Betrieb zur Zahlung von 5.000 Euro verurteilt

Schadenersatz: Arbeiter darf nicht zur Toilette und macht sich in die Hose

Mittwoch, 25. September 2019 | 08:00 Uhr

Von: ka

Atessa/Chieti – Nachdem bereits eine vom Betrieb wegen „Langsamkeit“ bestrafte Arbeiterin vor Gericht Erfolg hatte – SüdtirolNews berichtete – kam ein Arbeiter, dem vom Arbeitgeber der Gang zur Toilette verweigert worden war und der sich kurze Zeit später in die Hose gemacht hatte, ebenfalls zu seinem Recht. Sein Arbeitgeber – die Sevel Spa, welche in Atessa bei Chieti Lieferfahrzeuge herstellt – wurde vom Arbeitsgericht, das die Würde des Arbeiters verletzt sah, dazu verurteilt, dem Angestellten einen Schadenersatz von 5.000 Euro zu zahlen.

Die Geschichte begann am 7. Februar 2017. Einem Arbeiter des Kleinlastwagenherstellers Sevel, der sich auf die Toilette begeben wollte, wurde es an diesem Tag von seinem Vorgesetzten untersagt, seinen Arbeitsplatz zu verlassen. Kurz darauf machte sich der Arbeiter in die Hose. Auch solcherart „verunstaltet“ wurde es dem Arbeiter nicht erlaubt, sich vom Montageband zu entfernen, um seine Arbeitskleidung und seine Unterwäsche zu wechseln, sodass er bis zum Ende seines Arbeitsturnusses zwei Stunden lang dazu gezwungen war, mit einer durchnässten Hose zu arbeiten.

In der Folge kam es zwischen dem Arbeiter und dem Betrieb zu einem Rechtsstreit. Der zuständige Arbeitsrichter von Lanciano, Cristina Di Stefano, gab dem Rekurs des Arbeiters statt und sprach dem Mann einen Schadenersatz von 5.000 Euro zu. „Da er von seinen Kollegen mit der durchnässten Hose gesehen worden war, wurde dem Angestellten ein echter und schwerwiegender Schaden, der seine persönliche Würde, seine Ehre und sein Ansehen betrifft, zugefügt. Zudem ist zu bedenken, dass es sich beim Angestellten um einen vorbildlichen Arbeiter handelt, der noch nie eine Rüge erhalten hat“, so der Rechtsanwalt des Arbeiters, Diego Braccioli.

ANSA

Die Gewerkschaft „Unione Sindacale di Base“, die den Arbeiter im Rechtsstreit begleitet hatte, schloss sich den Ausführungen des Rechtsanwalts an. „Die Würde der Arbeiter darf nicht verletzt werden. Mit dem Urteil vom 23. September 2019 hat das Arbeitsgericht von Lanciano den Rekurs des Arbeiters, dem es nicht erlaubt worden war, für den Gang zur Toilette den Arbeitsplatz zu verlassen, angenommen. Aus diesem Grund ist die Sevel Spa von Atessa dazu verurteilt worden, einen angemessenen Schadenersatz zu entrichten“, so die Unione Sindacale di Base in einer Aussendung.

Wie der Fall von Susegana bei Treviso löste auch das Urteil des Arbeitsgerichtes von Lanciano in der italienischen Arbeitswelt eine rege Debatte aus. In diesem Fall stieß das Urteil auf fast einhellige Zustimmung. Viele Leser und Kommentatoren zeigten sich erstaunt darüber, dass in einem Land, wo unentschuldigte Abwesenheit, Ineffizienz, wenn nicht gar Faulheit grassieren, ausgerechnet einem vorbildlichen Arbeiter „in Not“ der Gang zur rettenden Toilette verweigert wird.