Von: ka
Rom – Die Betreiber der Diskotheken, die seit Wochen auf eine Öffnung ihrer Lokale drängen, sind stinksauer. Während sie seit nicht weniger als 17 Monaten ihre Tanzlokale geschlossen halten müssen, wird auf Italiens Stränden, Plätzen und in den Bars fleißig getanzt und gelacht. Um ihrer Forderung mit Anfang Juli öffnen zu können, Nachdruck zu verleihen, versandten sie an den Gesundheitsminister und der Innenministerin eine ganze Reihe von Videos, die „tanzende und dicht aneinander gedrängte Italiener“ zeigen. „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Überall wird getanzt und wir müssen seit fast eineinhalb Jahren geschlossen halten“, so die erzürnten Lokalbetreiber.
Mit den warmen Sommerabenden kehrt die Tanzfreude der Italiener zurück. Die weiterhin geschlossenen Diskotheken tun dieser Freude keinen Abbruch. Besonders an den Abenden des Wochenendes ist jeder Ort geeignet – ganz gleich, ob es sich um einen Strand, dem Platz vor der Bar oder um die Treffpunkte der jungen Leute handelt –, um zu lauter Musik miteinander zu tanzen.
Die Tanzwut der Italiener bringt die Betreiber der Tanzlokale, die Covid-19-bedingt ihre Lokale seit nicht weniger als 17 Monaten geschlossen halten müssen, zur Weißglut. Ganz besonders erzürnt sie die Tatsache, dass ihre Vorschläge bisher kaum Beachtung finden. Bereits vor mehreren Wochen haben sie die Regierung dazu aufgefordert, unter der Beachtung strenger Corona-Hygiene- und -Sicherheitsmaßnahmen und nur für Besitzer des „Grünen Passes“ die Öffnung der Lokale zu erlauben. Analog zu ähnlichen Veranstaltungen in anderen europäischen Ländern schlugen die Inhaber der Tanzsäle den Behörden vor, in Mailand und in Gallipoli zwei „Versuchstanzabende“ mit jeweils 2.000 tanzfreudigen Gästen mit „Grünem Pass“ durchzuführen. Aber weder das technisch-wissenschaftliche Komitee, das die Regierung berät, noch das Gesundheitsministerium wollten den Lokalbetreibern bisher antworten.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen und vor allem um für die Lokale die wichtige Sommersaison zu retten, kam der Präsident des Verbandes der italienischen Tanzlokale, Maurizio Pasca, auf eine besondere Idee. Er sammelte im Netz Dutzende von Videos, die Italiener auf dem Strand, in und vor den Bars und auf den Plätzen der „Movida“ – dabei handelt es sich um einen ursprünglich spanischen Begriff, der das ausschweifende und laute Nachtleben junger Leute in den Ausgehvierteln beschreibt – beim Tanzen zeigen, und schickte sie dem Gesundheitsminister Roberto Speranza und der Innenministerin Luciana Lamorgese.
„Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Die Unternehmer, die ihre Lokale seit 17 Monaten geschlossen halten müssen, fühlen sich von den Bildern und Videos, die im Internet geteilt werden, gefoppt. Ohne jegliche Kontrolle und ohne auch nur die geringsten Coronamaßnahmen einzuhalten, wird auf den Stränden, vor und in den Bars und auf vielen italienischen Plätzen getanzt und gelacht. Dank eines strengen, von uns der Regierung vorgeschlagenen Protokolls – wir warten noch immer auf eine Antwort – wären wir in der Lage, die Einhaltung der Corona-Hygiene- und -Sicherheitsmaßnahmen zu gewährleisten. Aber während überall getanzt wird – nur nicht in den Discos – versagt man uns die Öffnung“, so der sichtlich aufgebrachte Präsident des Verbandes der italienischen Tanzlokale.
„Irgendjemand wird uns früher oder später erklären müssen, welche Kriterien hinter bestimmten Entscheidungen stehen, die nicht nur einen ganzen Wirtschaftssektor zum sicheren Tod verurteilen, sondern auch einen gefährlichen und ausufernden Missbrauch begünstigen“, fügt Maurizio Pasca hinzu.
Immerhin sprach sich der Unterstaatssekretär des Gesundheitsministeriums, Andrea Costa, nach einem Treffen mit Vertretern des Verbandes der italienischen Tanzlokale für eine Öffnung – natürlich immer unter strengen Auflagen – aus. Eine Entscheidung des technisch-wissenschaftlichen Komitees steht aber noch aus.
„Wie bereits mehrmals erwähnt, ist es notwendig, den Neustart zeitnah – für die ersten Tage im Juli – zu planen. Es muss ein genaues Datum festgelegt und den Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, für die anstehende Öffnung alle Vorbereitungen zu treffen. Diskotheken können nicht wie eine Leuchtbirne einfach ein- oder ausgeknipst werden. Hoffen wir, dass uns früher oder später jemand verstehen wird und dass es für nicht wenige Lokale nicht zu spät ist“, so Pascas Appell an die Regierung.
Unter den Betreibern der Tanzlokale ist die Existenzangst groß. Nicht nur sie, sondern auch das „tanzende Volk“ befürwortet eine Öffnung der Diskotheken. Angesichts der beruhigenden Corona-Lage und vor allem der Tatsache, dass die Tanzwütigen sowieso längst die Sache selbst in die Hand nehmen, wie die Videos beweisen, ist dieser Wunsch auch nachvollziehbar. Bei den Experten sind aber die Zweifel groß.