Von: ka
Florenz – In der weltberühmten Kunst- und Kulturstadt Florenz ist die immer größere Anzahl von Airbnb-Unterkünften zu einem riesigen Problem geworden.
Es geht nicht nur darum, dass dem freien Wohnungsmarkt Tausende von Wohnungen entzogen werden, wodurch Kauf und Miete für Florentiner Normalbürger unerschwinglich werden, sondern auch um die immer größer werdende Konzentration auf dem Airbnb-Markt. Einzelpersonen und Einzelunternehmen bieten allein in Florenz teilweise über hundert Wohnungen an. Insgesamt befinden sich in der weltberühmten Kunst- und Kulturstadt in den Händen von nur 20 Unternehmen über 1.000 Wohnungen.
Der Bürgermeister der Stadt, Dario Nardella, und der toskanische Regionalassessor für Tourismus, Leonardo Marras, die diese Auswüchse für nicht mehr hinnehmbar halten, fordern die Regierung zum Handeln auf. „Die Regionen und Gemeinden haben keine Handhabe, um Abhilfe zu schaffen. Wir brauchen ein staatsweit gültiges Gesetz, das touristische Vermietungen einer gesetzlichen Steuerung unterwirft“, betont Leonardo Marras.
Das Bild des kleinen Vermieters, der seine Zweitwohnung – oder ein zusätzliches Schlafzimmer – zahlenden Touristen zur Verfügung stellt, ist längst eine verblasste Erinnerung aus den Anfängen der bekannten Plattform Airbnb. In Florenz werden touristische Kurzzeitvermietungen von Branchenriesen betrieben, die allein in dieser weltberühmten Kunst- und Kulturstadt teilweise über hundert Airbnb-Unterkünfte ihr Eigen nennen.
Das Portal Inside Airbnb fand heraus, dass in der toskanischen Hauptstadt nur 20 Vermieter 1.101 Airbnb-Wohnungen anbieten. Dies entspricht etwa zehn Prozent aller auf Airbnb angebotenen florentinischen Wohnungen. Die drei Spitzenreiter der Airbnb-Rangliste verfügen jeweils über 169, 109 und 102 Wohnungen, von denen sich die meisten im historischen Zentrum von Florenz befinden. Aus dem Portal Inside Airbnb ist auch zu ersehen, dass nur ein Drittel der Airbnb-Vermieter eine einzige Unterkunft anbietet.
Die meisten angebotenen Wohnungen verwaltet das Unternehmen Homes in Florence, das für seinen Airbnb-Feed aber mit dem einladenderen Namen „Edoardo e Michela“ auf Kundenfang geht. Obwohl es sich bei diesen Immobilienriesen, die auf dem Markt Dutzende von Unterkünften anbieten, eigentlich um „verstreute Hotels“ handelt, sind diese Unternehmen im Vergleich zu klassischen Hotels nur geringen bürokratischen, rechtlichen und steuerlichen Reglementierungen unterworfen.
Die Pandemie trug dazu bei, die Konzentration auf dem Airbnb-Markt zu beschleunigen. Während der für den Florentiner Tourismus härtesten Zeit, als die Übernachtungen in der Stadt einen historischen Tiefstand erreichten, kauften größere Player, die noch über genügend Kapital verfügten, kleinen Wohnungsbesitzern, die ihre ein bis zwei Unterkünfte nicht mehr halten konnten, ihre Wohnungen ab. In dieser Krisenzeit wechselte eine Vielzahl von Airbnb-Unterkünften ihren Besitzer, was dazu führte, dass einzelne Unternehmen und Personen teilweise über hundert Wohnungen ihr Eigentum nennen können.
Die Rückkehr des Massentourismus ab Ostern des vergangenen Jahres mündete anschließend in einen wahren Boom. Tausende normale Wohnungen wurden in Airbnb-Unterkünfte umgewandelt. Innerhalb kürzester Zeit stieg allein in Florenz die Zahl der Airbnb-Unterkünfte von 7.500 auf heute fast 11.000 Wohnungen.
Die Folge war, dass nicht nur im historischen Zentrum von Florenz, das zum Weltkulturerbe zählt, sondern in der ganzen Stadt die Mieten in die Höhe schnellten. Eine Wohnung zu mieten oder gar zu kaufen, ist für viele Florentiner nur mehr in den entfernten Außenbezirken der toskanischen Hauptstadt möglich. Aus dem historischen Zentrum ergriffen die meisten Einheimischen bereits vor geraumer Zeit die Flucht.
Jene Florentiner, die nicht vom Tourismus profitieren, aber seine teuren Folgen zu spüren bekommen, sind wütend. Die Lokalverwalter möchten gerne Abhilfe schaffen, erklären aber, dass ihnen aufgrund des Fehlens einer staatsweit gültigen, strengen Reglementierung der touristischen Kurzzeitvermietungen die Hände gebunden sind.
Die Region Toskana hatte bereits im fernen Jahr 2016 versucht, die Kurzzeitvermietungen streng zu regeln und größere Anbieter als regelrechte Unternehmen mit allen damit verbundenen gesetzlichen und steuerlichen Auflagen zu werten, aber die mittelitalienische Region war mit seinem Regionalgesetz vor dem römischen Verfassungsgericht gescheitert.
„Seitdem hat der Staat verschiedene Gesetze erlassen und Anbietern, die viele Wohnungen besitzen, die Pflicht auferlegt, ihr Gewerbe als Unternehmen mit strengeren gesetzlichen, bürokratischen und steuerlichen Auflagen anzumelden und zu betreiben. Diese Auflagen sind aber immer noch weit von jenen entfernt, wie sie echte Hotels erfüllen müssen. Wir würden gerne eine strengere Raumordnung verabschieden, aber ohne eine rechtliche Regelung aus Rom haben wir keine Handhabe, um Abhilfe zu schaffen. Wir brauchen ein staatsweit gültiges Gesetz, das touristische Vermietungen einer gesetzlichen Steuerung unterwirft“, betont der toskanische Regionalassessor für Tourismus, Leonardo Marras.
Um Florenz vor dem „Overtourism“ – dem Übertourismus – zu schützen, möchte der Bürgermeister der Stadt, Dario Nardella, eine Bürgerinitiative ins Leben rufen. Um eine spätere gesetzliche Verankerung zu ermöglichen, will der erste Bürger der weltberühmten Kunst- und Kulturstadt alle gewählten Parlamentarier einbinden.
Ob es gelingen kann, Florenz für die Florentiner wieder erschwinglich zu gestalten, steht in den Sternen.