Von: ka
Rom – Das römische Stadtviertel Quarticciolo war Schauplatz eines unglaublichen Falls von Selbstjustiz.
Ein 26-jähriger Mann, der versucht hatte, einer 90-jährigen Rentnerin die Handtasche zu entreißen, wurde von einer Gruppe Minderjähriger verfolgt, umzingelt und brutal verprügelt. Während die Jugendlichen das Weite suchten, musste der 26-Jährige ins Krankenhaus eingeliefert werden. Auch die Pensionistin erlitt leichte Verletzungen. Nach den Minderjährigen wurde eine Fahndung eingeleitet. Der Mann hingegen wurde wegen Raubüberfalls verurteilt und mit einem Aufenthaltsverbot belegt. Der Fall von „Selbstjustiz“ erregt in der italienischen Öffentlichkeit großes Aufsehen.
Der unglaubliche Fall von Selbstjustiz geschah am helllichten Tag im römischen Stadtviertel Quarticciolo. Eine 90-jährige Rentnerin ging am Donnerstagvormittag auf dem Gehsteig, als sie von einem ursprünglich aus Indien stammenden Mann angegriffen wurde, der ihr ihre Handtasche stehlen wollte.
Der Überfall auf die ältere Frau erregte offenbar auch die Aufmerksamkeit einer Gruppe von Minderjährigen und jungen Leuten. Die Gruppe, bei der es sich vermutlich um eine Jugendbande handelte, umzingelte den Mann und griff ihn mit Schlägen und Fußtritten an. Selbst als der 26-jährige Handtaschenräuber zu Boden ging, fuhren die Minderjährigen fort, auf den Mann einzuprügeln und einzutreten, wobei sie ihn auf die wüsteste Art und Weise beschimpften und beleidigten.
Roma, tenta uno scippo nel quartiere Quarticciolo e viene linciato da parte di passanti: vittima un cittadino indiano di 26 anni, poi arrestato per rapina
Video di @AlessandroDiC pic.twitter.com/wz40pOn4Az
— Ultimora.net – BREAKING NEWS (@ultimoranet) September 8, 2023
Das wilde Geschrei war im halben Viertel zu hören. Innerhalb weniger Momente lief die Nachbarschaft auf der Straße zusammen oder beobachtete von den Fenstern und Balkonen aus die „Bestrafung“ des Handtaschenräubers. Die „Selbstjustiz“ der Jugendlichen, an der auch Erwachsene teilgenommen haben sollen, wurde von Passanten oder von Nachbarn, die sich auf den Balkonen befanden, gefilmt.
In einem Video ist auch eine Frau zu hören, die vom Balkon aus den Minderjährigen zuruft, damit aufzuhören. „Haut euch woanders, da unten steht das Auto meiner Tochter“, schreit die Frau wilde Flüche ausstoßend vom Balkon auf die Straße hinunter.
Erst nachdem sie den 26-Jährigen minutenlang verprügelt hatten, ließen die Jugendlichen vom Mann ab und suchten das Weite. Während die Pensionistin vom Überfall leichte Verletzungen davontrug, musste der Handtaschenräuber, der den Bruch der Nasenscheidewand sowie Prellungen und Quetschungen am ganzen Körper erlitten hatte, ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dort wurde ihm eine Heilungsdauer von 30 Tagen bescheinigt.
Bereits am Freitag wurde er dem Richter vorgeführt, der ihn im Schnellverfahren wegen Raubüberfalls verurteilte und ihn mit einem Aufenthaltsverbot belegte. Nach den Angreifern – es soll sich um mindestens sechs Jugendliche oder junge Leute handeln – leiteten die Carabinieri eine Fahndung ein. Auch von der Auswertung mehrerer Videos erhoffen sich die Ermittler, die Jugendlichen, die zur „Selbstjustiz“ griffen, identifizieren zu können.
Der Fall von „Selbstjustiz“ erregte in der italienischen Öffentlichkeit großes Aufsehen. Die „Selbstjustiz“ der Angreifer wurde zwar von vielen Politikern und Prominenten verurteilt, aber besonders im Netz stießen die jugendlichen Täter auch auf viel Verständnis.
Nicht wenige Italiener vertreten die Meinung, dass der Staat bei der Bekämpfung dieser Formen von Kleinkriminalität versage und es daher kein Wunder sei, dass es zu Fällen von Selbstjustiz kommen könne. Selbstjustiz – so diese Stimmen – sei zwar zu verurteilen, aber der Staat und die Ordnungskräfte, denen durch zu lasche Gesetze leider oftmals die Hände gebunden seien, müssten endlich handeln.
Eine Twitter-Nutzerin fasst aber auch das mulmige Gefühl vieler Menschen in Worte. „Diese Jugendbanden machen mir mehr Angst als der Handtaschendieb“, meint die junge Frau.