Rote Schicht senkt Albedo

Sahara-Staub beschleunigt Gletscherschmelze in den Alpen

Sonntag, 28. Juli 2024 | 08:15 Uhr

Von: luk

Trient – Die Gletscher der Alpen, darunter auch jene Trentino, sind derzeit von einer ungewöhnlichen Staubschicht aus der Sahara überzogen. Die Mitglieder der Glaziologischen Kommission der SAT (Società degli Alpinisti Tridentini) dokumentierten dieses Phänomen auf dem Adamello-Mandrone-Gletscher mit Fotos und Videos.

Cristian Ferrari, der Präsident der SAT und langjähriges Mitglied der Glaziologischen Kommission, erklärt die Problematik: „Aufgrund der aktuellen Temperaturen schmilzt der Schnee und legt den Gletscher frei. Die Sahara-Staubpartikel, die sich auf der Schneeoberfläche abgelagert haben, verändern die Albedo, also das Reflexionsvermögen des Schnees.“ Ein höherer Albedo-Wert bedeutet mehr Reflexion von Sonnenlicht, während ein niedrigerer Wert zu mehr Absorption und somit zu schnellerer Schmelze führt. Sauberer Schnee hat einen Albedo-Wert von etwa 0,9, der jedoch sinkt, je mehr er verschmutzt ist.

Die Folgen dieser Staubablagerungen sind gravierend: Sie fördern die Schneeschmelze und tragen zur negativen Bilanz trotz der reichlichen Schneefälle im Frühjahr bei. Dieses Phänomen, kombiniert mit steigenden Temperaturen und selteneren Schneefällen, beschleunigt die Rückbildung der Gletscher erheblich. Ferrari erläutert, dass die Winterschneemengen zwar über dem Durchschnitt der letzten zwei Jahrzehnte lagen, doch kleine Hitzeperioden und die Staubschicht führen zu einem schnellen Rückgang der Schneeansammlungen.

Aktuell hat die Kommission noch keine genauen Messungen zur Beschleunigung der Schmelzprozesse durch den Staub vorgenommen, plant jedoch mehrere Begehungen im Sommer, um im Herbst präzise Daten zu erfassen. Seit Jahrzehnten überwacht die SAT die Frontlinienrückgänge der größten Gletscher in Südtirols Nachbarprovinz und nutzt seit 2022 in Zusammenarbeit mit Acqua Surgiva – Gruppe Lunelli auch Satellitendaten sowie Drohnen und Laser-Höhenmesser zur Überwachung der Gletscherflächen.

Die neuesten Frühjahrsdaten zeigen, dass die Trentiner Gletscher 2023 erheblich geschrumpft sind, insgesamt um 65 Hektar, was etwa 90 Fußballfeldern entspricht.