War Lebensgefährte seiner Ex eigentliches Ziel von Said Mechaquat? - VIDEO

Schrecklicher Verdacht: Stefano Leo Opfer einer fatalen Verwechslung?

Freitag, 05. April 2019 | 08:30 Uhr

Von: ka

Turin – Mehrere Tage, nachdem sich der Mörder von Stefano Leo, Said Mechaquat, gestellt hatte, erhielten die ermittelnden Behörden Hinweise, die auf ein vollkommen anderes Mordmotiv schließen lassen. Said Mechaquat rückte seit seiner Festnahme nie von seinem Motiv – „Ich habe ihn ausgesucht, weil er glücklich ausgesehen hat“ – ab und gab in allen bisherigen Verhören weiterhin zu Protokoll, dass er Stefano Leo rein zufällig ausgewählt habe. Der Tatort, der sich nur 300 Meter von der Wohnung seiner Ex befindet, und vor allem die hohe Ähnlichkeit zwischen Stefano Leo und Fabio M. – dem neuen Mann an der Seite seiner ehemaligen Lebensgefährtin – ließen bei den Carabinieri und der Staatsanwaltschaft aber den Verdacht aufkommen, dass Stefano Leo das Opfer einer tödlichen Verwechslung geworden sein könnte.

ANSA/ ALESSANDRO DI MARCO

Die Vorgeschichte der Bluttat begann im fernen Jahr 2011, als sich Said Mechaquat und Ambra B. kennenlernten und ineinander verliebten. Wenige Monate später bezogen sie in Turin eine gemeinsame Mietwohnung. Als Said arbeitete, um die Miete zu bezahlen, und Ambra schwanger wurde, schien dem jungen Familienglück nichts im Wege zu stehen. Nach und nach kam aber die gewalttätige Natur des heute 27-Jährigen zum Vorschein. Das Paar stritt sich immer öfter. Immer wieder wurde Said handgreiflich und prügelte Ambra B. selbst während ihrer Schwangerschaft. Die Nachbarn sahen sich oftmals dazu gezwungen, die Ordnungskräfte zu verständigen. Als die Polizisten im November 2013 die halb nackte Ambra B. mit dem Kind im Arm unter dem Haus vorfanden, nahmen sie Said Mechaquat fest. Einem Carabiniere gelang es später, Ambra B. dazu zu überreden, ihren Lebensgefährten anzuzeigen. Nach weiterem Hin und Her trennte sich das Paar im Jahr 2014. Wenige Monate später, am 19. Februar 2015, wurde Said Mechaquat wegen häuslicher Gewalt und Körperverletzung zu einer unbedingten Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Der Rest ist ein unglaublicher Justizskandal. Aufgrund seiner Verurteilung zu einer unbedingten Haftstrafe hätten sich, für den heute 27-Jährigen umgehend die Gefängnistore schließen müssen. Laut Quellen der italienischen Nachrichtenagentur Ansa habe es in der Übermittlung der Akten vom Berufungsgerichtshof zur Staatsanwaltschaft einen Verzug oder ein Hindernis gegeben, sodass Said Mechaquat auf freiem Fuß blieb.

Die ganze Vorgeschichte machte die Ermittler stutzig. Angesichts des banalen Motivs eines „Zufallsmörders“ konnten sich die Carabinieri und der Staatsanwalt nicht erklären, warum der Täter nach dem Kauf des Messers, ohne irgendjemanden zu verletzen, die lange Strecke bis zur Po-Promenade, wo am 23. Februar angeblich zufällig Stefano Leo „wegen seines glücklich scheinenden Aussehens“ ermordet worden war, zurückgelegt hatte. Weitere Nachforschungen ergaben, dass sich die neue Wohnung von Ambra B., die sie gemeinsam mit ihrem neuen Lebensgefährten, Fabio M. bezogen hatte, nur 300 Meter vom Tatort entfernt befindet. Die Ähnlichkeit zwischen Fabio M. und dem Mordopfer Stefano Leo ist frappierend. Said Mechaquat hasste den neuen Mann an der Seite seiner Ex. Besonders sauer stieß ihm auf, dass sein kleiner Sohn, den er nur sehr selten zu Gesicht bekam, Fabio M. „Vater“ nannte.

ANSA/ ALESSANDRO DI MARCO

„Er hatte damit gedroht, dass er ihm eines Tages die Kehle durchschneiden würde. Der Bart, das Lächeln – außer die Ohrringe und die Augenfarbe gleichen sie sich wie zwei Wassertropfen. Dieser Mann wollte meinen Sohn abstechen, und nicht diesen armen Jungen“, so der Vater von Fabio M.

Das ursprüngliche Motiv konnte die Ermittler nie ganz überzeugen. Nach dem Geständnis des 27-Jährigen fügten sich in den letzten Tagen immer mehr Puzzleteile ineinander. Damit verdichtete sich auch der Verdacht, dass Stefano Leo vor sechs Wochen Opfer einer fatalen Verwechslung gewesen sein könnte.

Dieser Verdacht sowie der Umstand, dass sich der geständige Gewalttäter und Mörder infolge eines Justizskandals während der Tatzeit auf freiem Fuß war, lassen die Trauer für die Angehörigen und Freunde von Stefano Leo noch bitterer werden.