Angriff auf die italienische Infrastruktur?

Russische Drohne über EU-Forschungszentrum am Lago Maggiore

Montag, 31. März 2025 | 17:39 Uhr

Von: Ivd

Ispra – Der wiederholte Überflug einer mutmaßlich russischen Spionagedrohne über einem EU-Forschungszentrum am Lago Maggiore sorgte gestern für Aufsehen. Wer die Drohne steuerte und welches Ziel sie verfolgte, ist unklar. Die Antiterror-Einheit der Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt, während Spezialisten der Carabinieri-Sondereinheit ROS nach der Herkunft und dem Zweck des Fluggeräts suchen.

Das Joint Research Centre (JRC) gehört zu den sensibelsten Forschungseinrichtungen Europas. Vor Ort werden unter anderem an Fragen nuklearer Sicherheit, Kernenergie und Mobilität geforscht. Für Wladimir Putins hybriden Angriffskrieg also ein potenziell hochinteressantes Ziel. Besonders brisant: Selbst wenn die Drohne über eine Reichweite von mehreren Tausend Kilometern verfügen sollte, kann sie unmöglich in Russland gestartet sein und unbemerkt zahlreiche Staatsgebiete und Flugverbotszonen passiert haben. Die Ermittler gehen daher davon aus, dass die Drohne aus dem Gebiet um den See gestartet worden sein muss.

Was hat die Drohne gefilmt?

Das Gelände von JRC liegt in einer Flugverbotszone. Dennoch konnte die Drohne dort mehrere Tage in Folge ungestört operieren. Lediglich Sensoren haben das Fluggerät insgesamt fünfmal erfassen können. Was die Drohne versucht haben könnte, herauszufinden, ist bislang unklar. Die italienischen Ermittler prüfen derzeit, ob die Drohne auch weitere sensible Bereiche des Forschungszentrums oder andere kritische Infrastruktur gefilmt haben könnte. Erste Ermittlungen hatten ergeben, dass es sich um eine Modell russischer Bauart handelt.

Ebenfalls brisant ist die Tatsache, dass die Drohne offenbar gezielt das JRC überflog. Andere sicherheitsrelevante Standorte in der Region, darunter die Produktionsstätten von Leonardo Helicoptern in der Provinz Varese oder das NATO Rapid Deployable Corps in Solbiate Olona, sollen nach aktuellen Erkenntnissen nicht betroffen gewesen sein.

Aufschrei im italienischen Parlament

Der Vorfall hat inzwischen auch das italienische Parlament alarmiert. Politiker der Parteien Forza Italia, Italia Viva und +Europa haben Anfragen eingereicht, um genauere Informationen zur Bedrohungslage zu erhalten. Der jüngste Jahresbericht der italienischen Geheimdienste hatte bereits auf zunehmende Risiken hybrider Kriegsführung hingewiesen, insbesondere im Zusammenhang mit mutmaßlichen russischen Aktivitäten in Europa. Nun rückt die Drohne von Ispra in diesen Kontext.

Es ist nicht das erste sicherheitsrelevante Ereignis in der Region: Bereits im Mai 2023 kamen bei einem mysteriösen Bootsunglück auf dem Lago Maggiore vier Menschen ums Leben, darunter drei Geheimdienstmitarbeiter aus Italien und Israel. Der Kapitän des Bootes wurde später zu vier Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Damals blieben viele Fragen offen – nun sorgt ein neuer Fall für Unruhe.

Frage der Sicherheit

Eine zentrale Frage bleibt: Wie konnte die Drohne mehrere Tage ungehindert über ein Sperrgebiet fliegen? Sollte es sich tatsächlich um einen Spionageversuch gehandelt haben, wirft dies unangenehme Fragen über den Schutz kritischer Infrastruktur auf. Die italienische Regierung nimmt den Vorfall ernst und kündigte an, Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen.

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