„Silvesterschuss“: Für Emanuele Pozzolo wird es eng – VIDEO

„Spuren von Schießpulver an Händen und Kleidung“

Mittwoch, 24. Januar 2024 | 07:09 Uhr

Von: ka

Rosazza/Biella – Für Emanuele Pozzolo, gegen den nicht „nur“ wegen unsachgemäßer Aufbewahrung einer Waffe und Verursachung gefährlicher Explosionen, sondern seit der Anzeige des Opfers auch wegen Körperverletzung ermittelt wird, wird es eng.

Obwohl der Fratelli d’Italia-Abgeordnete seit der fatalen Neujahrsnacht ständig beteuert, mit seiner Waffe nicht selbst auf den 31-jährigen Luca Campana geschossen zu haben, wurden laut dem Ergebnis der forensischen Suche nach Schmauchspuren an seinen Händen und an seiner Kleidung Spuren von Schießpulver gefunden. Dieser Befund würde zu mehreren Zeugenaussagen passen. Mehreren Zeugen zufolge habe Pozzolo kurz vor dem fatalen Schuss die Pistole in seinen Händen gehalten.

Facebook/Emanuele Pozzolo

Seit dem fatalen Schuss, der am frühen Neujahrsmorgen aus seiner Waffe fiel und den 31-jährigen Luca Campana verletzte, wehrt sich der Fratelli d’Italia-Abgeordnete Emanuele Pozzolo mit Händen und Füßen gegen den von der ermittelnden Staatsanwaltschaft von Biella erhobenen Verdacht, dass er selbst für das Abfeuern der Kugel verantwortlich gewesen sei. Emanuele Pozzolo, der sich vor den Carabinieri zunächst auf die parlamentarische Immunität berief, willigte wenig später dennoch ein, seine Hände auf Schmauchspuren testen zu lassen und den Beamten seine zur Tatzeit getragene Kleidung zu übergeben.

Seit drei Wochen beteuert der inzwischen von seiner Partei suspendierte Fratelli d’Italia-Abgeordnete, mit seiner als „Handtaschenwaffe“ beschriebenen North American Arms LR22 nicht selbst geschossen zu haben, aber die Untersuchungen, die nun der Staatsanwaltschaft von Biella vorliegen, bringen seine Darstellung gehörig ins Wanken. Die mit den Untersuchungen betrauten forensischen Experten bezeichnen die Menge der an den Händen von Emanuele Pozzolo nachgewiesenen Schießpulverrückstände als „signifikant“.

Facebook/Emanuele Pozzolo

Das ist aber nichts alles. Wie die römische Tageszeitung La Repubblica berichtet, wurden an der Kleidung, die der Abgeordnete am Silvesterabend getragen hatte, weitere Pulverrückstände entdeckt. Beide Befunde würden zu mehreren Zeugenaussagen passen. Alle Zeugen, die zur Tatzeit anwesend waren, sind sich darin einig, dass Pozzolo die Waffe in seinen Händen gehalten habe.

Einer von ihnen ist der Fratelli d’Italia-Lokalpolitiker Davide Zappalà. „Die Waffe befand sich in seiner Hand. Vielleicht ließ er im Umgang mit dem kleinen Revolver nicht die nötige Vorsicht walten, aber niemand außer ihm hatte sie in der Hand. Es löste sich nur ein Schuss“, so Davide Zappalà, der bereits in der Unglücksnacht von den Carabinieri vernommen wurde.

Facebook/Sostenitori Della Polizia di Stato

Schade nur, dass die zu Protokoll gegebenen Aussagen mehrerer Zeugen zwar eine recht detailreiche Rekonstruktion der Geschehnisse in der Tatnacht zulassen, sich aber eine Lücke von etwa 20 Sekunden dennoch nicht schließen lässt. Niemand, der an der Silvesterfeier teilnehmenden Personen sah, wie der Abgeordnete den Hammer der Waffe spannte und den Abzug betätigte.

Es gibt jedoch noch ein weiteres Problem, das die Beweisführung der Staatsanwaltschaft von Biella untergraben könnte. Pozzolos Hände wurden erst vier Stunden nach dem Abfeuern der Kugel untersucht. Zudem wurde diese Untersuchung nur an Pozzolo und nicht an allen anderen Personen, die sich zur Tatzeit im Raum befunden hatten, vorgenommen. Unter anderem wurde der Leiter des Begleitschutzes des Unterstaatssekretärs Andrea Delmastro, Pablito Morello, nicht einer Untersuchung auf Schmauchspuren unterzogen.

Facebook/Emanuele Pozzolo/Emanuele Pozzolo, rechts, mit Andrea Delmastro.

„Da die Waffe immer noch auf dem Tisch lag, schrie meine Frau ‘Leg die Waffe weg! Nimm sie weg!’. Pozzolo stand unter Schock. Er sprach lange Zeit kein Wort. Es war Morello, der die Waffe sicherte und auf ein Möbelstück legte. Dann erschienen die Carabinieri und die Rettungskräfte“, beschreibt ein anderer Fratelli d’Italia-Lokalpolitiker, Luca Zani, die panischen und hektischen Momente, die dem Schuss folgten. Auch diese Aussage soll nun auch der Staatsanwaltschaft von Biella vorliegen.

Nach halbherzigen Aussagen von Pozzolo habe Morello die Waffe aufgehoben, als sie ihm aus der Tasche gefallen sei. Erst dann soll sich der Schuss gelöst haben. Allerdings steht das Ergebnis des ballistischen Gutachtens noch aus. Die Staatsanwältin Teresa Angela Camelio ist nun mit der Aufgabe betraut, dieses Rätsel zu entwirren. Unterdes wurde Pablito Morello beurlaubt und von der Aufgabe, den Begleitschutz von Delmastro zu leiten, entbunden.

Facebook/Emanuele Pozzolo/Emanuele Pozzolo, rechts, mit Andrea Delmastro.

Zugleich fällt Emanuele Pozzolo politisch immer stärker in Ungnade. Der bisher recht erfolgreiche Politiker aus dem Piemont wird sich nicht nur einem parteiinternen Disziplinarverfahren unterziehen müssen, sondern ist seit seiner Suspendierung auch nicht mehr Teil der Fratelli d’Italia-Fraktion der Abgeordnetenkammer. Der tief enttäuschte Emanuele Pozzolo kritisiert öffentlich, dass er „geopfert“ werden solle, um andere – gemeint ist wahrscheinlich sein ehemaliger politischer Weggefährte Delmastro – zu „retten“.

Diese Polemiken dürften ihm aber kaum dienen. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die bemüht ist, sich und ihrer Partei ein seriöses Image zu verleihen, ist fest entschlossen, hart durchzugreifen und die wenigen in den Reihen ihrer Partei verbliebenen „Rowdies“ auszusortieren. Die politische Karriere von Emanuele Pozzolo, die bis zur Silvesternacht so vielversprechend schien, dürfte sich mit dieser Legislatur erledigt haben. Über den Rest werden Gerichte befinden.