Von: ka
San Giuliano Milanese – Italien gilt zu Recht auch als Land der erfolgreichen und exportorientierten Kleinunternehmen. Italiens Wirtschaft wächst und die Geschäfte dieser Unternehmen, die oft nur wenige Dutzend Mitarbeiter zählen, laufen gut, aber die schwierige Suche nach neuen Arbeitskräften trübt die Stimmung der Chefs dieser zumeist familiär geführten Betriebe.
Der Chef des Unternehmens Simplex Rapid, Umberto Boschiero, gießt die Sorgen vieler seiner Kollegen, die erfolgreiche Kleinbetriebe leiten, in Worte. Um sein Unternehmen am Laufen zu halten, sah er sich sogar gezwungen, drei Rentner in den Betrieb zurückzuholen. „Wir haben sechs junge Leute gesucht, stattdessen haben wir aber drei Rentner wieder zurück an ihren Arbeitsplätzen gebracht“, erklärt Umberto Boschiero. „Um neue Mitarbeiter zu finden, müssen wir verschiedene Hebel in Bewegung setzen. Es ist nicht mehr nur eine Frage des Geldes“, fügt der Chef von Simplex Rapid hinzu.
Umberto Boschiero gehört zu jenen Kleinunternehmern in der Lombardei, die wirtschaftlich sehr erfolgreich sind. Sein im Jahr 1948 von seinem Großvater gegründete Unternehmen Simplex Rapid, das Hightech-Maschinen zur Drahtverarbeitung herstellt und in die halbe Welt exportiert, steht stellvertretend für die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die das Rückgrat der italienischen Exportwirtschaft darstellen. Die Auftragslage von Simplex Rapid ist zufriedenstellend und die Geschäfte laufen gut.
Obwohl bereits die vierte Generation der Familie dabei ist, in die unternehmerische Tätigkeit einzusteigen und die entsprechende Verantwortung zu übernehmen, blickt Umberto Boschiero etwas sorgenvoll in die Zukunft. Die Frage, ob das Unternehmen für sein Gedeihen genügend neue Mitarbeiter zu gewinnen vermag, ist jene große Frage, die einen Schatten auf zukünftige Projekte und Investitionen wirft.
„Wir haben zwei gute Jahre hinter uns. Mein Unternehmen floriert, was es uns erlaubt hat, in moderne Werkzeugmaschinen, 3D-Druck-Anlagen, in neue Software und in die Logistik zu investieren. Wir werden bald unser fünftes automatisiertes vertikales Lager errichten“, antwortet Umberto Boschiero auf die Frage des Journalisten des Corriere della Sera, wie sein Unternehmen Simplex Rapid nach der Pandemie dastehe und ob es mit den schwierigen Rahmenbedingungen wie dem Krieg in der Ukraine und der Inflation zurechtkomme.
Der Chef von Simplex Rapid, der erklärt, dass sein Unternehmen jährlich acht bis zehn Prozent des Umsatzes in Forschung und neue Maschinen investiere, fügt aber hinzu, dass seine größte Sorge die Anwerbung neuer Mitarbeiter sei. „In erster Linie geht es darum, junge Leute für das Unternehmen zu gewinnen, denn sonst besteht die Gefahr, dass wir uns nicht weiterentwickeln können. Wir verfügen derzeit über 52 Mitarbeiter und haben freie Stellen zu besetzen, die vom Lagerarbeiter bis zur Arbeitsstelle für Universitätsabsolventen der Spitzentechnologie reichen“, erläutert Umberto Boschiero.
Die Anwerbung neuer Mitarbeiter erweist sich als sehr schwierig. „Obwohl wir mit Universitäten und Berufsschulen in Verbindung stehen und obwohl wir verschiedene Kanäle zur Mitarbeiteranwerbung – von der Mundpropaganda bis hin zu den sozialen Netzwerken – nutzen, ist die Suche schwierig. Um neue Mitarbeiter zu finden, müssen wir verschiedene Hebel in Bewegung setzen. Es ist nicht mehr nur eine Frage des Geldes. Wir müssen die Arbeitsplätze in den Augen der jungen Leute attraktiv und ‚schön‘ gestalten und ihnen das Bewusstsein vermitteln, dass sich die Werkhallen geändert haben und dass es sich lohnt, in der Produktion zu arbeiten. Man bedenke nur, dass wir statt der sechs jungen Leute, die wir eigentlich gesucht hatten, drei Rentner eingestellt haben“, so der Chef von Simplex Rapid gegenüber dem Corriere della Sera. Umberto Boschiero glaubt auch, dass es in diesem Sinne auch einer neuen Unternehmenskultur bedürfe.
Umberto Boschiero unterstreicht, dass Simplex Rapid rund 70 Prozent seiner Erzeugnisse exportiert. Von den Behörden und vom Staat erwartet er sich, dass die für ein erfolgreiches Wachsen und Gedeihen der Kleinunternehmen notwendigen Rahmenbedingungen verbessert werden.
Die Nachricht, dass anstatt sechs junger Leute drei Rentner angestellt wurden, sorgte auch außerhalb der italienischen Wirtschaftswelt für erhebliches Aufsehen. Da die Jungen immer weniger werden – meint ein Kommentator – ist es gut und recht, gesunden, arbeitswilligen und erfahrenen „Alten“ die Möglichkeit zur Rückkehr in die Arbeitswelt zu geben. Es gilt – so diese Stimmen – geeignete rechtliche, steuerliche und finanzielle Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.