Maßnahmen gegen Jugendkriminalität

Rom im Kampf gegen Babygangs: Verschärfte Strafen

Mittwoch, 13. September 2023 | 07:00 Uhr

Von: mk

Rom – Aktion scharf im Kampf gegen die Jugendkriminalität: Der Ministerrat in Rom hat mit dem Gesetzesdekret „Caivano“ ein Paket verabschiedet, das härtere Strafen für Jugendliche und deren Erziehungsberechtigten vorsieht.

Dringende Maßnahmen gegen jugendliches Unbehagen, Bildungsarmut und Jugendkriminalität – so lautet der eigentliche Name des Gesetzesdekrets „Caivano“, das nur so genannt wird, weil die Regierung in Rom auch Investitionen für die gleichnamige Gemeinde im Süden des Landes mit hineingepackt hat. Dort wurden vor einigen Wochen zwei minderjährige Cousinen im Drogenviertel von ebenfalls Minderjährigen mehrmals vergewaltigt. Scharfe Kritik hagelt es von der Opposition. Anstatt auf Prävention zu setzen, handle es sich hauptsächlich um repressive Maßnahmen, erklärte PD-Chefin Elly Schlein.

Bereits im Vorfeld hat das Vorhaben für Diskussionsstoff gesorgt. Nicht umgesetzt wurde die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre. Allerdings hat der Ministerrat eine neue Form der polizeilichen Rüge für Zwölf- bis 14-Jährige eingeführt. Liegt ein Vergehen vor, wofür eine Haftstrafe nicht unter fünf Jahren vorgesehen ist, müssen die Minderjährigen mit mindestens einem Elternteil oder einem Vormund beim Quästor vorstellig werden. Sollten die verantwortlichen Erzieher nicht nachweisen können, dass sie die Straftat nicht verhindern konnten, wird für sie eine Geldstrafe zwischen 200 und 1.000 Euro fällig.

Platzverweis

Gleichzeitig kann der Quästor nun auch Jugendlichen über 14 einen Platzverweis – den sogenannten „daspo urbano“ – erteilen. Die Verantwortung, dass sich die Jugendlichen daran halten, liegt bei den Eltern oder beim Vormund. Das Verbot für Volljährige, ein bestimmtes Gemeindegebiet zu betreten, kann hingegen auf ein ganzes Jahr ausgedehnt werden.

Verwarnung

Die mündliche Verwarnung kann der Quästor nun ebenfalls auf Jugendliche über 14 anwenden. Ursprünglich war die Maßnahme nur für Volljährige vorgesehen, die aufgrund ihres Lebenswandels unter Verdacht standen, eine kriminelle Handlung zu begehen und die Unversehrtheit anderer zu bedrohen. Nun können auch Minderjährige verwarnt werden, womit die Regierung vor allem sogenannten “Babygangs”, sprich Jugendbanden einen Riegel vorschieben will. Im Fall eines Verstoßes drohen eine ein- bis dreijährige Haftstrafe sowie eine Geldbuße von 1.549 bis 5.164 Euro. Liegt eine mündliche Verwarnung vor, kann der Quästor außerdem den Besitz und den Gebrauch eines Telefons oder Smartphones verbieten.

U-Haft

Außerdem hat der Ministerrat die Untersuchungshaft für minderjährige Straftäter wieder eingeführt. Angewandt werden darf die Maßnahme, falls Fluchtgefahr besteht. Jugendliche über 14 können auch wegen Waffenbesitzes, Gewalt, Widerstands gegen die Staatsgewalt sowie wegen Herstellung und Verkaufs von Drogen in U-Haft überstellt, in Gewahrsam genommen oder unter Arrest gestellt werden.

Drogen

Wer wegen Drogenhandels angezeigt oder verurteilt wurde, darf sich aus Gründen des Jugendschutzes nicht mehr öffentlichen Lokalen sowie Schulen, Universitäten und deren umliegendes Gelände betreten. Jemand wegen Waffen- oder Drogenbesitzes auf frischer Tat zu verhaften, wird erleichtert. Gleichzeitig hat der Ministerrat die Strafen von bis zu zwei auf bis zu vier Jahren Haft verdoppelt.

Lokalverbot

Der Ministerrat hat außerdem die Palette der polizeilichen Maßnahmen für mutmaßliche Straftäter erweitert. Neben der Pflicht, sich mindestens zweimal die Woche zu einer bestimmten Zeit bei den Ordnungshütern zu melden oder zu einer bestimmten Uhrzeit in der eigenen Wohnung zu sein, gab es bislang etwa auch das Verbot, die Gemeinde zu verlassen. Nun kann der Quästor bei Bedarf jemanden verbieten, öffentliche Lokale und Orte zur öffentlichen Unterhaltung aufzusuchen. Dies ist etwa in Fällen von Körperverletzung, Waffenbesitz, Widerstand gegen die Staatsgewalt sowie bei Vermögensdelikten möglich. Die Dauer solcher Maßnahmen wurde deutlich verlängert und kann von einem bis zu drei Jahren betragen. Wer die Regeln bricht, muss mit bis zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 20.000 bis 24.000 Euro rechnen.

Minderjährige vor Gericht

Im Jugendstrafrecht hat die Regierung in Rom Höchststrafen für nicht fahrlässige begangene Vergehen von fünf auf drei Jahre verkürzt, für die Minderjährige in der Regel zur Quästur gebracht werden, falls man sie auf frischer Tat ertappt. Jugendliche ab 14 dürfen in Gewahrsam überstellt werden, falls sie eine Straftat begehen, die eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren vorsieht. Vorher waren es neun Jahren.

Im Fall von Haftstrafen unter fünf Jahren oder von Geldbußen teilt die Staatsanwaltschaft dem Jugendlichen und dessen Erziehungsberechtigten die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung des Verfahrens mit, falls ein Programm zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft oder von gemeinnützigem Interesse absolviert wird.

Jugendschutz auf Smartphones

Verschärft werden sollen außerdem die Sperren aus Jugendschutzgründen bei der Nutzung von Apps und sozialen Netzwerken auf Smartphones und ähnlichen Geräten. Verantwortlich dafür sind die Hersteller der Geräte.

Schulschwänzer und Bildungspflicht

Für viel Aufregung haben auch die Neuerungen in Zusammenhang mit dem Schulschwänzen gesorgt. Konkret geht es dem Ministerrat allerdings weniger darum, Schüler und deren Eltern zu bestrafen, falls nur einen Tag lang die Schule geschwänzt wird. Vielmehr geht es um eine generelle Verletzung der Schulpflicht. So droht Eltern eine zweijährige Haftstrafe, falls sie ihre schulpflichtigen Kinder nie in eine Schule eingeschrieben haben. Sind die Kinder in der Schule zwar eingeschrieben, besuchen aber dermaßen selten die Schule, dass der Schulpflicht de facto nicht nachgekommen wird, droht den Eltern hingegen ein Jahr Haft. Außerdem riskieren Eltern, Beiträge für die Inklusion zu verlieren.