Deutscher Gesundheitsminister verärgert Italiener – VIDEO

„Urlaubsziele langfristig ohne Zukunft, Klimawandel zerstört Süden“

Dienstag, 25. Juli 2023 | 07:52 Uhr

Von: ka

Bologna/Siena/Montepulciano/Rom – Mit einigen seiner Kommentare, die er während seiner von großer Hitze geplagten Italienreise auf seiner Twitter-Seite postete, hat der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht wenige Italiener verärgert.

Insbesondere seine Meinung, dass aufgrund des Klimawandels der Tourismus im Süden Europas – darunter auch Italien – keine Zukunft habe, veranlasste die italienische Ministerin für Tourismus, Daniela Santanchè, zu einer pikierten Stellungnahme.

APA/Wolfgang Kumm

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich während der Pandemie vor allem einen Namen als Verfechter harter Coronamaßnahmen gemacht, wodurch er für die Impfgegner und Coronaleugner zu einem roten Tuch geworden war. Der Epidemiologe, der der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands SPD angehört, sorgte nun aber ausgerechnet in jenem Land – Italien –, das er für seinen Sommerurlaub auserkoren hatte, für Verärgerung.

Sein Pech war, dass er seine Italienreise ausgerechnet in jenen Tagen antrat, als der Stiefelstaat von einer großen Hitzewelle heimgesucht wurde. Seine Meinungen, Schlussfolgerungen und „Ratschläge“, die er während seiner Rundreise unter seine Twitter-Fotos postete, werden nicht nur von vielen Italienern, sondern auch von einigen Experten als „bizarr“ empfunden.

Twitter/Prof. Karl Lauterbach

Die große Hitze in Bologna veranlasste den urlaubenden Gesundheitsminister dazu, über die Zukunft des Tourismus in den Mittelmeerländern zu sinnieren. „Heute in Bologna, Italien eingetroffen, jetzt geht es in die Toskana. Die Hitzewelle ist spektakulär hier. Wenn es so weiter geht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben. Der Klimawandel zerstört den Süden Europas. Eine Ära geht zu Ende“, so Karl Lauterbach auf Twitter.

Bereits dieser erste Tweet löste heftige Polemiken aus. Der Klimawandel finde zwar statt – so die Kritiker –, aber von einer Hitzewelle auf eine prekäre Zukunftsfähigkeit des Tourismus in den südeuropäischen Ländern zu schließen, sei angesichts der Tatsache, dass solche Temperaturen im Juli in Italien keine Seltenheit seien, eine mehr als nur voreilige Schlussfolgerung.

Twitter/Prof. Karl Lauterbach

Unterdes setzte Karl Lauterbach seine Italienreise unbekümmert fort. Aufgrund der Hitze im Freien zog es der Epidemiologe vor, Kirchen zu besichtigen. Sein Vorschlag, Kirchen als Kälteräume zu nutzen, ließ in Italien aufhorchen. „Basilica di San Francesco in Siena. Wunderschöne mittelalterliche Bauweise, aber auch ein Kälteraum. Die Kirchen sollten in Hitzewellen als Kälteräume tagsüber offen sein und Schutz bieten“, grüßte der urlaubende Gesundheitsminister aus Siena. Auch in diesem Fall blieb die Kritik zwar nicht aus, aber einige italienische Historiker stimmten dem Epidemiologen sogar zu.

Kirchen – so diese Stimmen – seien in Italien in früheren Zeiten nicht nur für den Gottesdienst, religiöse Feierlichkeiten und als politische Versammlungsorte, sondern während Zeiten großer Hitze auch als „Orte der Abkühlung“ genutzt worden.

Im berühmten Montepulciano angekommen, suchte Karl Lauterbach auch dort den Dom auf. „Montepulciano. Mehr als ein Kälteraum. Rom noch immer zu heiß“, schrieb der Gesundheitsminister unter dem Foto, das den Altar zeigt. „Der heute geplante Ausflug nach Rom fand nicht statt. Lieber Pool für Töchter und Lesen für mich. Morgen neuer Anlauf …“, fügte Karl Lauterbach auf Twitter hinzu.

Twitter/Prof. Karl Lauterbach

Mit Fortgang der Italienreise wurden Lauterbachs Twitter-Postings aber immer freundlicher. „Doch noch nach Rom geschafft. 36 Grad, etwas Wind. So geht es gut. Nach den Caravaggios in der kühlen Galleria Borghese jetzt erstmal den Trevi-Brunnen“, postete Karl Lauterbach unter dem fast schon obligaten Selfie vor dem wohl eindrucksvollsten Brunnen des Globus, womit seine kurze Italienreise ein versöhnliches Ende fand.

Twitter/Prof. Karl Lauterbach

Der Eindruck, dass Italien und die anderen südeuropäischen Länder nicht versuchen würden, etwas gegen die Folgen des Klimawandels zu unternehmen, veranlasste die italienische Ministerin für Tourismus, Daniela Santanchè, aber dennoch zu einer pikierten Stellungnahme.

Facebook/Daniela Santanchè

„Ich danke dem deutschen Gesundheitsminister dafür, dass er Italien als Reiseziel gewählt hat. Italien ist seit jeher das bevorzugte Urlaubsziel seiner Landsleute. Natürlich freuen wir uns darauf, ihn auch in Zukunft wieder begrüßen zu dürfen. Wir sind uns des Klimawandels und seiner Folgen, die nicht nur Südeuropa, sondern den gesamten Planeten betreffen, vollkommen bewusst. Unser Strategieplan für den Tourismus setzt die Nachhaltigkeit, die wir als unverzichtbares Instrument für die Entwicklung und das Wachstum dieses Wirtschaftssektors betrachten, in den Mittelpunkt unserer Bemühungen. Dieser Plan wird es uns ermöglichen, das italienische Tourismusangebot über das ganze Jahr hinweg einladend und nachhaltig zu gestalten. Wir sind sicher, dass unsere deutschen Gäste ihren Italienurlaub weiterhin schätzen werden“, so die Stellungnahme von Daniela Santanchè.

Wer im Juli Italien bereist, glaubt ohnehin, dass halb Deutschland in Italien urlaubt. Der Ärger über einige Postings weicht längst freundlichen Gesten. Zusammen mit dem versöhnlichen Reiseabschluss dürfte der sommerliche Sturm im Wasserglas damit ausgestanden sein.