Von: ka
Gazzo Veronese – Den alten Ägyptern war der Ibis heilig, für die Ackerbauern in der Ebene südlich von Verona werden die meist am Wasser lebenden Vögel mit den langen, gebogenen Schnäbeln aber zunehmend zur Plage.
Im Gegensatz zu den Nutrias, die ebenfalls große Schäden auf den Feldern anrichten können, dürfen die aus Nordafrika stammenden Ibisse wegen ihres strengen Schutzstatus jedoch nicht geschossen werden. Die verzweifelten Bauern weisen darauf hin, dass der Schutzstatus angesichts der großen Zahl – mittlerweile sollen Zehntausende Ibisse in der Poebene ihr Unwesen treiben – nicht mehr gerechtfertigt sei und fordern die Politik auf, die Vögel zur Jagd freizugeben. „Sie verwüsten die Felder, erlaubt uns, sie zu schießen“, fordern die Veroneser Bauern von der Politik.
Das immer mildere Klima in der Poebene lockt zunehmend Vogelarten an, die dort nicht heimisch sind. Darunter ist zum Leidwesen der Landwirte auch eine Vogelart, die auf den landwirtschaftlichen Flächen Schäden anrichtet. Seit einiger Zeit werden die Felder in der Ebene südlich von Verona vom Heiligen Ibis heimgesucht, jenem berühmten Vogel, der den alten Ägyptern heilig war und der sich durch seinen gebogenen schwarzen Schnabel und sein weißes Gefieder auszeichnet.
Der italienische Bauernverband schlägt Alarm und fordert die Politik auf, die Lösung des Problems in die Hände der Landwirte zu legen. Vanni Stoppato, seit über 70 Jahren Landwirt in Gazzo Veronese, ist außer sich. „Das ist eine regelrechte Invasion. Da die Winter immer milder werden, fühlen sich die aus Nordafrika stammenden Vögel bei uns sehr wohl. Deshalb wimmelt es hier von den drei bis vier Kilogramm schweren Vögeln, die sich von Fröschen, Eidechsen – es gibt keine mehr –, Enten- und Fasaneneiern ernähren. Mit ihren Schnäbeln graben sie im Boden, ziehen Regenwürmer heraus und schwächen ihn dadurch. Im Gegensatz zu den Nutrias dürfen sie nicht getötet werden. Weil sie für Naturschützer unantastbar sind, nehmen sie es uns übel, wenn wir sie abschießen wollen. Aber inzwischen sind diese Vögel überall und richten Schäden an, wir säen Mais und ernten nichts. Deshalb bitten wir darum, sie abschießen zu dürfen. Man muss uns erlauben, dieses Problem selbst in die Hand zu nehmen, denn wir haben uns immer um unser Land gekümmert“, fordert Vanni Stoppato.
Die Botschaft des betagten Bauern aus Gazzo Veronese richtet sich vor allem an die Politik. In den letzten Wochen hat der Regionalrat der Lega, Filippo Rigo, angekündigt, dass die Region Venetien in den nächsten drei Jahren eineinhalb Millionen Euro für die Bekämpfung der Nutrias, der Biberratten, zur Verfügung stellen wird.
Vanni Stoppato kann diesen Ankündigungen wenig abgewinnen. „Das ist nur Wahlkampf. Das Geld geht an die Jäger für Patronen, aber wer weiß, ob sie sie wirklich zur Jagd gehen. Es sind Freiwillige, die nicht verpflichtet sind, zu schießen. Außerdem gibt es keinen festen Zeitpunkt, zu dem die Biberratten auftauchen. Wenn man ihnen nachstellt, verstecken sie sich, wechseln die Zeit oder wandern in andere Gebiete ab. Obendrein vermehren sie sich sehr stark, ein Weibchen kann pro Jahr bis zu 80 Junge zur Welt bringen“, erklärt der Landwirt.
Was Nutria und Ibis gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass beide in Italien ursprünglich nicht heimisch waren. Während man bei den Ibissen davon ausgeht, dass sie von freilebenden Populationen aus Zoos in Frankreich abstammen, wurden die aus Südamerika stammenden Nutrias wegen ihres Fells nach Italien gebracht.
Die Wühltätigkeit der Nagetiere schwächt die Dämme und ihrem Appetit fallen viele Nutzpflanzen zum Opfer. Anders als in ihrer Heimat, wo die Nahrung der Nutria ausschließlich aus Wasserpflanzen besteht, hat sich die Art in unseren Breiten auch an Kulturpflanzen wie Reis, Mais, Sonnenblumen, Zuckerrüben und Gemüsearten wie Karotten und Chicorée angepasst. Felder, die an natürliche Gewässer oder Gräben grenzen, werden von ihr ständig „abgegrast“.
Gemeinsam ist beiden Arten auch, dass sie die einheimische Tierwelt schädigen. Während die Ibisse viele in der Poebene lebende Tiere jagen oder deren Gelege plündern, bedrohen die Biber die einheimischen Wasservögel, indem sie deren Brutplätze besetzen und die Gelege ins Wasser werfen. Im Interesse der heimischen Artenvielfalt sollten daher – so die Meinung vieler Naturbeobachter – auch radikale Naturschützer ihre Meinung über den immer noch streng geschützten Ibis überdenken.
Der in Nordafrika beheimatete Heilige Ibis ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem in Europa heimischen Waldrapp. Letzterer ist stark gefährdet.
Es besteht die Gefahr, dass verzweifelte Bauern Gift auf ihren Feldern ausbringen, was schwerwiegende Folgen haben kann. „Erteilt den Landwirten ordnungsgemäße Genehmigungen für die Jagd auf Biberratten und Ibisse, ohne sich an das derzeitige Verfahren halten zu müssen, das voller Vorschriften ist und uns schadet. In zwei oder drei Monaten hätten wir das Problem gelöst“, schlägt Vanni Stoppato vor.
Die Diskussion in Venetien erinnert an die Wolfsdebatte in Südtirol.
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