstunden des darauffolgenden Tages erhielten die Polizisten der Gefängnispolizei der Haftanstalt „Francesco Uccella“ Verstärkung von Beamten aus der ganzen Region Kampanien. Es handelte sich um Mitglieder einer Spezialeinheit von rund 100 Beamten, die im Monat zuvor – im März 2020 – von Inspektor Antonio Fullone gegründet worden war, um „unterstützende Maßnahmen für eventuell notwendige Eingriffe im regionalen Strafvollzug“ der Region Kampanien durchzuführen und „im Falle der äußersten Notwendigkeit und nur vorübergehend bei der Wiederherstellung der Ordnung und der Sicherheit in den regionalen Justizvollzugsanstalten mitzuwirken“.

ANSA/SCLUSIVA DEL QUOTIDIANO ‘DOMANI

Den Ermittlern zufolge schossen die Beamten der Gefängnispolizei bei „der Wiederherstellung der Ordnung und der Sicherheit“ in der regionalen Justizvollzugsanstalt von Santa Maria Capua Vetere weit über das Ziel hinaus. Die „rebellischen“, aber vollkommen wehrlosen Insassen wurden aus ihren Zellen genommen und dazu gezwungen, sich auszuziehen und niederzuknien. Wie in in Umlauf gebrachten Videos der Überwachungskameras zu sehen ist, wurden viele von ihnen von den mit aufstandsbekämpfender Ausrüstung ausgestatteten Beamten bespuckt, mit den Füßen getreten und mit Schlagstöcken verprügelt.

Mehrere Anzeigen von Inhaftierten brachten die Ermittlungen ins Rollen. Die Zeugenaussagen der Insassen, sichergestellte Chat-Einträge, in denen die Beamten mit ihren „Aktionen“ prahlten, sowie die Auswertung des umfangreichen Videomaterials führten zur Eintragung in das Ermittlungsregister von insgesamt 144 Gefängnispolizisten. 52 Beamte, denen verschiedene Gewalttaten sowie Folter zur Last gelegt werden, wurden aus dem Dienst entfernt und in den Hausarrest überstellt.

ANSA/SCLUSIVA DEL QUOTIDIANO ‘DOMANI

Die veröffentlichten Videos lösten in der italienischen Öffentlichkeit einen Skandal aus. Auf die Folterungen der Gefängnisinsassen angesprochen, fand die italienische Justizministerin Marta Cartabia harte Worte. „Es handelt sich um eine Beleidigung und einen Frevel gegenüber der Würde der Inhaftierten, aber auch gegenüber der Uniform, die jede Frau und jeder Mann der Gefängnispolizei für die schwierige, grundlegende und heikle Aufgabe, die zu erfüllen ist, mit Ehre tragen muss“, so Marta Cartabia. Die italienische Justizministerin sprach auch von einem „Verrat an der Verfassung, die in Artikel 27 ausdrücklich einen Sinn für Menschlichkeit fordert, der in jeder Strafvollzugsanstalt jeden Moment des Lebens prägen muss“.

Derzeit wird darüber nachgedacht, wie Übergriffe und Folterungen, wie sie in der Haftanstalt von Santa Maria Capua Vetere vor bald eineinhalb Jahren geschehen waren, in Zukunft verhindert werden können und wie auf „Revolten und Rebellionen“ angemessen reagiert werden kann. Gewerkschafter der Gefängnispolizei kritisieren zwar ebenfalls die Vorgangsweise ihrer Kollegen im kampanischen Gefängnis, merken aber auch an, dass schöne Theorien, wie sie gerne außerhalb von Justizvollzugsanstalten formuliert werden, meist an der in italienischen Haftanstalten herrschenden harten Realität scheitern.