Wer die Lagunenstadt besuchen will, muss fortan fünf Euro bezahlen – VIDEO

Venedig: Umstrittene „Eintrittskarte“ feiert Premiere

Sonntag, 28. April 2024 | 08:05 Uhr

Von: ka

Venedig – Die weltberühmte Lagunenstadt ist Schauplatz eines „Experiments“, das aus nachvollziehbaren Gründen – auch Südtirol wird in der Hauptsaison von Touristen „überschwemmt“ – auch hierzulande mit Interesse verfolgt wird. Um die täglich nach Venedig kommenden Touristenströme besser regulieren zu können und eine bessere Übersicht darüber zu erlangen, wer in Lagunenstadt ein und aus geht, beschloss die Stadtverwaltung, den sogenannten Contributo d’accesso – eine über verschiedene Möglichkeiten erhältliche „Eintrittskarte“ – einzuführen.

Facebook/Comune di Venezia

Seit dem 25. April und an 29 weiteren Tagen in diesem Jahr sind Touristen, die zwischen 8.30 und 16.00 Uhr die Stadt besuchen wollen, dazu verpflichtet, dafür fünf Euro zu bezahlen. Angesichts Tausender zahlender Besucher und der mehr als 300.000 Personen, die sich bereits auf der Plattform Contributo di Accesso a Venezia bereits registriert haben, feiert die Stadtverwaltung das „Eintrittsticket für Venedig“ zwar als großen Erfolg, aber die Proteste der Gegner – der „No Ticket“ – bleiben nicht aus.

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Nachdem jahrelang an einem Plan, die Touristenströme besser regulieren und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen erzielen zu können, gefeilt worden war, war es am Tag der Befreiung endlich so weit. Seit dem 25. April und an 29 weiteren Tagen in diesem Jahr sind Touristen, die zwischen 8.30 und 16.00 Uhr die Lagunenstadt besuchen wollen, dazu verpflichtet, dafür fünf Euro zu bezahlen. Davon befreit sind nur die Einwohner Venedigs, Personen, die in der Stadt studieren oder arbeiten oder ihren Wohnsitz in Venetien haben und eine ganze Reihe weiterer Personengruppen.

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Da sie bereits zur Zahlung der Kurtaxe verpflichtet sind, sind auch die Venedig-Touristen, die in der Lagunenstadt selbst übernachten, von dieser „Kopfsteuer“ befreit. Allerdings müssen sich fast alle, die „ticketbefreit“ sind, auf der Plattform Contributo di Accesso a Venezia registrieren, was in den ersten Tagen seit der Einführung bereits Hunderttausende getan haben. Ersten Zahlen zufolge luden bereits mehr als 300.000 Italiener und Besucher aus aller Welt den entsprechenden QR-Code von der Plattform auf ihr Smartphone herunter.

Facebook/Luigi Brugnaro

„Die Zugangsgebühr ist ein Versuch, die Touristenströme zu steuern. Unser Ziel ist es, den Einheimischen eine bessere Lebensqualität und den Touristen einen schöneren Aufenthalt zu gewährleisten. Wir werden niemanden ausschließen, Venedig wird nicht zu einer geschlossenen Stadt“, betont der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro.

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Genau aus diesem Grund wird es auch möglich sein, die „Eintrittskarte“ bei der Ankunft in der Stadt oder bei einer der 30.000 Punto Lis-Tabaktrafiken in ganz Italien zu erwerben. Wer fortan ohne Ticket erwischt wird, muss aber mit gesalzenen Strafen rechnen. Diese können von 30 bis 300 Euro reichen. In den ersten Tagen dürften die „Ticketpolizisten“ aber Gnade walten lassen.

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Das „Experiment“ sorgt weltweit für großes Aufsehen. Fernsehteams aus der ganzen Welt, darunter auch eines des chinesischen Staatsfernsehens CCTV, waren eigens nach Venedig gereist, um am Tag seiner Einführung vom „Eintrittsticket für Venedig“ zu berichten. Am Donnerstagmorgen waren die 120 Angestellten, die von Venedigs Stadtverwaltung eigens für die Zugangsgebühr angeworben worden waren, dazu bereit, die Besucher in Empfang zu nehmen. An mehreren Stellen in der Stadt wurden Infostände, wo die Touristen alle nötigen Informationen erhalten und an denen die Karte erworben werden kann, aufgestellt.

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Abgesehen von den Protesten einiger Gegner verlief der Tag der Einführung der Zugangsgebühr recht reibungslos. Die Ordner der Stadtverwaltung beantworteten Fragen der Touristen und kontrollierten fleißig Tickets. Wer keine Karte hatte, wurde freundlich an den Infostand oder die Tabaktrafik verwiesen, wo er sie gegen fünf Euro kaufen konnte.

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Bereits der erste Tag wurde ein voller Erfolg. Allein am ersten Vormittag sollen mehr 12.000 Eintrittskarten verkauft worden sein. Bereits am zweiten Tag erwarben mehr als 22.000 Besucher der Lagunenstadt eine Eintrittskarte. Bei den meisten von ihnen handelt es sich um Touristen, die im Umland der Lagunenstadt, etwa in Jesolo, in Hotels untergebracht sind und einen Tagesausflug nach Venedig unternehmen wollen.

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Die Menge der Gegner, die sich „No Ticket“ nennen, blieb hingegen überschaubar. Unter den „No Ticket“ befanden sich einige skurrile Demonstranten, die an Impfgegner erinnerten. Während eine Demonstrantin vergeblich versuchte, sich von einem Ordner einen Bußgeldbescheid ausstellen zu lassen, liefen andere auf Touristen zu, um ihnen die Zahlung der Zugangsgebühr auszureden. Andere wiederum versuchten falsche Pässe einer vermeintlichen „Freien Stadt Venedig“ oder falsche QR-Codes unter die Leute zu bringen.

Als eine Gruppe Protestierender entgegen der Genehmigung der Quästur durch die Lagunenstadt ziehen wollte, wurde sie von der Polizei aufgehalten, wobei es zu einigen kleineren Rangeleien kam. Ansonsten hatte die Polizei, die angesichts befürchteter Demonstrationen mit einem Großaufgebot angerückt war, wenig zu tun. „Die Venezianer scheren sich nicht um den Eintrittspreis, sie finden fünf Euro sogar etwas zu wenig“, so das resignierende Fazit eines Demoteilnehmers.

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In Venedig ist man in der Tat zufrieden. In der Lagunenstadt denkt man schon darüber nach, so etwas wie einen Numerus clausus einzuführen. Ab der Überschreitung einer bestimmten Anzahl von Besuchern, so der Plan, könnte entweder eine höhere Gebühr fällig werden oder die Stadt ganz für weitere Touristen geschlossen werden.

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Die erfolgreiche Einführung einer Zugangsgebühr dürfte auch Südtirols Touristikern und Gemeindeverwaltern nicht entgangen sein. Pläne, Besucherströme zu steuern und dadurch gleichzeitig Einnahmen zu erzielen, könnten auch hierzulande bald zur Realität werden. Sollte für die Hochsaison auch Südtirol eine Zugangsgebühr einführen?