Von: mho
Palermo – In Sizilien wird am heutigen Sonntag gewählt. Es ist der letzte Wahlgang vor den Parlamentswahlen im Frühjahr, der letzte Test für Parteien und Koalitionen, sich an einem Wahlgesetz zu messen, welches nicht weit vom neuen “Rosatellum” entfernt ist. Die Kräfteverhältnisse in der Inselregion gelten für Experten als repräsentativ für die italienische Politik. Erwartungsgemäß werden die Ergebnisse der Regionalwahl somit ein bevorzugtes Instrument für diejenigen sein, die in der PD, in der Mitte-Rechts-Allianz und auch in der M5S angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen das innere Gleichgewicht ändern wollen. Indes sorgen die letzten Web-Aufrufe von Beppe Grillo und Giancarlo Cancelleri sowie die Polemik um die Stimmenauszählung, welche erst zehn Stunden nach der Schließung der Wahlurnen stattfinden soll, bereits am Wahltag für heftige Diskussionen.
Gegner werfen Grillo Bruch der Wahlstille vor
“Das ist ein Referendum zwischen einer aussterbenden Welt und uns, die auf den Horizont blicken”, so der feierliche Appell, den Grillo vom Blog aus vor allem an junge Wähler richtet. “Mit dem Sonderstatut können wir wirklich versuchen, Sizilien gemeinsam mit euch zu verändern. Ich weiß nicht, ob wir es schaffen, da bin ich ehrlich. Wir könnten jedoch zu einem Bezugspunkt werden”, betonte Grillo und wiederholt damit die Schlüsselbegriffe seiner drei Wahl-Besuche in Sizilien. Kurz darauf wandte sich Spitzenkandidat Giancarlo Cancelleri an die sizilianischen TV-Stars – von Ficarra und Picone bis Fiorello – und bat sie um die Nicht-Wähler zur Stimmabgabe zu bewegen.
Den Konkurrenten zufolge verstöße dieser kurzfristige Aufruf gegen die so genannte Wahlstille (silenzio elettorale), welche jegliche Wahlkampfaktivität am Vortag sowie am Wahltag selbst untersagt. “Grillo und Cancelleri verletzen die Wahlstille. Ich hoffe auf die Intervention der zuständigen Behörden”, lautet die Reaktion des Personals des Mitte-Rechts-Kandidaten Nello Musumeci, während der sizilianische Abgeordnete der Lega, Alessandro Pagano, stichelt: “Seht her, die Verfechter der Legalität, die die Wahlstille verletzen”. Dieses Wagnis der 5-Sterne-Bewegung hat allerdings einen guten Grund: die Stimmenthaltung soll ein Schlüsselfaktor bei der Wahl sein. Der M5S ist nämlich davon überzeugt, dass die eigenen Siegchancen umso größer sein würden, je mehr Menschen zu den Urnen gehen. Laut Beobachtern wird es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Mitte-Rechts und M5S geben.
Wahlpleite könnte Renzi in Schwierigkeiten bringen
Fabrizio Micari, Kandidat von PD-AP, erscheint nach jüngsten Prognosen auf Platz drei. Die Entfernung zwischen Micari und den beiden Favoriten sowie der kleine Prozentsatz, den der PD erreichen wird, riskieren ein innerparteiliches Erdbeben im regierenden Partito Democratico und gegen Matteo Renzi auszulösen. “Mitte-Rechts wird gewinnen und das Chaos wird links sein”, prognostiziert Forza Italia-Chef Renato Brunetta.
Auszählung beginnt erst um acht Uhr morgens
Wenn die Urnen um 22.00 Uhr geschlossen werden, wird die Hochrechnung erste Antworten zum Wahlergebnis geben. Auch mit dieser Sonderregelung ist nicht jeder einverstanden. “Es ist falsch, die Wahlurnen den ganzen Sonntag geschlossen zu lassen. Es ist nicht klar, warum das so gemacht wird. Wenn jemand listig sein wollte, hätte er so mehr Chancen”, kritisierte Erasmo Palazzotto von der italienischen Linke. Der SEL-Abgeordnete Erasmo Palazzotto sagte, er habe zwar Vertrauen in die Ordnungskräfte, betonte aber zugleich: “Ich verstehe den Grund für diese Entscheidung nicht”. Eine Entscheidung, die laut Palazzotto am Ende einer hitzigen Kampagne der “unvorstellbaren” und gewalttätigen Tweets die Gefahr berge, einen weiteren Zünder in einen bereits in Flammen stehenden Heuhaufen zu werfen.