Tod eines drei Monate alten Mädchens: Prozess gegen Eltern – VIDEO

„Sie war unterernährt und wurde geschlagen“

Freitag, 26. April 2024 | 07:58 Uhr

Von: ka

Garlasco/Pavia – Ein Gericht in Pavia in der Lombardei wird demnächst Schauplatz eines Prozesses in einem Fall sein, der die italienische Öffentlichkeit erschüttert.

Zweieinhalb Jahre, nachdem ein drei Monate altes Mädchen mit schweren Atembeschwerden ins Krankenhaus eingeliefert worden und wenig später dort gestorben war, entschied die zuständige Staatsanwaltschaft von Pavia, die Eltern vor Gericht zu stellen und ihnen den Prozess zu machen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war, dass dem Ergebnis der autoptischen Untersuchung zufolge das Kind unterernährt gewesen und mehrfach misshandelt worden war.

APA/APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Die traurige Geschichte des Falls begann am Morgen des 18. November 2021 in einer Wohnung in Garlasco bei Pavia. Als die 30-jährige Mutter des damals drei Monate alten Mädchens bemerkte, dass ihre kleine Tochter blau geworden war und kaum mehr atmete, alarmierte sie die Rettungskräfte. Trotz des rechtzeitigen Eingreifens des Notarztes und seines Teams befand sich das kleine Mädchen bereits in einem sehr kritischen Zustand, als es in der Notaufnahme des Krankenhauses San Matteo von Pavia ankam. Die Kleine starb kurz darauf an den Folgen seiner schweren Atemwegsbeschwerden.

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In einem ersten Moment wurde von einem tragischen Fall plötzlichen Kindstods ausgegangen, aber den Ärzten des Krankenhauses von Pavia fiel sofort auf, dass das kleine Mädchen stark unterernährt war und viel weniger wog, als es eigentlich sollte. Wie in solchen Fällen üblich schalteten die Mediziner die Staatsanwaltschaft von Pavia ein.

Die in der Folge vom Staatsanwalt angeordnete Autopsie brachte die Wende. Dem Ergebnis der autoptischen Untersuchung zufolge wies das Mädchen an mehreren Stellen ihres kleinen Körpers Brüche und andere Anzeichen schwerer Gewalteinwirkung auf, was vermuten ließ, dass das Mädchen über einen längeren Zeitraum hinweg geschlagen worden ist. Laut Ansicht des Gerichtsmediziners könnten die schweren Atembeschwerden, die zum Tod der Kleinen führten, durchaus eine Folge fortdauernder Misshandlungen gewesen sein. Der Autopsiebericht veranlasste die Staatsanwaltschaft von Pavia dazu, gegen die Eltern wegen Kindesmisshandlung ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Scheinbar stammte das Mädchen aus einer vollkommen normalen Familie, die vor dem Tod der Kleinen weder durch häusliche Gewalt oder Drogenabhängigkeit noch durch Formen der Verwahrlosung aufgefallen wäre. Während der Vater, der ausländischer Herkunft ist, im Baugewerbe arbeitet, ist die italienische Mutter eine Hausfrau. In der Familie lebte auch die ältere Schwester des verstorbenen Mädchens. Auch wenn es für die Schwester keine Hinweise auf Misshandlungen geben soll, wurde sie dennoch aus Sicherheitsgründen aus der Familie entfernt und bis zur gerichtlichen Klärung des Sachverhalts in die Obhut einer Gemeinschaft überführt.

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Auffallend ist, dass innerhalb des Verwandten- und Familienkreises der Verdächtigen tiefe Zerwürfnisse vorhanden sind. Einige Verwandte beschlossen nach dem Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens, sich dem kommenden Prozess als Nebenkläger anzuschließen. Obwohl diese Verwandten des verstorbenen Mädchens und ihrer Eltern – Onkel, Großeltern und Schwägerinnen – die Familie immer wieder besucht haben, seien ihnen aber dennoch nie Formen von Misshandlungen aufgefallen.

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Im kommenden Prozess wegen Kindesmisshandlung, der im Rahmen eines verkürzten Verfahrens im Juni stattfinden wird, wird es aber nicht „nur“ um die möglicherweise verübten Misshandlungen, sondern auch um die Tatsache gehen, dass das Kleinkind stark unterernährt war. Der Prozessbeginn wird mit Spannung erwartet.