Staatsanwaltschaft gibt Leichnam frei

Sorgerechtsstreit als Auslöser für die Bluttat im Trentino?

Sonntag, 14. Januar 2024 | 10:59 Uhr

Von: mk

Valfloriana – Noch immer wird nach einem Motiv für den Frauenmord im Trentino gesucht. Wie berichtet, ist Ester Palmieri von ihrem 45-jährigen Ex-Partner Igor Moser in Valfloriana im Cembra-Tal gleich hinter der Grenze zur Südtiroler Gemeinde Altrei getötet worden.

Rekonstruktionen zufolge dürfte die 37-Jährige vom Angreifer von hinten überrascht worden sein. Laut Obduktion wurde ihre Halsschlagader mit einem einzigen Schnitt durchtrennt. Die Frau starb innerhalb weniger Minuten am Blutverlust. Anschließend machte sich der 45-Jährige auf dem Weg in seine Wohnung in Castello di Fiemme. Dort erhängte er sich an einem Dachbalken.

Vermutet wird nun, dass ein Sorgerechtsstreit den Mann zum Mord getrieben haben könnte. Zwölf Jahre waren Igor Moser und Ester Palmieri ein Paar. Seit einigen Monaten lebten sie aber im Zuge der Trennungsphase in getrennten Wohnungen.

Erst kürzlich wurde Moser von der Anwältin von Palmieri kontaktiert. Es ging um eine Mediation für das Sorgerecht. Moser dürfte in diesem Moment klar geworden sein, dass es kein Zurück gibt und die Partnerschaft endgültig vorbei ist.

Offenbar hat der Mann vor der Bluttat einen eingeschriebenen Brief der Anwältin erhalten. Erst nachdem ihn seine Ex-Partnerin dazu aufgefordert hatte, holte er den Brief ab. Anschließend rief er die Anwältin am Telefon an. Zwei Tage später kam es zur Bluttat.

Die Ermittler schließen nicht aus, dass Igor Moser auch von ökonomischen Motiven geleitet worden sein könnte. Offenbar wurde der 45-Jährige finanziell von Ester Palmieri unterstützt, solange sie ein Paar waren. Die Aussicht, künftig in dieser Hinsicht alleine dazustehen und Unterhaltszahlungen leisten zu müssen, könnten laut den Behörden ein zusätzliches Motiv neben der Nicht-Akzeptanz des Verlusts der Beziehung sein.

Nach der Obduktion hat die Trientner Staatsanwaltschaft den Leichnam zur Bestattung freigegeben. Am Tag der Trauerfeier bleibt die Schule in der 500-Seelen-Gemeinde geschlossen. Dies hat Bürgermeister Michele Tonini in einer Verordnung festgelegt. Das Begräbnis von Igor Moser findet hingegen am 15. Jänner in Castello di Fiemme statt.

In Trient haben sich unterdessen am Samstagabend Hunderte Personen im Rahmen einer Kundgebung versammelt. „Männer gegen Gewalt an Frauen“ lautete das ausgegebene Motto der Veranstaltung. 60 männliche Vertreter der Zivilgesellschaft sowie aus Politik und Wirtschaft zählen zu den Initiatoren. Sie haben entschlossen, der Gewalt an Frauen öffentlich eine klare Absage zu erteilen, wie die Nachrichtenagentur Ansa schreibt.

Nach dem Mord an Ester Palmieri haben weitere 500 Männer in Trient einen Appell unterschrieben, der kurz zuvor lanciert worden war. Zu den ersten Unterzeichnern zählt der Trientner Bürgermesiter Franco Ianeselli. Er hat auch an der Kundgebung am Samstag teilgenommen.

Erschienen ist auch Carlo Micheluzzi, der Bruder von Viviana Micheluzzi, die im Jahr 2022 im Fleimstal von einem Mann getötet worden war. Massimo Baroni, der Vater Alba Chiara Baroni, die in Tenno im Trentino im Jahr 2017 von ihrem Verlobten getötet worden war, war ebenfalls anwesend.

Während noch vor wenigen Jahren Frauen getötet wurden, weil sie als Besitz von Männern betrachtet worden waren, sind Frauenmorden heute oft mit der Unfähigkeit von Männern verknüpft, den Wandel und die Freiheit zur Selbstbestimmung von Frauen zu akzeptieren“, erklärte Barbara Poggio, die Verantwortliche für Chancengleichheit an der Universität Trient im Rahmen der Kundgebung. Im Rahmen der Prävention habe die Schule den Auftrag, Rollenklischees zu durchbrechen. Innerhalb der Familien sei dies nicht immer möglich.