Umweg über San Marino?

Schlupfloch für Trump-Zölle mitten in Italien

Mittwoch, 09. April 2025 | 07:00 Uhr

Von: Ivd

San Marino – Während die Welt und auch die EU gebannt auf die Zoll-Entwicklungen der USA blicken, gibt es mitten in Europa eine kleine, aber vielversprechende Ausnahme: San Marino. Der Zwergstaat wurde zwar mit Einfuhrzöllen in die USA belegt, allerdings nur in Höhe von zehn Prozent und nicht wie Europa-typisch 20 Prozent. Könnte das ein Schlupfloch für italienische Unternehmen sein?

Bereits nach der Krim-Annexion im Jahr 2014 wurden über San Marino Güter in die von der EU sanktionierten Kriegsparteien gebracht. San Marino gehört wie Liechtenstein und Andorra als Zwergstaat nicht zur Europäischen Union, pflegt aber enge Beziehungen. Nun machen sich wiederholt Bemühungen breit, dass Wirtschaftszweige über das nur 61 Quadratkilometer große Staatsgebiet laufen sollen.

Turbo-Verfahren: Ist das noch Europa?

Während deutsche Autobauer sich über die lange Vorlaufzeit beklagen, die es brauche, um die Produktion ins Ausland zu verlagern, kann San Marino durch Anmeldung im Eiltempo glänzen: gerade einmal zehn Tage. Dann sollen Unternehmen ihre Geschäfte aufnehmen können, um Güter in die USA zu exportieren. Den gerade einmal 34.000 Einwohnern dürften die steigenden Steuereinnahmen zugutekommen.

Doch nicht jeder in San Marino sieht das gelassen. William Vagnini, Generalsekretär des dortigen Industrieverbandes, mahnt zur Vorsicht: „Für Außenstehende haben wir eine günstige Position, aber wir müssen immer noch eine zehnprozentige Abgabe leisten, die uns belastet.“ Für das kleine Land seien die USA nach Italien der wichtigste Exportmarkt, insbesondere über internationale Lieferketten hinweg.

1.500 Prozent Handelsüberschuss mit den USA

Warum US-Präsident Trump ausgerechnet San Marino verschont hat, ist unklar. Der kleine Staat hat 2023 19,3 Millionen US-Dollar in die USA exportiert und nur 1,18 Millionen US-Dollar aus den USA importiert – das entspricht einem Exportüberschuss von circa 1.535 Prozent. Nach Trumps Berechnung, in der er vermutlich den Handelsüberschuss pauschal durch zwei teilt und als Einfuhrzoll erhebt, müssten es also korrekterweise 767,5 Prozent sein.

Dass San Marino derzeit von den heftigeren Auswirkungen verschont bleibt, könnte allerdings nur ein temporärer Zustand sein. Seit Monaten verhandelt der Binnenstaat mit der Europäischen Union über ein Abkommen, das den freien Waren- und Personenverkehr regeln soll. Ein offizielles EU-Mitglied würde San Marino dadurch zwar nicht, doch die Handelsregeln könnten angeglichen werden – inklusive der Zölle.

Pinguin-Inseln keine Zuflucht für Zoll-Preller

Auch San Marino dürfte seinen Sonderstatus verlieren, wenn es den Zorn Trumps auf sich zieht. Zuletzt haben es sich die Bewohner der Heard- und McDonaldinseln – ausschließlich Pinguine und Seehunde – mit dem US-Präsidenten verscherzt. Die Zölle basieren auf fehlerhaften Handelsdaten, die Exporte von dort fälschlicherweise registrierten.

US-Handelsminister Howard Lutnick erklärte nun, dass man damit versuche, die Flucht mit Zöllen belegter Staaten in andere weniger sanktionierte Länder zu verhindern – was im Fall San Marino nur noch mehr Fragen aufwirft.

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