Eltern verlangen Rücknahme der Versetzung in die nächste Klasse

Unglaublich: “Unser Sohn soll die Klasse wiederholen”

Mittwoch, 13. September 2023 | 07:04 Uhr

Von: ka

Trient – Normalerweise ziehen Eltern vor Gericht, um die Entscheidung von Klassenräten, die ihre Sprösslinge nicht in die nächste Klasse versetzt haben, anzufechten, aber ein Fall, der nun das regionale Verwaltungsgericht von Trient beschäftigt, zeigt, dass es auch Eltern gibt, die zum Wohl ihrer Kinder den genau umgekehrten Weg wählen.

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Ein Bub, der eine Trentiner Grundschule besucht, war aufgrund gesundheitlicher Probleme dazu gezwungen, monatelang dem Unterricht fernzubleiben. Obwohl er offensichtlich große Schwierigkeiten hatte, mit seinen Klassenkameraden Schritt zu halten, und der Bub große schulische Lernlücken aufwies, entschied der Klassenrat dennoch, ihn in die nächsthöhere Klasse zu versetzen. Seine Lehrer vertraten die Ansicht, dass der Bub im vergangenen Schuljahr ausreichend schulisches Wissen gesammelt hatte, um das Jahr mit positiven Bewertungen abzuschließen und in die nächste Klasse aufzusteigen. Seine Eltern waren aber gegenteiliger Meinung.

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Wie das Trentiner Tagblatt L’Adige berichtet, befanden die Mutter und der Vater des Buben, dass es nach dieser für das Kind gesundheitlich schwierigen Zeit es für den Buben besser sei, den Lernstoff des letzten Schuljahres in ruhiger Atmosphäre zu wiederholen. Der Bub bekäme dadurch Gelegenheit, das bisher Erlernte zu vertiefen und auf diese Weise seine Wissenslücken zu schließen.

Die Befürchtung, dass die nächsthöhere Klasse aufgrund der Lücken, die ihr Sohn noch in vielen Fächern aufweist, ihn überfordern könnte, was womöglich dazu führen werde, dass der Bub vielleicht nächstes Jahr ohnehin nicht versetzt werden könne, festigte den Entschluss der Eltern, dass es auch unter diesem Gesichtspunkt besser sei, dass ihr Sprössling die Klasse wiederholt.

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Wenn man bedenkt, dass die Fälle von Müttern und Vätern, die trotz eklatanter Lernschwächen, zahlreicher schulischer Unzulänglichkeiten oder trotz sehr schlechten Betragens von den Lehrern ihrer Sprösslinge eine positive Bewertung verlangen, immer häufiger werden, handelt es sich beim Fall, der nun das regionale Verwaltungsgericht von Trient beschäftigt, um ein fast einzigartiges Verfahren.

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Die Eltern des Buben wandten sich an die Justiz, nachdem der Leiter der Grundschule es abgelehnt hatte, den Klassenrat erneut einzuberufen und die Versetzung in die nächsthöhere Klasse des Buben zu annullieren. Nach Beratung mit ihrer Anwältin Patrizia Corona legten die Eltern beim regionalen Verwaltungsgericht Berufung ein. Zu seiner Stützung fügten die Eltern ihrem Berufungsantrag das Gutachten eines Psychotherapeuten bei.

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In einem vor Beginn des heurigen Schuljahrs veröffentlichten Beschluss gab das regionale Verwaltungsgericht dem Antrag der Eltern vorsorglich statt und verfügte, dass sich der zuständige Klassenrat innerhalb dieses Monats erneut mit dem Fall des Buben beschäftigen muss.

Die Richter vertraten die Auffassung, dass der Antrag auf Aussetzung der Entscheidung über die Aufnahme in die nächste Klasse die Einschreibung des Schülers in die bereits besuchte Klasse, – also eine Wiederholung des Schuljahres – ermöglichen würde, was es dem Schüler gestatten würde, einen Bildungsweg einzuschlagen, der seiner persönlichen gesundheitlichen Lage besser entspricht. Die endgültige Entscheidung des Gerichts steht zwar noch aus, aber da der Bub nach dem stattgegebenen Berufungsantrag der Eltern die Klasse bereits wiederholt, dürfte das Verwaltungsgericht diesen für das Kind vorteilhaften schulischen Weg nicht mehr kippen.

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Der Fall der Trentiner Eltern, die sich wünschen, dass ihr Kind die Klasse wiederholt, sorgt im ganzen Stiefelstaat für Aufsehen. Angesichts der zahlreichen gegenteiligen Fälle, wo Eltern die Versetzung ihrer missratenen Sprösslinge vor Gerichten zu erkämpfen suchen, erntet das Elternpaar, das zum Wohle ihres Buben zur Ansicht gelangt, dass es für ihn vorteilhafter sei, die Klasse zu wiederholen, italienweit viel Lob.