Von: ka
Mailand – Für mehrere Frauen, die auf dem Mailänder Domplatz und den benachbarten Straßen Silvester und das neue Jahr feierten, wurde die Nacht vom alten zum neuen Jahr zur Hölle.
Die Opfer wurden von Dutzenden Jugendlichen und jungen Männern, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit allein zu diesem Zweck getroffen hatten, umzingelt und sexuell angegriffen. Bisher erstatteten mindestens sieben Frauen Anzeige. Die Behörden gehen inzwischen davon aus, dass sie es mit einem Fall von Taharrusch dschama’i, von gemeinschaftlich verübten sexuellen Übergriffen auf wehrlose Frauen, zu tun haben.
Die erste Frau, die die auf sie verübten sexuellen Übergriffe zur Anzeige brachte, war die 20-jährige Laura Barbier. Die Studentin aus Anthisnes in Belgien meldete sich nach ihrer Rückkehr zuerst bei der belgischen Polizei. Daraufhin wurde sie von den italienischen Polizeibeamten angehört. Nach ihrer Anzeige nahmen die beiden Staatsanwältinnen Alessia Menegazzo und Letizia Mannella der Staatsanwaltschaft von Mailand Ermittlungen auf. Als ihr die Beamten der Mailänder Polizei drei Videoaufnahmen vorlegten, die von den zahlreichen Überwachungskameras stammen, bestätigte die 20-jährige Studentin, dass sie jene junge Frau sei, die in den drei Videos auf dem Mailänder Domplatz zu sehen ist.
Die Aufnahmen der Kameras, die den Domplatz von Mailand und die Straßen in seiner Nähe überwachen, lassen kaum Zweifel aufkommen, was in der Mailänder Silvesternacht geschehen ist.
Im ersten Video ist zu sehen, wie die junge Frau und ihre Freundinnen den Domplatz, auf dem ein Feuerwerk gezündet wird, betreten und in das Gedränge geraten. Im zweiten Video ist eine große Gruppe junger Männer zu erkennen, die sich im Kreis bewegt. In der Mitte des Kreises befinden sich Laura Barbier und ihre Freundinnen. Kurz darauf beginnen die Jugendlichen und jungen Männer eine Art „Mauer“ zu bilden und sich der jungen Frau zu nähern. Die folgenden Momente waren für die 20-Jährige und mehrere andere Frauen die Hölle.
A #4disera un’anticipazione dell’intervista a Laura Barbier, la studentessa belga aggredita in piazza Duomo a Capodanno. L'intervista integrale andrà in onda giovedì a #DrittoeRovescio.
Posted by 4 di sera on Tuesday, January 7, 2025
„Die Piazza war voller Jugendlicher und junger Männer, die Fahnen von Palästina, Türkei, Irak und Pakistan trugen und in Augenhöhe Feuerwerkskörper entzündeten. Um dem Gedränge zu entkommen, gingen ich und meine Freundinnen in Richtung der Galerie. Als wir eintraten, waren wir von etwa 40 Männern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren umringt, die uns den Weg versperrten und uns nicht passieren ließen. Dann fingen sie an, uns zu begrapschen, sie berührten uns überall, auch unter unserer Kleidung“, schildert Laura Barbier die vielleicht schlimmsten Momente ihres noch jungen Lebens.
Laut ihrer Aussage habe sie sich 30 bis 40 Sekunden lang verzweifelt mit Ohrfeigen und Fußtritten gegen die sexuellen Übergriffe zu wehren versucht. „Ein 40 bis 50 Jahre alter italienischer Mann war meine Rettung. Er wollte seine Frau retten, die neben mir stand und mit aller Kraft schrie. Indem er meinen Arm nahm, zog er auch mich aus der brodelnden Menge heraus“, so die 20-jährige Belgierin über ihre Rettung.
L'incubo di Capodanno in Piazza Duomo
L'incubo di Capodanno in Piazza Duomo Le violenze della notte di Capodanno in Piazza Duomo a Milano. Al vaglio degli inquirenti le immagini delle telecamere di sorveglianza. Nei prossimi giorni saranno ascoltate altre presunte vittimePier Damiani D'Agata per il Tg3 delle 19 dell'11 gennaio 2025
Posted by Tg3 on Saturday, January 11, 2025
Laura Barbier und zwei ihrer Freundinnen waren die ersten Opfer, die Anzeige erstatteten. Kurz darauf brachten auch eine junge Engländerin, eine Südamerikanerin und eine rund 50 Jahre alte italienische Anwältin die auf sie verübten sexuellen Übergriffe zur Anzeige. Zudem hörten die Polizeibeamten ein Ehepaar aus der Emilia-Romagna an. Die Frau berichtet, ebenfalls sexuelle Übergriffe erlitten zu haben. Noch nicht bestätigten Aussagen zufolge habe ihr Mann sowohl sie als auch die junge Belgierin gerettet.
Für Laura Barbiers Aussage, dass eine Beamtin, die „Tränen in den Augen“ hatte, ihr gesagt habe, sie könne nichts tun, fehlt ebenso noch eine offizielle Bestätigung.
Inzwischen geht die Mailänder Staatsanwaltschaft davon aus, dass es sich bei den in der Mailänder Silvesternacht verübten sexuellen Übergriffen um einen Fall von Taharrusch dschama’i handelt. Der Begriff Taharrusch dschama’i, der aus der arabischen Sprache stammt, beschreibt massive sexuelle Übergriffe auf Frauen, die von großen Gruppen von Jugendlichen und jungen Männern verübt werden, die sich eigens zu diesem Zweck verabredet haben. Die Verabredung zu diesen gemeinschaftlich verübten sexuellen Übergriffen auf wehrlose Frauen geschieht dabei zumeist über Kurznachrichten, die online in Windeseile verbreitet werden.
"Rivivo ancora quella notte, è stato un incubo". Parla al Tg1 la #studentessa belga che ha denunciato di essere stata molestata la notte di #Capodanno, in Piazza Duomo, a #Milano. #Tg1 Marilù Lucrezio
Posted by Tg1 on Thursday, January 9, 2025
Erstmals im Deutschen erwähnt wurde der Begriff in einer Stellungnahme des deutschen Bundeskriminalamts nach den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015 in Köln.
Der Domplatz von Mailand war bereits vor drei Jahren Schauplatz massiver sexueller Übergriffe gewesen. Dank intensiver Ermittlungen waren für diese Übergriffe ein Jahr später mehrere junge Männer verurteilt worden. Ob die Täter, die Laura Barbier und ihre Leidensgenossinnen angegriffen haben, ausfindig gemacht werden können, bleibt aus heutiger Sicht ungewiss.
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