Von: ka
Fusine/Foppolo – Der Dordona-Pass oberhalb von Fusine im Veltlin ist am vergangenen Freitagabend Schauplatz einer unglaublichen Begebenheit gewesen, die einem 37-Jährigen fast zum tödlichen Verhängnis geworden wäre.
Dem Fahrer eines Leichenwagens, der den Sarg mit der Leiche einer Frau, die im Leccosee verunglückt war, von Fusine im Veltlin nach Mailand bringen sollte, unterlief ein verhängnisvoller Fehler. Anstatt die Schnellstraße nach Mailand zu nehmen, bog er in die schmale Straße zum Dordona-Pass ein, die von Fusine nach Foppolo in die Val Brembana führt. Nach einigen Kilometern geriet er in einen Schneesturm. Der Mann, der in seiner Verzweiflung kilometerweit bis zu einer Schutzhütte aufstieg, wurde von vier Pistenrettern des Foppolo-Skigebiets gerettet. Der Leichenwagen hingegen wurde von der Feuerwehr geborgen. Die Trauernden, die vom Drama nichts wussten, warteten stundenlang vergeblich auf den Sarg.
Auch in Südtirol müssen die Feuerwehrleute immer wieder ausrücken, um Fahrzeuge zu bergen, deren Lenker von ihren Navigationsgeräten fehlgeleitet wurden. Dem 37-jährigen Fahrer eines Leichenwagens, dem beim Einstellen seines Navigationsgeräts offenbar ein verhängnisvoller Fehler unterlaufen war, hätte dies unter Umständen sein Leben kosten können.
Der 37-Jährige sollte am Freitag die Leiche der 56-jährigen Manuela Spargi, die am 2. Januar mit ihrem Auto auf tragische Weise im Leccosee verunglückt war, von Fusine im Veltlin nach Mailand bringen, wo die Trauerfeier stattfinden sollte. Anstatt aber die Schnellstraße zu nehmen und über die Autobahn geradewegs die lombardische Metropole anzusteuern, fuhr er mit seinem Leichenwagen in Richtung Sondrio. Kurz vor dem Hauptort des Veltlins bog er rechts in die einspurige Straße zum Dordona-Pass ab. Die schmale, zumeist nicht geteerte Passstraße, die von Fusine nach Foppolo in die Val Brembana führt, ist aufgrund der häufigen starken Schneefälle im Winter gesperrt.
Wie vom Wetterbericht vorhergesagt, setzte am 5. Jänner am Nachmittag starker Schneefall ein. Es dauerte nicht lange bis der Leichenwagen im Schneesturm steckenblieb. Der 37-jährige Fahrer versuchte, Hilfe zu rufen und die Trauerfamilie zu benachrichtigen, aber im Bereich, in dem er im Schnee festsaß, hatte sein Smartphone keinen Empfang. In seiner Verzweiflung verließ er seinen Wagen und machte sich zu Fuß zum wenige Kilometer entfernten Dordona-Schutzhaus auf, das sich in 1.900 Metern Seehöhe unterhalb der Passhöhe befindet.
Allein von seiner Willenskraft getrieben erreichte der halb erfrorene Unglücksfahrer gegen 17.00 Uhr das Dordona-Schutzhaus. Da er dort schwachen Empfang hatte, gelang es ihm, die Rettungskräfte zu verständigen. Umgehend rückten Bergretter des CAI, der Finanzwache sowie die Carabinieri aus, um den Mann zu bergen. Die ersten, die ihn erreichten, waren aber vier ebenfalls verständigte Pistenretter des Skigebiets von Foppolo, die dort mit mit Arbeiten auf den Pisten und an den Liftanlagen beschäftigt waren.
Die vier jungen Männer, der 32-jährige Vizebürgermeister von Foppolo Alessandro Gherardi, die beiden 23 Jahre alten Giorgio Frassoni und Paolo Scuri sowie der 28-jährige Luca Cattaneo, legten die Strecke vom Skigebiet zum Schutzhaus trotz des Schneetreibens innerhalb kürzester Zeit zurück. Sie brachten den 37-Jährigen ins Schutzhaus und zündeten sofort ein Feuer an. Die Pistenretter aus Foppolo gaben dem Mann, der nur dünne Trauerfeierkleidung trug, dicke Socken, wärmende Kleidung und Winterstiefel. Nachdem der Mann sich ausreichend gewärmt hatte, brachten die jungen Männer ihn mit ihrer Pistenraupe zu Tal nach Foppolo, wo er von den Rettungskräften in Empfang genommen wurde. Nach einer Erstversorgung wurde der Patient zur Kontrolle ins Bezirkskrankenhaus von San Giovanni Bianco gebracht. Der im Schnee feststeckende Leichenwagen hingegen wurde von der Feuerwehr geborgen.
Die Trauernden, die vom Drama, das sich in den Bergamasker Alpen abspielte, nichts ahnten, warteten stundenlang vergeblich auf den Sarg. Zum Ärger aller angereisten Trauergäste mussten die Messe und die Beerdigung auf Anfang dieser Woche verschoben werden.
Angesichts des Schneesturms, der in den Bergen zwischen dem Veltlin und Bergamo tobte, glich es aber einem Wunder, dass das Unglück so glimpflich ausging. Wäre der 37-Jährige auf dem Weg zur Schutzhütte erschöpft zusammengebrochen oder hätte er dort keine Hilfe gefunden, hätten die Bergretter im schlimmsten Fall zu einer Totenbergung ausrücken müssen. In der Tat zeigte der 37-Jährige bereits erste Anzeichen einer Unterkühlung. Wäre er der eisigen Kälte länger ausgesetzt gewesen, hätte er nach Auskunft seiner Retter die Nacht nicht überstanden.
Die Feuerwehrleute und die Bergretter wünschen sich, dass dieser Vorfall für alle zu einer Mahnung werden möge, sich nicht auf Navigationsgeräte zu verlassen, sondern sich auf alle Fahrten ausreichend vorzubereiten und sich über die jeweilige Verkehrs- und Wetterlage zu informieren.