Von: ka
Rom – Die von der Regierung Draghi per Dekret eingeführte strenge Impfpflicht für das Gesundheitspersonal zeigt Wirkung. Um die vom Dekret vorgesehenen harten Sanktionen zu vermeiden, stürmen Angestellte, die die Verabreichung der Impfdosis bisher verweigert haben, regelrecht Italiens Impfzentren.
Als am Mittwoch letzter Woche das Dekret der Regierung Draghi, das die Zeit vom 6. bis zum 30. April regelt und das für das Gesundheitspersonal die Einführung einer strengen Impfpflicht vorsieht, bekannt geworden ist, ist der Aufschrei groß gewesen. Acht Tage nach der Veröffentlichung und dem Inkrafttreten des Dekrets herrscht Gewissheit, dass die Regierung diesmal Ernst macht.
Kurz zusammengefasst wird im Gesetzesdekret erklärt, dass zur Aufrechterhaltung der Sicherheit in der Behandlung und der Pflege die Impfpflicht eingeführt wird und dass die Impfung eine „wesentliche Voraussetzung“ für die Ausübung des Berufs ist. Sie betrifft nahezu alle Berufsgruppen, die in den Krankenhäusern, in den Gesundheitssprengeln, in den Altersheimen, in den Apotheken und in den privatärztlichen Praxen tätig sind.
Nach dem Erhalt der Mitgliederlisten durch die Berufskammern der einzelnen Berufszweige oder durch den Arbeitgeber – in den meisten Fällen handelt es sich dabei um die einzelnen Gesundheitsbetriebe – sind die Regionen und autonomen Provinzen dazu verpflichtet, den Impfstatus aller Angestellten festzustellen und Bedienstete mit fehlender Impfung dem zuständigen lokalen Gesundheitsbetrieb zu melden. Daraufhin wird der ungeimpfte Gesundheitsangestellte vom Amt kontaktiert und dazu eingeladen, die eventuell vorhandene Dokumentation einer erfolgten Impfung vorzulegen, die Vormerkung für einen Impftermin nachzuweisen oder seine fehlende Impfung zu erklären.
In der Tat sieht das Dekret im Falle einer „bestätigten Gefahr für die Gesundheit“, die allerdings mit klinischen Dokumenten belegt und von einem in Allgemeinmedizin spezialisierten Mediziner festgestellt werden muss, keine Impfpflicht vor. Dies gilt insbesondere für bestimmte Allergien und Krankheiten, aber auch sich im Krankenstand befindende Personen sowie werdende und stillende Mütter sind von der Impfpflicht befreit.
Für Säumige hingegen sieht das Dekret harte Sanktionen vor. Sie können von der Versetzung zu einem Arbeitsplatz ohne Patientenkontakt – gegebenenfalls auch mit einem niedrigeren Lohn – über die Überstellung in den „Zwangsurlaub“ bis hin zur Suspendierung vom Arbeitsplatz – in diesem Fall ohne Gehalt – reichen. Letztere Sanktion kann bis zum 31. Dezember dieses Jahres verhängt werden und gilt im Falle einer Verlängerung des Dekrets auch darüber hinaus.
Besonders im Lichte der harten Sanktionen, die bis zu einer Suspendierung reichen können, aber vermutlich auch aus Furcht, in Zukunft für Ansteckungen von Patienten möglicherweise haftbar gemacht zu werden, überdenken viele Krankenpfleger, Ärzte und andere Angestellte der Gesundheitsbetriebe ihre bisherige Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, und melden sich für die Impfung an. In einigen Städten werden die Impfzentren von den „geläuterten Impfgegnern“ regelrecht gestürmt.
Die schieren Zahlen sprechen Bände. In der Nachbarregion Venetien haben bereits 30 Prozent der „Impfskeptiker“ ihre Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, überdacht und sich für die Verabreichung der ersten Impfdosis angemeldet. Wie der Generaldirektor der Gesundheitsbetriebe der Region Venetien, Luciano Flor, erklärt, „sind von 70.000 Angestellten rund 12.000 noch nicht geimpft“. „In den letzten Tagen haben aber 30 Prozent von ihnen mitgeteilt, dass sie sich demnächst impfen lassen werden“, so Luciano Flor.
In der Poliklinik von Bari in der süditalienischen Region Apulien hingegen sind nach der Veröffentlichung des Dekrets von 300 Impfverweigerern nur mehr 70 übrig geblieben. Auch im Krankenhaus „Sant’Orsola“ von Bologna, das zwischen Ärzten und Krankenpflegern 800 „Impfskeptiker“ zählt, hat sich der Großteil der noch ungeimpften Angestellten für die Verabreichung der ersten Impfdosis angemeldet. Aber in ganz Italien bleiben in den für die Impfvormerkungen zuständigen Büros die Telefone selten still.
In Südtirol dürfte das kaum anders sein. Laut der Tageszeitung Alto Adige sind rund 1.200 Mitarbeiter der Sanität und etwa 1.400 Mitarbeiter in den Seniorenheimen noch ohne Impfschutz. Beim Sanitätsbetrieb ist man aber zuversichtlich, dass die Mehrheit am Ende einer Impfung zustimmen wird.
Allerdings ist auch die Furcht vor einzelnen Kündigungen groß. Die Landeshauptmannstellvertreterin und Landesrätin für Soziales, Wohnbau, Familie und Senioren, Waltraud Deeg, teilt die Einführung der Impfpflicht nicht und fürchtet die Kündigung von nicht wenigen Bediensteten. „Ich habe bereits Dutzende von E-Mails von Mitarbeitern erhalten, die damit drohen, zu kündigen, wenn ihnen der Impfstoff aufgezwungen wird“, so Waltraud Deeg gegenüber dem „Corriere dell’Alto Adige“.