Verhaftete Skigebietsbetreiber in Hausarrest – VIDEO

Skandal in Val Palot: Unfalltod eines Skiliftangestellten vertuscht

Dienstag, 28. Januar 2025 | 07:04 Uhr

Von: ka

Pisogne – Das Skigebiet Val Palot im Gemeindegebiet von Pisogne in der Provinz Brescia ist Schauplatz eines Skandals, der auch in den Skigebieten Südtirols mit Interesse verfolgt werden dürfte.

Mit der Anschuldigung, den Unfalltod des 67-jährigen Liftangestellten Angelo Frassi vertuscht zu haben, wurden seine Arbeitgeber verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Ein Kollege des 67-Jährigen, der verdächtigt wird, dabei mitgeholfen zu haben, den Unfalltod als eine tragische Folge von Übelkeit oder eines Herzinfarkts darzustellen, wurde ins Ermittlungsregister eingetragen.

Den bisherigen Ermittlungen zufolge war die Leiche von Angelo Frassi, der am Morgen des 28. Dezember von der Spitze eines Liftpfeilers sieben Meter in die Tiefe gestürzt war und sich dabei tödliche Verletzungen zugezogen hatte, verstellt worden, um einen tragischen, aber „fast natürlichen“ Tod vorzutäuschen.

Facebook/Valpalot Ski

Zunächst deutete wenig darauf hin, dass der 67-jährige Liftangestellte Angelo Frassi bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen war. Am Samstag, den 28. Dezember 2024, wurden die Rettungskräfte des Areu der Lombardei zu einem Einsatz ins Skigebiet Val Polot hoch über Pisogne am Iseosee alarmiert. Für Angelo Frassi, der vor seinem Lifthäuschen einer Bergstation eines Skilifts lag, kam jedoch jede Hilfe zu spät. Dem Notarzt blieb nur mehr die traurige Aufgabe, den Tod des 67-Jährigen festzustellen.

Den Rettungskräften wurde berichtet, dass Frassi bei der Öffnung der Lifte nicht auf die Funksprüche seiner Kollegen geantwortet hätte. Um nachzusehen, was passiert war, wären seine Kollegen mit dem Schneemobil zur Bergstation gefahren, wo sie ihn leblos auf dem Boden liegend vor seinem Lifthäuschen gefunden hätten.

Die von der regionalen Notrufzentrale entsandten Retter stellten keine besonderen Auffälligkeiten fest, aber als die Carabinieri von Breno und die Bergretter der Finanzwache von Edolo den Unglücksort in Augenschein nahmen, fielen ihnen bald mehrere Ungereimtheiten auf, die nicht zu den gegenüber den Rettungskräften getätigten Aussagen passten. Um dem Tod des älteren Mannes auf den Grund zu gehen, nahmen die Beamten umgehend Ermittlungen auf. Auf Betreiben der Ordnungskräfte ordnete die Staatsanwaltschaft von Brescia die Autopsie der Leiche des Verstorbenen an.

Facebook/Valpalot Ski

Um die Ermittlungen nicht zu gefährden, übten die Carabinieri und die Beamten der Finanzwache größtes Stillschweigen. Nicht einmal die Familie des Toten erfuhr etwas von den Zweifeln der Ermittler, die nach weiteren Indizien und Beweisen suchten. Selbst am Tag der Beerdigung, dem 11. Januar, war noch von einem Herzinfarkt die Rede.

Die Bemühungen der Ordnungskräfte zeigten bald Früchte. Entgegen den Erstaussagen war Angelo Frassi nicht einem Herzinfarkt oder einer plötzlichen Übelkeit erlegen, sondern an den Folgen eines Sturzes aus etwa sieben Metern Höhe gestorben. Letzten Erkenntnissen zufolge war er bis auf die Spitze eines Liftpfeilers geklettert, um einen plötzlich aufgetretenen Defekt zu beheben, wobei er jedoch den Halt verloren hatte. Der Pfeiler hatte keinen Schutz, und Frassi war für diese Art von technischen Eingriffen nicht ordnungsgemäß ausgebildet worden. Laut dem Autopsiebericht, der die bisherigen Ermittlungsergebnisse zum Tod des 67-Jährigen stützt, hatte ein Sturz aus großer Höhe seinen Brustkorb zerquetscht und eine tödliche Verletzung seines Herzens verursacht.

Facebook/Valpalot Ski

Um den tödlichen Arbeitsunfall von Angelo Frassi, der massive Sicherheits- und Ausbildungsmängel offengelegt und den Liftbetreibern daher große Schwierigkeiten bereitet hätte, zu vertuschen, wäre den Anschuldigungen zufolge Frassis Leiche vom Aufprallort unter dem Pfeiler zum späteren Fundort vor dem Lifthäuschen gebracht worden.

Nachdem die Ermittler genügend belastendes Material gesammelt hatten, holten sie am Freitagabend zum großen Schlag aus. Die beiden Geschäftsführer des Unternehmens Val Palot Ski, Nicoletta Merighetti und Silvano Sorio, die die Skilifte und Pisten des gleichnamigen Skiorts in der Gemeinde Pisogne betreiben, wurden wegen fahrlässiger Tötung in Verbindung mit Verstößen gegen die Vorschriften zur Verhütung von Arbeitsunfällen verhaftet. Einer ihrer Angestellten hingegen, dem Beihilfe zur Last gelegt wird, wurde ins Ermittlungsregister eingetragen. Der Lift „Duadello“, wo der tödliche Arbeitsunfall geschehen war, wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt.

Facebook/Valpalot Ski

Die beiden Verhafteten sind in der Skiwelt sehr bekannt. Während es sich bei Nicoletta Merighetti um eine ehemalige Skirennfahrerin handelt, steht ihr Ehemann Silvano Sorio dem örtlichen Skiclub vor. Die beiden Liftunternehmer, die in ihrem Haus in Tavernole sul Mella unter Hausarrest stehen, warten dem Anwalt zufolge auf ihr erstes Verhör.

Die Ermittlungen und Festnahmen lösten weit über Pisogne hinaus ein Erdbeben aus. Der vertuschte Arbeitsunfall, die offensichtlichen Sicherheits- und Ausbildungsmängel und nicht zuletzt der Skandal um die Verhaftung der prominenten Ex-Skirennläuferin riskieren sogar, die Zukunft des kleinen, aber feinen Skigebiets Val Palot zu gefährden. Die Region Lombardei, die für die Erneuerung und den Ausbau des Skigebiets Val Palot die Genehmigung eines Beitrags von fast einer Million Euro plant, könnte die entsprechende Vereinbarung platzen lassen.

Seit dem folgenreichen Auffliegen des vertuschten Arbeitsunfalls gehen in Pisogne daher Existenzängste um. „Was wird nun aus unserem Gebiet?“, fragen sich viele Einheimische, die direkt oder indirekt vom Skitourismus abhängen.

 

 

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