Die Politik reagiert unterschiedlich

Sexuelle Gewalt vor Trientner Spital verweist auf grundlegende Probleme

Samstag, 15. Februar 2025 | 10:06 Uhr

Von: mk

Trient – Ein 29-jähriger Mann aus Pakistan, der über keine feste Unterkunft verfügt, ist am Freitag gegen 7.00 Uhr in der Früh festgenommen worden, weil er in der Nähe des Trientner Krankenhauses einer jungen Praktikantin sexuelle Gewalt angetan hat. Der Fall hat tiefe Bestürzung im Trentino ausgelöst und legt gleichzeitig grundlegende Probleme offen.

Einer ersten Rekonstruktion zufolge überraschte der Mann die junge Frau, die sich gerade in der Nähe des Mitarbeitereingangs aufhielt, von hinten und begrapschte sie. Wie die Nachrichtenagentur Ansa schreibt, ist der mutmaßliche Täter den Behörden wegen anderer Gewalttaten bereits bekannt.

Trotz des Schocks besaß die junge Frau die Geistesgegenwart, laut um Hilfe zu rufen und so die Aufmerksamkeit einiger Krankenpfleger zu erregen, die sich wegen des Schichtwechsels in der Nähe aufhielten.

Die Krankenhausmitarbeiter eilten ihr zu Hilfe und hielten den 29-Jährigen bis zum Eintreffen der Ordnungshüter fest. Der Mann wurde von den Carabinieri in Gewahrsam genommen und ins Gefängnis überstellt, wo er nun auf den Haftprüfungstermin wartet. Gleichzeitig wurde die Staatsanwaltschaft informiert.

Wie italienische Medien berichten, ist der Mann, der offensichtlich unter persönlichen Problemen leidet, bereits in den Wochen zuvor wegen Gewalt aufgefallen. Die Kombination aus Alkohol, Drogen und psychischen Störungen ist auch in unserer Region in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer gesellschaftlichen Realität geworden. Viele, die obdachlos sind und am Rande der Gesellschaft leben, fallen dabei durch den Rost. Die Betroffenen bleiben ihrem Schicksal überlassen, bis sie durch irgendwelche Straftaten ins Rampenlicht der Öffentlichkeit geraten.

Der Hund liegt bereits im System begraben: Möglichkeiten einer konkreten Hilfe gibt es kaum. Sind die Betroffenen volljährig, dürfen Institutionen gegen deren Willen nicht einschreiten. Oft führt dies dazu, dass sich Süchte und Störungen verschlimmern und das Leid zunimmt. Auch psychiatrische Zwangseinweisungen sind nicht immer ein probates Mittel: Werden die Betroffenen aus den klinischen Einrichtungen entlassen, kehren sie oft umso wütender und frustrierter auf die Straße zurück. Programme zu Wiedereingliederung in die Gesellschaft gibt es kaum.

Dies gilt auch für Gefängnisaufhalte. Landet eine Person hinter Gittern, droht ein Teufelskreis. Ist die Haftstrafe einmal abgebüßt, gibt es kaum Möglichkeiten, im gesellschaftlichen Leben wieder Fuß zu fassen. Die Folge sind Rückfälligkeit und neue Haftstrafen.

Im Trentino gibt es eigene Einrichtungen, die Menschen mit psychiatrischen Störungen, die Straftaten begangen haben, aufnehmen sollen – sogenannte “Rems”. Allerdings sind die zehn Plätze, die zur Verfügung stehen, bei Weitem nicht ausreichend, zumal auch Betroffene aus Südtirol dort untergebracht werden.

Bereits vor dem sexuellen Übergriff auf die Praktikantin soll der 29-jährige Pakistaner ein bekanntes Gesicht für die Behörden gewesen sein. Unter anderem ist er auf Ordnungshüter losgegangen und hat kleinere Brände gelegt. Psychiatrische Maßnahmen sind jedoch nie ergriffen worden. Stattdessen wurde er lediglich auf freiem Fuß angezeigt – bis zu dem Vorfall am Freitag.

Einerseits ist klar, dass der Sanitätsbetrieb und psychiatrische Einrichtungen kein Garant für die öffentliche Sicherheit sein können. Andererseits wachsen soziale Not und existentielles Unbehagen in der Gesellschaft. Um das kollektive und individuelles Wohlbefinden weiterhin zu gewährleisten, braucht es wohl den Einsatz aller – sowohl der Institutionen, der Behörden als auch der Bürger. Patentrezept liegt jedoch keines vor.

Die Politik im Trentino hat unterdessen unterschiedlich auf den Vorfall reagiert. Während Vertreter aller Parteien die sexuelle Gewalt verurteilt und ihre Solidarität mit der jungen Frau bekundet haben, hat der Trientner Bürgermeister Franco Ianeselli die Lega scharf angegriffen und die Migrationspolitik sowohl auf Provinz- als auch auf nationaler Ebene kritisiert. Einerseits habe man es nicht geschafft, den Zustrom neuer Migranten zu unterbinden, andererseits würden Migranten, die bereits im Land sind, oft sich selbst überlassen. „Die Stadt verteidigt sich, so gut sie kann und dehnt Aufenthaltsverbote bis hin zum Gebiet des Krankenhauses auf, während sie gleichzeitig versucht, jene Dienste zu stärken, die das soziale Unbehagen eindämmen“, betonte Ianeselli.

Der Lega-Abgeordnete Mirko Bisesti wirft den Ball hingegen zurück und bemängelt, dass die Lega in der Vergangenheit von Mittelinks-Regierungen kritisiert worden sei, wenn sie Einwanderung als Thema aufgeworfen habe.

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