Von: ka
Rosazza/Biella – Der Skandal um den Schuss, der sich während der Silvesterfeier aus einer kleinen Pistole, die dem Fratelli d’Italia-Abgeordneten Emanuele Pozzolo gehört, löste und den 31-jährigen Luca Campana verletzte, zieht immer weitere Kreise.
Gegen Pozzolo, der von der zuständigen Staatsanwaltschaft von Biella bereits wegen unsachgemäßer Aufbewahrung einer Waffe und Verursachung gefährlicher Explosionen ins Ermittlungsregister eingetragen wurde, wird seit der Anzeige des Opfers, die seit Donnerstag vorliegt, auch wegen Körperverletzung ermittelt.
Zudem ist die Staatsanwaltschaft gewillt, dem Fratelli d’Italia-Abgeordneten den Waffenschein zu entziehen. Der entfachte Zorn seiner Chefin dürfte für Emanuele Pozzolo jedoch am schwersten wiegen. „In Fratelli d’Italia scheinen sich einige der Verantwortung, die wir tragen, nicht ganz bewusst zu sein“, so Giorgia Meloni. Die Ministerpräsidentin entschied, Emanuele Pozzolo von der Partei zu suspendieren. Die Frage, die die italienische Öffentlichkeit beschäftigt, ist jedoch, was in dieser Nacht wirklich geschah.
Der unglaubliche Zwischenfall geschah während der Silvesterfeier, die der Unterstaatssekretär des Justizministeriums, Andrea Delmastro, in Rosazza bei Biella im Piemont gab. Aus einer kleinen Pistole, die dem Fratelli d’Italia-Abgeordneten Emanuele Pozzolo gehört, löste sich ein Schuss. Die Kugel verletzte den Schwiegersohn eines Sicherheitsbeamten, der zum Begleitschutz Andrea Delmastros gehört. Der 31-jährige Mann, Luca Campana, wurde mit einer leichten Verletzung in das Krankenhaus eingeliefert. Dem jungen Mann, dem aus dem Oberschenkel eine Kugel entfernt wurde, wurde eine Heilungsdauer von zehn Tagen bescheinigt.
„Ich bestätige, dass sich der Schuss aus der Waffe, für die ich einen regulären Waffenschein besitze und die einen der Partygäste verwundet hat, versehentlich gelöst hat, aber ich war es nicht, der ihn abgefeuert hat“, so die Stellungnahme von Emanuele Pozzolo. Seiner Darstellung zufolge habe sich der Schuss gelöst, als sich die Waffe, die kaum größer als ein Feuerzeug ist und Kugeln des Kalibers 22 verschießt, als sie sich in der Hand eines Partygastes – womöglich sogar in jener des Opfers – befunden habe. Diese Version wird jedoch nicht nur von anderen Gästen der Silvesterfeier, sondern auch vom Opfer selbst mit Entschiedenheit zurückgewiesen.
Vier Tage nach der Tat erstattete Luca Campana Anzeige. Während seiner Vernehmung rekonstruierte der junge Mann, der als Elektriker arbeitet, die Geschehnisse der Neujahrsnacht. Gegenüber den Ermittlern bestritt er mit aller Deutlichkeit, mit der Waffe des Abgeordneten hantiert, geschweige denn mit ihr den Schuss abgegeben zu haben. Luca Campana wiederholte seine bereits gegenüber den Carabinieri zu Protokoll gegebene Aussage, dass er sich stehend im Raum befunden habe als plötzlich ein Schuss gefallen sei. Ohne zu wissen, was genau geschehen sei, sei er aufgrund der schmerzhaften Verletzung zu Boden gesunken.
Die Anzeige von Luca Campana ermöglicht es der zuständigen Staatsanwaltschaft von Biella, die gegen Pozzolo bereits wegen unsachgemäßer Aufbewahrung einer Waffe und Verursachung gefährlicher Explosionen ermittelt, ihn nun auch wegen Körperverletzung zu belangen. Nach der Einleitung des entsprechenden Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft dürfte der Fratelli d’Italia-Abgeordnete bald auch seinen Waffenschein verlieren. Die kleine Pistole, die als „Handtaschenwaffe“ beschriebene North American Arms LR22, wurde Emanuele Pozzolo bereits nach dem Vorfall abgenommen. Seine anderen Waffen – zwischen Pistolen und Gewehren sollen sich in seinem Besitz weitere sechs Schusswaffen befinden – könnten ihm ebenfalls bald beschlagnahmt werden.
Die Frage, die nicht nur die Staatsanwaltschaft, sondern auch die italienische Öffentlichkeit beschäftigt, ist aber, was in dieser Nacht wirklich geschah. Über die Ermittlungen herrscht höchstes Stillschweigen. Dem Ergebnis des an Pozzolo vorgenommenen Tests zum Nachweis von Schmauchspuren könnte dabei entscheidende Bedeutung zukommen. Derzeit sind die Ermittler dabei, die Aussagen aller Zeugen – insbesondere jene der Polizisten, die zum Begleitschutz Andrea Delmastros gehören – aufzunehmen.
Der entfachte Zorn seiner Chefin dürfte für Emanuele Pozzolo jedoch am schwersten wiegen. Das unverantwortliche Verhalten des Parlamentariers bringt Giorgia Meloni in Rage. „In Fratelli d’Italia scheinen sich einige der Verantwortung, die wir tragen, nicht ganz bewusst zu sein“, so Giorgia Meloni während ihrer Pressekonferenz, die sie zu Jahresbeginn gab.
Die Ministerpräsidentin entschied, Emanuele Pozzolo, gegen den parteiinterne Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden, vorerst von der Partei zu suspendieren, sie betonte aber auch, dass das Fehlverhalten eines Mandatars kein politisches Problem ihrer Partei und der Regierungsmehrheit sei. Abgesehen von allen rechtlichen Konsequenzen könnte die Affäre für den Fratelli d’Italia-Abgeordneten aber leicht sein politisches Aus bedeuten.