Käserei verurteilt, Kinderärztin vor Gericht – VIDEO

Tragödie: Bub nach Verzehr von Rohmilchkäse im Wachkoma

Dienstag, 02. April 2024 | 08:04 Uhr

Von: ka

Trient/Cles/Coredo – Die Tragödie um den kleinen Mattia, der wegen eines einzigen Stücks Rohmilchkäse seit Jahren im Wachkoma liegt, bewegt viele Menschen. Fast genauso lange dauert auch der Kampf von Gian Battista Maestri und seiner Frau, die für ihren damals erst vier Jahre alten Sohn Gerechtigkeit fordern.

Nachdem im Dezember der ehemalige Präsident der Sennerei von Coredo auf dem Nonsberg, Lorenzo Biasi, und der verantwortliche Käser Gianluca Fornasari wegen schwerster Körperverletzung vom Friedensrichter zu einer Geldstrafe von nur 2.478 Euro verurteilt worden waren, verfügte der Richter der Vorverhandlung Enrico Borrelli für die damalige Kinderärztin, der Körperverletzung und Verweigerung von Amtshandlungen zur Last gelegt werden, die Einleitung des Hauptverfahrens. Die erste Anhörung ist für den 24. April angesetzt.

YouTube/Rai La Vita in Diretta

Obwohl sie von einem Kollegen darum gebeten worden war, soll sich laut der Rekonstruktion der Staatsanwältin Maria Colpani die Ärztin geweigert haben, das kleine Kind, das in einem sehr ernsten Zustand ins Krankenhaus von Santa Chiara in Trient eingeliefert worden war, einer Visite zu unterziehen, wodurch das von Enterohämorrhagischen Escherichia coli verursachte gefährliche hämolytisch-urämische Syndrom erst drei Tage später entdeckt worden sei.

Immer wieder denkt Gian Battista Maestri an jenen fatalen 5. Juni des Jahres 2017 zurück, als sein damals erst vier Jahre alter Sohn Mattia ein Stück Rohmilchkäse „Due Laghi“ der Sennerei von Coredo auf dem Nonsberg kostete. Da das Kind kurz darauf von Übelkeit befallen wurde, brachten es seine Eltern in das Bezirkskrankenhaus von Cles, wo es für einige Stunden zur Beobachtung blieb.

Als die Ärzte erkannten, dass der Zustand des kleinen Buben sehr ernst war, verfügten sie die Verlegung des kleinen Patienten ins Krankenhaus Santa Chiara von Trient. Obwohl sie ein Kollege darum gebeten hatte, soll sich jene Ärztin, die für die Beurteilung des kleinen Mattia zuständig war, jedoch geweigert haben, ihn zu untersuchen. Der Anklage zufolge sei dadurch das von Enterohämorrhagischen Escherichia coli verursachte gefährliche hämolytisch-urämische Syndrom, an dem das Kind litt, erst drei Tage später entdeckt worden.

Im Rahmen der von der Staatsanwaltschaft von Trient gegen die Kinderärztin eingeleiteten Ermittlungen beschlagnahmten die Carabinieri der Sondereinheit NAS den Rohmilchkäse, der in der Tat mit Enterohämorrhagischen Escherichia coli kontaminiert war. Laut der Rekonstruktion der Staatsanwaltschaft erlitt der Bub eine bakterielle Infektion, weil jener Schlauch, mit dem die Milch zuerst vom Stallbetrieb zum Tank des Milchtankwagens geführt und der später in die Tanks der Molkerei getaucht wurde, mit Gülle in Berührung gekommen wäre.

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Aufgrund der schweren, von den bakteriellen Toxinen hervorgerufenen Organschäden liegt das Kind seit Jahren im Wachkoma. Für Gian Battista Maestri und seiner Frau ist das eine Tragödie unbeschreiblichen Ausmaßes. „Seit sieben Jahren ist unser Leben die Hölle, aber wir kämpfen weiter, denn solche Tragödien dürfen sich nicht mehr wiederholen“, so Gian Battista Maestri gegenüber dem Corriere del Trentino.

In ihrer von ihren Anwälten eingereichten Zivilklage fordert die Familie einen Schadenersatz von weit mehr als einer Million Euro, aber den Eltern von Mattia geht es nicht ums Geld, sondern um Gerechtigkeit für ihren Sohn. Denn kein Geld der Welt wird jemals wiedergutmachen können, was dem Kind und seiner Familie genommen wurde. Jedes Mal, wenn Gian Battista Maestri Mattia ansieht und umarmt, überkommt ihn ein Gefühl der Hilflosigkeit, aber er kämpft weiter, denn „kein anderes Kind soll jemals wieder so leiden müssen wie er“.

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„Meine Frau hat ihre Arbeit aufgegeben und kümmert sich seitdem Tag und Nacht um ihn. Mattia leidet an epileptischen Krisen und muss täglich 47 Medikamente einnehmen. Wie in Frankreich sollte es verboten sein, Milchprodukte, die mit Rohmilch hergestellt werden, Kindern zu essen zu geben“, erklärt der Vater des heute elf Jahre alten Mattia.

Wie die Onlineausgabe des Trentiner Tagblatts L’Adige berichtet, ist die Familie Maestri zudem bitterenttäuscht darüber, dass die betroffene Sennerei für ihren Käse erst unlängst vom Tourismusverein mit einem Qualitätssiegel ausgezeichnet wurde. Gian Battista Maestri fordert die Verantwortlichen des Tourismusvereins dazu auf, zurückzutreten und der Käserei das Siegel zu entziehen.

Im selben Atemzug kündigte er an, über weitere rechtliche Schritte nachzudenken. Nach der Verurteilung der Verantwortlichen des Sennereibetriebs durch den Friedensrichter von Cles dürften die kommenden Zivil- und Strafprozesse weit über das Trentino hinaus für viele Diskussionen sorgen.